Eigentlich kann ich dem 10-Finger-Tippen-Lernen a lá Sekretär(inn)enschulung so überhaupt nichts abgewinnen. Ich selbst tippe mit eigenem, selbst antrainierten Sechseinhalbfingertippsystem, das ich seit 20 Jahren pflege, mit dem ich verdammt schnell bin und bei dem ich sogar weitgehend blind schreiben kann, weil ich die Abstände so ungefähr drauf hab. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass Tippen ohnehin bald der Vergangenheit angehört, weil es andere Input-Kanäle geben wird (insbesondere Audio). Die ganze Tipperei hat den Charme der 1980er. Dass explizit in den Bildungsstandards für die Haupt- und Werkrealschule BW drinsteht, dass die Schüler die Computertastatur mit 10 Fingern bedienen sollen, spricht auch Bände, finde ich: Das Ganze hat in vielen Aspekten mehr den Charakter einer Büroschulung und weniger den einer modernen Vermittlung informationstechnischer Grundbildung.
Jetzt kommt es aber: Was macht man denn, wenn Kinder das 10-Finger-Schreiben unbedingt lernen wollen? Naja, was man eben macht, wenn Kinder sich für etwas begeistern: Man unterstützt sie dabei, es zu lernen. Dass ich es nicht mag, bedeutet ja nicht, dass ich es anderen Menschen verwehren sollte. In den LernZeitRäumen gibt es einige Kinder, die das Schreiben mit 10 Fingern gerne lernen möchten. Also hab ich mich dran gemacht, ein passendes Programm zu suchen und experimentell zunächst mit drei Schülern auszuprobieren. Meine Überlegungen und Erfahrungen teile ich mal hier mit euch und würde mich über Kommentare und Anregungen freuen.
- Zunächst stand die Auswahl eines geeigneten Tipptrainers im Vordergrund. Kriterien waren: Er sollte Freeware, kinderfreundlich und einfach bedienbar sein. Die Sprache Deutsch sollte unterstützt werden, natürlich ebenso deutsche Tastaturen. Es sollte ihn in einer portablen Version geben, sodass die Schüler ihren eigenen Programmzustand mit nach Hause nehmen und dort weiter üben können. Und Statistiken sollten geboten werden, sodass Schüler ihren Leistungsstand und Lernfortschritt selbst überprüfen können. Nach ein paar Twitterumfragen und unzähligen Software-Tests bin ich auf RapidTyping aufmerksam gemacht worden, eine Freeware, die es auch als portable version gibt (sorry, ich hab bei der Vielzahl der Tipps und Tests vergessen, wer mich auf die Software gebracht hat; bitte melden! :-)). Die Software erschien mir sofort schüleradäquat und nett aufgemacht (okay, es geht bestimmt noch mehr auf Schüler zugeschnitten, aber im Vergleich mit anderen freien Programmen ist diese Software wirklich vergleichsweise positiv auffallend).
- In einem ersten Test mit zwei Schülern und einer Schülerin zeigte sich: Die Software wird nach einer kleinen Einführung ohne Schwierigkeiten intuitiv bedient. Darüber hinaus hat das Lernen mit der Software den Kindern auch sichtlich Spaß gemacht.
- Aufgefallen ist mir, dass die Kinder gerne von Lektion zu Lektion gesprungen sind, um zu schauen, wie es weiter geht. Ich habe sie zunächst einfach mal machen lassen, weil ich wollte, dass sie – wenn sie das schon möchten – das Programm erst einmal erforschen sollen. Um letztlich aber tatsächlich einen Trainingseffekt zu haben, müssten die einzelnen Lektionen erst bis zu einem bestimmten Grad beherrscht werden, bevor man zur nächsten Lektion übergeht. Beim nächsten Versuch/Durchgang werde ich darauf achten, dass die Explorationsphase kürzer ist und dann eine Phase folgt, in der man erst zur nächsten Lektion gehen darf, wenn man eine bestimmte Leistung in einer Lektion erzielt hat. Ansonsten muss die aktuelle Lektion erst einmal wiederholt werden. Darin steckt sicher auch ein Ansporn: Ich muss hier erst gut sein (wobei „gut“ eine Kombi aus „schnell“ und „mit wenigen Fehlern“ ist), bevor ich weiter komme.
- Wichtig, wichtig, wichtig: Die Kinder zwischendurch immer wieder auf die Ausgangsstellung der Finger aufmerksam machen und darauf, dass eines der Ziele ist, nicht auf die Finger zu schauen, sondern nur auf den Monitor. Wo die Finger hinwandern, entscheidet sich motorisch aus der Grundstellung heraus.
Nach ca. zwei Stunden Üben mit dem Programm haben die Kinder die Software mit ihren Daten auf einem Stick mit nach Hause genommen. Seit dem hab ich mit den Kindern nicht mehr darüber gesprochen (es war vor den Weihnachtsferien), aber ich bin gespannt, ob sie zu Hause weiter geübt haben. Dabei stellt sich mir nun auch die Frage: Wie viel Unterrichtszeit sollte man damit verbringen, wie viel Zeit sollten die Kinder damit lieber zu Hause üben? Sollte man wöchentlich ein oder zwei Stunden Unterrichtszeit dafür „opfern“, um das regelmäßige Üben zu garantieren? Oder sollte man die Schüler lieber zu Hause damit üben lassen, so oft und so lange sie wollen, und – falls sie es nicht wollen, ist es letztlich auch nicht tragisch, weil a) es ist ihr Wunsch es zu lernen b) wenn sie feststellen, dass sie keinen Spaß daran haben, ist es auch nicht so schlimm, wenn sie es lassen, weil c) ich selbst sowieso kein Freund vom 10-Finger-Schreiben bin? Oder sollte ich trotzdem auf regelmäßiges Üben bestehen, weil mir klar ist, dass das notwendig ist, aber den Schülern vielleicht nicht so hunderprozentig bewusst ist? Sollte ich vielleicht alle paar Wochen mal mit den Schülern kurz darüber sprechen und sie fragen, wie weit sie sind, ob sie noch dabei sind usw.? Was meint ihr dazu?
Du erinnerst mich an eine Zeit … 😉 Ich habe mal genau mit der gleichen Einstellung wie Du Tipp10 verwendet. Die SchülerInnen mochten das ganz gern. Ich persönlich bin da nicht mehr weiterentwicklungsfähig. Meine Gedanken sind auch nicht schneller als mein „System Adler“ (2 Finger!) Wenn ich mich recht erinnere ist Tipp10 ebenfalls „portable“
Guck’s Dir mal an, wenn Du Zeit hast: http://www.tipp10.com/de/
Hallo Christian!
Natürlich wäre es für die informationstechnische Bildung nicht unbedingt notwendig 10-Finger-blind zu schreiben. Aber wenn man es kann, ist es unheimlich hilfreich und es begleitet einen ein Leben lang.
Ich habe es in den 60er-Jahren mühsam auf einer einfachen Schreibmaschine gelernt, mit dem Effekt von Sehnscheidentzündungen. Das ist auf den heutigen Tastaturen nicht mehr so schlimm… Ich schreibe heute noch relativ schnell und relativ blind und habe den Vorteil, dass ich so schnell mal irgendwas schreiben kann und nicht Stunden damit vertun muss.
Selbst die verhasste Stenografie hat mich durch alle Fortbildungen begleitet, weil ich so schnell Notizen machen konnte und gezwungen war, es zu übersetzen – also den Stoff noch ein zweites Mal im Kopf wälzen mußte.
Was auch von Vorteil bei diesen Techniken ist – man lernt Ausdauer…
Die haben viele Kinder heute nicht mehr. Sie springen von einem Thema und einer Tätigkeit zur anderen, statt etwas wirklich intensiv zu trainieren. Solange sie eine gute Auffassungsgabe haben gelingt es sicher trotzdem etwas zu lernen, andere brauchen diese „Trainingseinheiten“ um Sicherheit zu erlangen. Ich sehe es ja im Unterricht mit den Senioren… Viele haben nie eine Schreibmaschine bedienen müssen und tun sich unendlich schwer einen Text zustande zu bringen. Das ist dann auch hinderlich weitere Fertigkeiten zu erlernen und es dauert einige Zeit, bis es besser geht. Also sollte man die Kinder sicherlich das Schreiben intensiv üben lassen. Sie können es auch für viele andere Tätigkeiten weiterverwenden und wie es immer so ist – das was man gelernt hat, kann man auch immer brauchen…;-)) So ging es mir jedenfalls…Egal ob im kaufmännischen Bereich, in der Technik oder im Einzelhandel. Du mußt heute überall selber schreiben oder Eingaben am PC machen. Nur die Leitenden haben noch eine Sekretärin!!!
Aber ganz sicher werden die Kinder nicht intensiv weiterüben, wenn Du es nicht wirklich kontrollierst…Also unbedingt nachfragen…
Viele Grüße
Anntheres
@Hannes Danke für den Hinweis! Tipp10 hatte ich mir auch angeschaut, fand aber RapidTyping ansprechender.
@Anntheres Danke für deine Überlegungen zur Ausdauer. Das ist wirklich ein Punkt, den ich überdenken muss. Trotzdem frage ich mich: Selbst wenn man heute überall tippen muss, vermute ich wirklich stark, dass man es in 10 Jahren nicht mehr muss. Soll ich also heute intensiv 10-Finger-Tippen üben lassen, wenn doch eigentlich abzusehen ist, dass „Tippen“ nur eine Übergangsphase der Mensch-Computer-Interaktion ist?
…. und da fällt mir auch ein, dass ich den Tipp zu RapidTyping von anntheres hatte… vielen Dank! 🙂
Dass das Thema „10-Finger-System“ noch immer auf Interesse stößt, zeigt mir ein Blick auf die Zugriffszahlen der entsprechenden ZUM-Wiki-Seite (http://wiki.zum.de/10-Finger-System); ziemlich zu meiner eigenen Verwunderung, da ich eigentlich dachte, dass dies Thema heute nicht mehr aktuell sei (aus Gründen, die Christian genannt hat).
Mein Eindruck ist, dass die viele junge Leute ziemlich schnell auf einer Tastatur tippen können, ohne jemals gelernt zu haben, mit 10 Fingern zu tippen.
Also: Mit 10 Fingern tippen zu können, ist sicherlich nach wie vor und auch in den nächsten Jahren noch (auch wenn’s nur noch zehn Jahre sein sollten) nützlich. Die meisten Kinder und Jugendlichen eignen sich das nötige Wissen aber anscheinend aus eigenem Interesse heraus an. – Wenn jetzt Deine Schüler/innen von sich aus diesen Schritt gehen, so würde ich sie ermutigen und auch nachfragen, aber nicht viel Zeit im Unterricht dafür opfern.
Falls es keine rhetorischen Fragen sind:
– Üben: ohne geht es nicht (Sport, Musik u.v.a.m., mit sicher vielen Forschungsergebnissen)
– Zeitaufwand/Kontrolle: s. o. und Unterricht ganz allgemein
– selber wollen: beste Voraussetzung, egal wofür und wie lange das Wissen und Können benötigt wird
– Nutzen: selber kochen können schadet im Zeitalter der Fertiggerichte ja auch nicht, also ran an den Herd!
Viele Grüße von Luci
Ich habe das 10-Finger-System in der 5. und 6. Klasse gelernt. Meine Mutter zwang mich dazu, da sie selbst mehrfache DDR-Meisterin im Maschineschreiben war. Auch wenn ich diese Kurse damals hasste und für nutzlos erachtete, bin ich heute unendlich dankbar dafür. Über meine ganze Schulzeit hinweg habe ich das 10-Finger-System sehr zum Leidwesen meiner Mutter boykottiert und auch mein eigenes Drei-Finger-System entwickelt. Mit Beginn meiner ersten Studienarbeit wurde mir jedoch klar, dass ich noch einige Texte würde schreiben müssen. Also zwang ich mich selbst, es wieder „aufzufrischen“, denn wie Anntheres sagt, es bleibt ein Leben lang. Heute schreibe ich (für meine Begriffe) wie ein Weltmeister, kann nebenbei noch andere Dinge tun wie mich unterhalten (aber das können Frauen ja sowieso) und schreibe selbst meine Einkaufslisten auf dem Rechner, weil es wesentlich schneller geht (und auch leserlich für andere ist:-)
Aus meiner Erfahrung heraus macht das System nur Sinn, wenn regelmäßig geübt wird. Da die Schüler sicherlich erinnert werden müssen, dass SIE es lernen wollten, sollten regelmäßige Übungsphasen in den Unterricht eingebaut werden, da die Freiwilligkeit zu Hause wahrscheinlich eher zu Wünschen übrig lässt. Genau deshalb bin ich auch nie Meister geworden;-)
Ich glaube, dass es Bereiche gibt, in denen in 10 Jahren nicht mehr getippt wird, aber es wird auch noch lang Bereiche geben, in denen der Fortschritt später seinen Einzug halten wird – sei es aufgrund fehlender finanzieller Mittel oder aufgrund von bürokratischen Einschränkungen. Ich kenne beispielsweise ein Zollamt, in dem die Zeit seit 10 Jahren stehen geblieben zu sein scheint:-) Sicherlich lassen sich noch einige weitere Gründe finden…
Ich hab in den letzten Jahren selber das Tippen mit Tipp10 gelernt. Und ich fand die Umstellung von dem chaotischen selbstangeigneten System auf das richtige sehr schwierig. Hat sich sehr eingeschliffen, meine verquere Technik. Ich bin jetzt aber sehr froh, dass ich es gemacht habe. Seit dieser Lernerfahrung denke ich bezüglich des Übens und Lenens in der Schule auch etwas anders. Vor 2 Jahren hätte ich gesagt, dass die Kinder in der Grundschule generell das nicht lernen sollten, da dies auf Kosten der produktiven Arbeit mit dem PC geht. Heute denke ich aber, dass es doch defintitv leichter ist, wenn man früh mit dem richtigen System startet.
Ich denke man sollte die Kinder in der Grundschule erstmal in dem ersten Schuljahr die Tastatur „entdecken“ lassen. Sie schreiben einfache Texte, was für die Kinder sehr motivierend ist. Das bisschen, was getippt wird, reicht jedoch noch nicht, um Falsches einzuschleifen. Ergänzend dazu kann dann ab dem zweiten Schuljahr regelmäßiges Arbeiten mit dem Tastaturtraining stattfinden.
Als Lernprogramm finde ich für die Grundschule die Lernwerkstatt schön, die eh auf all unseren Rechner installiert ist. Darin gibt es auch ein Tastaturtraining. Den Kindern werden die indiviuduellen Lernfortschritte rückgemeldet. Im Vergleich zu Tipp10 ist es noch kleinschrittiger. Das schadet der Motivation jedoch nicht.
Man könnte ein Spiel daraus machen:
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Ich werde in meiner Klasse (jetzige 6) im nächsten Jahr als Pionier unserer Schule eine Notebookklasse einführen und beschäftige mich mit dieser Frage auch intensiv. Ich kann Christians Argument, das Tippen werde in den nächsten Jahren stark an Bedeutung verlieren, nicht teilen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Spracheingabe das Tippen ablösen wird. Ist zu laut, zu langsam, zu unprivat. Aus meiner Sicht nur in Nischen mit der IT-Kultur vereinbar. Es wird eher noch wichtiger als heute, weil der Anteil von 99% auf vielleicht 90% sinkt, das absolute Aufkommen von Schreibtätigkeit aber viel stäker steigen wird. Man wird sehen.
Ich schreibe auch noch immer in einem 6-10 Finger-Suchsystem ziemlich schnell. Ich lerne gerade mit Tipp10 das Blindschreiben, weil ich es für einen riesigen Vorteil halte, nicht auf die Tastatur sehen zu müssen. Meine Kids haben noch keine intensiven Tastaurerfahrungen und sind meiner Meinung nach jetzt genau im richtigen Alter, das Tastschreiben zu lernen. Ich werde glücklicherweise im nächsten Schuljahr ganze 4 Unterrichtsstunden nur zur IT-Bildung und allem, was mit Computern zu tun hat, zur Verfügung haben. Da kann ich mit einigen Anleihen aus anderen Fächern täglich 5-Minuten-Übungen einführen. Ich hoffe, dass das reicht.
Regelmäßiges Üben muss wohl sein. Ich denke, einmal pro Woche in den Computerraum gehen und dann Tastschreiben üben ist jedenfalls aussichtlos. Mit eigenen Computern sehe ich die Chancen aber sehr gut und den Sinn ebenfalls hoch.
Lieber Christian,
Ich habe bis heute keinen Kurs im Maschinenschreiben besucht. Ich kann dir auch nicht für jeden Buchstaben sagen, wo er auf der Tastatur liegt. Ich weiß nicht einmal genau, mit wie vielen Fingern ich schreibe. Aber ich kann blind und schnell tippen.
Ich habe ich hier noch meinen ersten Maschine geschriebenen Text liegen. Ich war 12, als ich den mit einer mechanischen Schreibmaschine geschrieben habe.
Ein paar Jahre später schrieb ich dann mit 2 Fingern. Aber zum Schreiben mit vielen Fingern kam ich erst auf der Computertastatur. Gleichzeitig schreibe ich nach wie vor sehr gerne per Hand.
Heute bin ich davon überzeugt, dass die unterschiedlichen Schreibtechniken aufeinander aufbauen.
Dass ich frei sprechen kann, führe ich darauf zurück, dass ich viel schreibe. Und so habe ich jetzt begonnen, Spracherkennungssoftware zu benutzen, lerne jetzt also das Erstellen von Texten über das Sprechen.
Wenn du heute intensiv 10-Finger-Tippen üben lässt, so geht es da nicht nur um eine Mensch-Computer-Interaktion, sondern um eine Förderung der Sprach- und Schreibfähigkeit der Schüler.
Es ist nicht nur ein Handwerk, das die Schüler da lernen, sondern mit so vielen Nebeneffekten verbunden, dass es sich auf jeden Fall lohnt – vor allem dann, wenn Schüler das selbst lernen wollen.
Danke für eure ausführlichen Kommentare! Ich hätte nicht gedacht, dass ihr euch fast alle für das Tippenlernen in der Schule aussprecht! Krass…
Bauchgefühlmäßig zögere ich immer noch… für mich hat das Tippenlernen zu sehr den Charakter „Maschinenbedienung“, die auch noch über einen längeren Zeitraum intensiv geübt werden muss. Ist dafür die Zeit in der Schule nicht zu schade? Ist das überhaupt die Aufgabe der Schule? Autofahren ist ja auch eine wichtige Fähigkeit, die man haben sollte, und dabei handelt es sich ebenfalls um „Maschinenbedienung“ – lernt man aber auch nicht in der Schule. Mal abgesehen von Bildungsstandards: Weshalb sollte sich die Schule es zur Aufgabe machen, diese Art der Maschinenbedienung zu vermitteln, wo man das auch mit Software und Anleitung prima alleine üben kann? @herrlarbig Die Sprach- und Schreibfähigkeit der Schüler kann man sicher auch direkt fördern und nicht als Nebeneffekt von Tippkursen – ich würde also argumentieren: Nutz die Zeit lieber für direkte Förderung von Sprach- und Schreibfähigkeit…
Du sagst: „nutzt die Zeit lieber für direkte Förderung von Sprach-und Schreibfähigkeit …“
Wenn Schüler aber die Botschaft schicken, dass sie das lernen wollen, dann arbeite ich konstruktivistisch. Ich knüpfe an den Interessen der Schüler an, lass die Schüler an ihren eigenen Interessen anknüpfen, so dass sie zu einem möglichst optimalen Lernen gelangen.
Manchmal ist das, was für den einen wie ein Umweg aussieht, für den anderen der Weg, den er gehen muss. ich wäre vorsichtig, als Lehrer zu meinen, dass die Wege, die ich für sinnvoll erachte, genau die Wege sind, auf denen Schüler am besten lernen können.
Moment… 🙂 … die Schüler sagen ja nicht, dass sie ihre Sprachfähigkeit verbessern wollen, sondern sie wollen tippen lernen. Das respektiere ich ja, und ich helfe ihnen dabei. Die Frage ist aber: Wie viel Unterrichtszeit stelle ich für das Üben dessen zur Verfügung?
Machen wir doch mal ein anderes Beispiel: Ein Schüler kommt zu dir und sagt: „Ich würde gerne Klavierspielen lernen.“ Das ist sicher ein großes Interesse dieses Schülers, das natürlich respektiert werden sollte. Reicht dieses Interesse dazu aus, dich davon zu überzeugen, ihm die notwendige Unterrichtszeit dafür zu geben und dabei auf andere Dinge zu verzichten? Jemand anders will reiten lernen. Im Unterricht? Ist es sozusagen so, dass für diejenigen Dinge, die Schüler lernen wollen, die Schule zuständig ist, egal was es ist?
Ich hatte, damals noch, Schreibmaschine und Steno in der Schule und wenn ich etwas für’s Leben gelernt habe, dann auf jeden Fall tippen – mit zehn Fingern, blind. In der Uni habe ich zahlreiche Hausarbeiten geschrieben, später dann die Magisterarbeit, Artikel, ein Buch. Ich bin froh, dass ich tippen in der Schule gelerbt habe. Gehört für mich zu den Kulturtechniken, die auch heute noch einen Platz haben sollten
@herrlarbig … und ergänzend: Beim Klavierspielen ist sicher auch die Förderung der musikalischen Ausdrucksfähigkeit ein wertvoller Nebeneffekt…
@Kerstin Ist Tippen wirklich gleichbedeutend mit den Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen?
Dann jetzt noch ein ganz praktisches Argument: Das Eingeben von Text mittels Sprache wird sich vor allem auf den privaten Bereich beschränken.
Man stelle sich vor, eine ganze Klasse würde gleichzeitig mittels Audio Texte schreiben – das wäre sicherlich eine neue Form der babylonischen Sprachverwirrung 😉 In einer solchen Situation könnte es dann durchaus von Vorteil sein, noch andere Methoden des Erstellens von Texten sicher zu beherrschen.
Erst mal was über meine Arbeit: Ich bin Informatik-Fachlehrer (eigentlich schon Rentner) und gebe seit dem Jahr 2000 Zehn-Finger-Kurse an zwei Gymnasien in Bayern. Von Anfang an habe ich die Ergebnisse meiner Schüler/-innen gesammelt und statistisch ausgewertet. Das Ergebnis ist ein einfaches Programm mit einer völlig neuen Methode, das unter http://www.keyboarding-deutsch.de angeschaut werden kann. Gleich auf der ersten Seite (Lektion 1) wird Euch wohl Einiges überraschen. Ich habe mich von meinen Schüler/-innen beeinflussen lassen und deren Anregungen in mein Programm eingebaut. Von Schüler/-innen kam der Anspruch einen möglichst kompakten Unterricht zu machen. Wir Erwachsenen sollten Elfjährige (ich arbeite derzeit nur mit der 6. Jahrgangsstufe) nicht unterschätzen, vor allem was den Ergeiz betrifft. Meine Schüler/-innen bleiben immerhin drei Monate lang einmal pro Woche an einem zusätzlichen Nachmittag freiwillig für weitere zwei Unterrichtsstunden in der Schule und müssen zu Hause täglich etwa eine viertel bis halbe Stunde üben, vielleicht auch länger – und bringen Leistung! Am Anfang hatte ich Angst gehabt, ich könnte meine Schüler/-innen überfordern. Falsch! Inzwischen weiß ich, dass Kinder gefordert werden wollen – der Erfolg, der sich dann einstellt, ist für die Kinder die größte Befriedigung. Von den vier Gruppen a 15 Schüler/-innen, die ich immer gleichzeitig habe, kommen nach drei Monaten etwa die Hälfte auf Tippgeschwindigkeiten von 250 bis über 400 cpm (Zeichen pro Minute) mit meinem Programm. An dem Übergang zu einem Textverarbeitungs-Programm arbeite ich gerade.
Jetzt zu einigen Diskussionspunkten: Ich beobachte seit 2003 US-amerikanische und australische Webseiten zu Keyboarding – so heißt dort das Schulfach in den Grund- (K-5) und Mittelschulen (6-8). (Über Keyboarding wurden sogar Diplom- und Doktor-Arbeiten geschrieben.) Die Pädagogen dort sind sich weitgehend darüber einig, dass Audiosysteme Nischenprodukte sind, wenn auch wichtige. Und dass zumindest für die mittelfristige Zukunft kein Ersatz für die Tastatur als Haupteingabegerät zu erwarten ist.
Bei Tonband-Aufnahmen gibt es ein technisches Problem. Wenn mehr als ein Mensch spricht, wird es unverständlich beim Abhören. Deswegen muss vor amerikanischen Gerichten bei allen Kapitalverbrechen, trotz mehrerer im Raum verteilter Mikrofone, in der Mitte immer mindestens ein Gerichtsstenograph (court reporter) sitzen. Nürnberg: Ende der 1990er Jahre soll der damalige OB die Tonband-Aufzeichnungen beendet haben, weil sich die Fehler in den Protokollen gehäuft haben – es wird seitdem wieder stenografiert. Große deutsche Firmen sowie Forschungseinrichtungen suchen händeringend Akademiker, die stenografieren können. Soviel zur Zukunft von Audio und Co.
Etwas Grundsätzliches zum Computer: Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass der Computer das wichtigste Werkzeug des Informationszeitalters ist. Und sollte ein Werkzeug nicht professionell benutzt werden? Ein Werkzeug wird aber erst dann professionell benutzt, wenn ich bei der Arbeit nicht an das Werkzeug denken muss, sondern mich auf mein Werk konzentrieren kann – ohne Unterbrechung! In einer Dissertation (Bart Pisha,1993, Harvard Education School) wurde u. a. genau das gefordert. Angeblich soll vor Jahren Bill Gates bei einem Besuch in Gottschalks „Wetten, dass …“ gesagt haben, dass bei Microsoft kein Programmierer an einen Computer kommt, der nicht mit zehn Fingern tippen kann. Ähnliches soll auch bei Siemens und anderen Firmen gelten.
Im Februar 1996 hat Bill Clinton in einer inzwischen legendären Rede (America’s Technology Literacy Challenge), ein Jahr später verfeinert durch ein Working Document seines Bildungsminister Riley, eine Entwicklung losgetreten, die IMHO darin gipfelt, dass seitdem in Amerika von Keyboarding als der vierten Grundfertigkeit (basic skill) gesprochen wird – nach Schreiben, Lesen, Rechnen. Nach meinem Eindruck beginnt sich diese Einschätzung mittlerweile seit einigen Jahren auch in Deutschland durchzusetzen.
Am Anfang hatte ich Schüler/-innen von der 5. bis zur 11. Jahrgangsstufe. Fünftklässler sind m. E. doch noch etwas überfordert mit dem Zehn-Finger-Schreiben, jedenfalls habe ich bei Sechstklässlern kaum noch Überforderte, Versager, Verweigerer oder wie man diese nennen will. Mittelstufenschüler/-innen lockt man mit sowas nicht mehr „hinter dem Ofen hervor“ – die wissen und können schon alles, denen erzählt kein Erwachsener mehr was (OK, nicht alle). Interessanterweise habe ich von Realschulen gehört, die mit dem Zehn-Finger-Schreiben auch in der 6. Jahrgangsstufe anfangen, dass sie mit Fünftklässlern die gleiche Erfahrung gemacht haben. (In bayerischen Realschulen ist das 10-Finger-Tastschreiben Pflicht.)
Noch ein sicherlich interessanter Nachtrag: An einer Uni in Seattle, WA gibt es eine Professorin, die sich mit der Handschrift beschäftigt. Und die hat herausgefunden, dass man die Beherrschung einer guten und schönen Handschrift gar nicht hoch genug bewerten kann. Und das man in der Grundschule doch bitte schön den Kindern eine ordentliche Handschrift beibringen soll und erst danach, das heißt erst in der Mittelschule, die Kinder an den Computer lassen soll. Die ersten Schulen in Seattle sollen das schon umsetzen.
Ohne Urteil…
Was, wenn nächste Woche kommt, und gerne schneller lesen können möchte? Dasselbe Spiel mit „Speed Reading“? Dazu gibt es offenbar auch Trainersoftware. Müsstest/würdest du das auch noch einbauen? Lesen ist vermutlich ähnlich wichtig wie das Schreiben.
Was, wenn jemand deutlicher und inhaltlich verständlicher sprechen möchte? Müsstest/würdest du das auch zusätzlich aufnehmen? Übungen mit Kieselstein im Mund und ähnliche Sachen? Sprechen und sich so anderen verständlich machen (Ideen richtig rüberbringen, Missverständnisse vermeiden, …) ist doch auch grundlegend wichtig, oder?
Geht das nicht in Richtung Diskussion um eine Art Kanon (hier Fähigkeiten statt Fächerfakten)?
Hallo Christian,
ich schreibe auch nach meinem „eigenen“ System – und habe allmählich die ersten, schmerzhaften Verschleißerscheinungen davon…
Mir wärs lieb ich hätte es besser gelernt.
Gruß aus dem 3. OG
Carlo
@Christian, na ja. Ich hab gesagt, dass Tippen für mich zu den Kulturtechniken gehört. Muss niemand so sehen. Oben ist einem der Kommentare die Rede Basic Skills. Damit würde ich mich auch zufrieden geben 😉 Ich glaube auch, dass Audio nur begrenzt einsetzbar ist. Sicherlich, zu Hause und allein ist das unproblematisch, aber in der Schule stelle ich es mir in der Tat schwierig vor und natürlich auch sonst überall, wo man nicht allein ist.
Je länger ich darüber nachdenke, desto unklarer wird mir das Problem. Vielleicht würdest Du Dich mehr für die Sache begeistern, wenn Du sie könntest?
– Du meinst, schnell zu schreiben. Das bedeutet für mich, Du kannst praktisch gleichzeitig denken und schreiben, weil ich annehme, dass Du schnell denkst. Es ginge auch noch schneller, aber das sind dann die Profis, die hier nicht gemeint sind. Warum gehst Du solche riesigen Umwege und fragst diese Expertinnnen eigentlich nicht direkt? Wenn sie andere Menschen im Maschinenschreiben ausbilden, wissen sie doch meistens ganz genau, worauf es methodisch ankommt. (Solche Gedanken könnte man sich auch zum Thema Abstände machen: was würdest Du zu Deinem Zahnarzt sagen, wenn er die Abstände nur so ungefähr drauf hätte?) Also, wenn, dann richtig und das heißt für mich Grundausbildung, ohne den Lehrplan verteidigen zu wollen.
– Deinen Blick in die Zukunft halte ich für Verschwendung, weil Du in der Gegenwart klarkommen mußt. Wenn man die Rahmenbedingungen nicht ändern kann, muß man sie eben für sich und seine Schüler nutzbar machen. Deshalb wundert es mich, dass ausgerechnet Du Dir mit den LernZeitRäumen eine offensichtlich besondere Schule als Praxisbezug ausgesucht hast. Würde es der Lehrerausbildung nicht besser gerecht werden, die Situation an den „öffentlichen Regelschulen“ zu verbessern? Da könnte ich mir vorstellen, dass man in den inoffiziellen Ausfallstunden (also denen, die nicht in der öffentlichen Statistik landen) statt Vertretung nach dem Motto Selbstbeschäftigung, Filme ansehen, Hausaufgaben erledigen oder einfach nur rumsitzen mit den Schülern in den hoffentlich vorhandenen und funktionierenden Computerraum geht und das von Dir ausgewählte Tipptraining spielt. Kein Gejammer über fehlende Zeit für solche Projekte seitens der Lehrer, keine Beschwerden seitens der Eltern und – wollende Kinder. (Wer von ihnen wirklich nicht möchte, kann diese Zeit ja wie bisher vertrödeln.) Es wäre auch möglich, eine Art Curriculum zu erstellen für die Kollegen, die sich wie Du gegen den Erwerb dieser Fertigkeit sträuben, aber sie wenigstens den Kindern nicht verwehren wollen. Und, spätestens an dieser Stelle wirst Du um eine Sekretärin nicht herum kommen. Schließlich hat sie auch mal Urlaub.
Also, ich seh jetzt gar kein Problem mehr, vorausgesetzt, ich habe Dich richtig verstanden.
PS: Sehr sinnvoll fände ich das Vorhaben übrigens schon in der Grundschule als fächerübergreifenden Vertretungsunterricht! Stell Dir mal vor, wie die Lütten auf der Tastatur modernste Buchstabenmusik komponieren.
Ich hatte im Referendariat eine Doppelstunde ITG. Da hab ich die Schüler am Anfang immer 5-10 min üben lassen. Ist auch ganz gut um am Anfang selbst ein bisschen Luft zu haben für div. organisatorisches wie Anwesenheit, Schülerprobleme, usw.
Manchmal kann man damit auch am Stundenende ein wenig puffern.
Jetzt habe ich eine Einzelstunde. Da ist mir die Zeit dafür zu Schade.
Ich muss beim Durchlesen des Beitrags und der Kommentare gerade daran denken, dass eine ganze Weile in facebook ein ganz netter Speedtest rumging, wie schnell man Tippen kann: http://deutscher-speedtest.10fastfingers.com/
Ich war zum einen erstaunt, wie schnell ich selbst doch war. 10 Finger-System in der Schule gelernt und heute mehr intuitiv genutzt.
Zweitens war ich erstaunt, wie viele sich an dem Test beteiligt hatten und ebenfalls gute Ergebnisse hatten.
Persönlich bin ich froh, dass ich damals durch den 10-Fingerkurs durch bin, auch wenn es nicht freiwillig war. Aber das sehe ich sportlich. Üben, üben, üben, muss keinen Spaß machen. Später das geübte anwenden, dabei mag ich Spaß haben! Und dazu muss ich es können. Das wiederum heißt Üben. Auch wenn man beim Üben oft meckert, den inneren Schweinehund überwinden muss, oder extrinsisch angetrieben wird, wenn man es dafür später auch kann und für sich gerne einsetzt – dann hat es sich doch gelohnt und man hat seinen Spaß dran.
Ach ja: 63 Wörter/Minute 😉
Hallo zusammen,
@all: vielen Dank für die vielen Kommentare. Bislang war ich mir ziemlich sicher, dass Tippenlernen in der Schule Zeitverschwendung ist, jetzt bin ich aber wirklich verunsichert diesbezüglich (und deswegen find ich es wieder einmal toll, einen Blog zu haben und mit euch drüber diskutieren zu können).
Ihr habt mich auch in dem Punkt überzeugt, dass Tastaturen vermutlich länger existieren werden als ich mir das bislang so denke. Längere Texte wird man sicher auch eher tippen als diktieren wollen. Audio sollte eigentlich eher ein Beispiel für eine alternative Eingabemethode sein (das „insbesondere“ von oben nehme ich wieder zurück :-)) – mir ist klar, dass man das im Klassenzimmer nicht verwenden kann. Aber trotz allem hat die Tastatur für mich den Charakter des 20. Jahrhunderts. Audio ist ja auch nur eine weitere Input-Möglichkeit; wie sieht es z.B. mit Tablet und Stift aus? Viele Menschen schreiben handschriftlich auf Rechnern… damit wird man zwar aber auch keine Doktorarbeit schreiben wollen, aber wird die Tastatur in Zukunft noch die gleiche Bedeutung und Wichtigkeit haben wie heute?
Also: Ich sehe ein, dass man 10-Finger-Schreiben für gut und wichtig halten kann und dass man es lernen können soll, wenn man will. Die Hauptfrage für mich (vielleicht nicht für euch) bleibt trotzdem: Wie viel Unterrichtszeit möchte ich dafür bereit stellen? Ist es überhaupt eine Aufgabe der Schule? (@Kristina Das ist eigentlich meine Hauptfrage – ich weiß, ich habs vielleicht nicht deutlich genug gesagt)
@Gehrd Vielen Dank für deine ausführlichen Hinweise! Ich kannte bislang den Begriff „Keyboarding“ nicht. Hast du noch ein paar Namen/Literaturhinweise dazu, von denen du denkst, dass man die in diesem Kontext kennen sollte? (evtl. auch etwas Neueres – gerade in diesem Bereich finde ich es wichtig, mit Literatur zu argumentieren, die eben nicht gerade 20 Jahre alt ist)
@Kristina „Warum gehst Du solche riesigen Umwege und fragst diese Expertinnen eigentlich nicht direkt?“ – Weil ich bis gestern gar nicht wusste, dass ich mich mit diesem Thema beschäftigen sollte/will/müsste. Das macht mir ja gerade die Diskussion hier erst klar.
„was würdest Du zu Deinem Zahnarzt sagen, wenn er die Abstände nur so ungefähr drauf hätte?“ – Der Vergleich hinkt m.E. – das hat dort ganz andere Konsequenzen.
„Deshalb wundert es mich, dass ausgerechnet Du Dir mit den LernZeitRäumen eine offensichtlich besondere Schule als Praxisbezug ausgesucht hast.“ – Ich war jetzt ca. zwei Jahre lang nebenbei in einer „normalen“ Hauptschule tätig und möchte nun einmal in eine reformpädagogische Schule hineinschnuppern.
Zum Punkt „Man könnte die Vertretungsstunden dazu nutzen“ – die finden ja vermutlich nicht besonders systematisch statt – und gerade fürs Tippenlernen ist doch das regelmäßige Üben wichtig…
– Ob Tippen lernen eine Aufgabe der Schule ist? Zumindest ist es offensichtlich im Lehrplan verankert, im Gegensatz zu speed reading oder Reitstunden, aber Lehrpläne werden ja regelmäßig geändert.
– Der Vergleich hinkt ganz und gar nicht: 100% überall ist kein willkürliches Ziel, sondern Notwendigkeit, denn 99% reichen eben nicht: in der Produktion sowieso, aber wenn es um Menschen und deren Fertigkeiten geht, dann ganz besonders: Köche, Taxifahrer, Kassierer, Kapitäne, Reinigungskräfte, Chirurgen, Bäcker, Lehrer – kein Mensch will das eine Prozent Ausschuß spüren oder sich damit zufrieden geben. Warum sollten also nur ungefähre Abstände reichen?
– Den Praxisbezug nehme ich zurück und hoffe, (nein: erwarte) dass Menschen, die Lehrer ausbilden, wenigstens mit geringer Stundenzahl in den Schulen tätig sind.
– Vertretungsstunden sind bisher vielleicht nicht systematisch, aber sie finden regelmäßig statt und diesen Vorteil kannst Du doch nutzen. Bleibt das Maschinenschreiben weiterhin als Grundausbildung im Lehrplan, muß es allerdings in den regulären Unterricht.
Die Informationstechnische Grundbildung soll von Anfang an
durch eine gezielte Schulung zu einer beschleunigten Eingabe
von Daten mit der Tastatur ergänzt werden….so steht`s im Bildungsbericht.
Ich erinnere mich daß ich einen Computerkurs mit 10 Finger schreiben besucht habe…Geschadet hat es nicht. Sicherlich mach es auch Freude wenn man sieht daß man mit der Zeit immer besser wird.
Die Feinmotorik wird so auf jeden Fall trainiert. ..
Hmmm, hier wurde schon so einiges geschrieben und wahrscheinlich meine Punkte auch in irgendeiner Form, also hier eine kurze Zusammenfassung:
Ich sehe ein Problem der „neuen“ Eingabemöglichkeiten darin, dass ein Computer für mich entscheidet, was ich will. Sicher, er ist gut und wird immer besser, aber das behindert die Kreativität. In einer Welt, in der niemand mehr tippt, sondern alle Menschen Spracherkennung nutzen, können keine neuen Wortschöpfungen mehr stattfinden; außer der Programmierer des Sprachprogramms bindet sie ein.
Es können problemlos 10 Menschen in einem Raum tippen, aber nicht diktieren. Abgesehen davon, dass es mich völlig entnerven würde, ständig die anderen zu hören, würden auch die Fehlerkorrekturalgorithmen der Software extrem strapaziert.
Irgendwann wurde mir mal von Untersuchungen erzählt, die besagten, dass das Stresslevel von unsystematisch trainierten Tippern mit dem von 10-Finger-trainierten Tippern verglichen wurde. Hierbei waren die 10-Finger-tipper, die tatsächlich nie auf die Tastatur blicken, am entspanntesten.
Und etwas ganz persönliches zum Schluss: Bis jetzt haben mir viele (wirklich viele) Menschen mit eigens antrainierten Systemen geschworen, sie wären „richtig schnell“ und staunten, wie schnell ich einen Text in den Computer bringen konnte. Ohne besonderes Training vorher waren es grad spontan auf der Seite http://deutscher-speedtest.10fastfingers.com/ ca. 440 Anschläge in der Minute. Mich würde interessieren, was ein guter Selbstlerner da erreichen kann. Man sollte niemals unterschätzen, wie viel freier es einen Menschen macht, wenn das Gedanken-zu-Papier-bringen einfach keine Mühe ist.
@miriess Weshalb entscheidet ein Computer bei Audioeingabe, was du willst? Aber: mir ist mittlerweile auch sonnenklar, dass Tastaturen nicht verschwinden werden. Wer will schon Bachelorarbeiten per Audioeingabe verfassen… 🙂
Ich hab den Speedtest auch mal gemacht: Ich hab ohne Zehn-Finger-System 446 Anschläge pro Minute. 😀
Respekt! Mein erster Fall von wirklich schnellem nicht-10-Finger-Schreiben.
Und ein Computer vergleicht immer nur die Audiodaten mit gespeicherten Daten und erstellt daraus den Text. Wenn sich nicht noch unglaubliches ändert (was ich durchaus für möglich halte, aber grad nicht sehe, was es sein könnte), dann bleibt das so. Wofür der Computer keinen Vergleich hat, das kann er nicht schreiben. Einzig Buchstabieren ginge noch, macht aber den Geschwindigkeitsvorteil (falls da einer ist), zunichte. Ich glaub nämlich außerdem noch nicht daran, dass ich so schnell diktierfähig schreiben wie tippen kann. 🙂
Hallo, Christian: Freut mich, wenn ich dein Interesse geweckt habe. Ich habe eine Seite „Keyboarding in der Schule“ an mein Programm angehängt, wo ich einige wissenschaftliche Arbeiten kurz aufzähle. Gebe in Google als Suchobjekt „Keyboarding“ ein. Meine Website ist die erste deutsch-sprachige: http://www.keyboarding-deutsch.de. Sobald die 1. Lektion geöffnet wurde klicke links oben auf das Menü und dann auf den letzten Eintrag. Und dann öffne den mittleren Abschnitt „Keyboarding als Forschungsobjekt“. Die 1980er- und 1990er-Jahre haben das Meiste hervorgebracht, da war das Thema noch neu. In Deutschland wurde zu diesem Themenbereich leider nichts beigetragen. Allerdings bei der Neurobiologie schätze ich „unseren“ Manfred Spitzer (Uni-Klinik Ulm), dessen Bücher ueber Lernen und Fernsehen ich toll finde. (Mit meiner persönlichen Zusammenfassung „Fernsehen macht blöd“ schocke ich gerne meine Schüler/-innen.)
Zu einer ersten Übersicht über meinen Unterricht kommst du ebenfalls über die 1. Lektion. Klicke auf „Willkommen“ und dann im letzten Absatz sind zwei links zu meinen beiden Gymnasien. Die beiden Seiten sind identisch. Hier schicke ich immer die Eltern hin, wenn sie Näheres wissen wollen.
Also, ich muss schon sagen: Ihr habt mein „Weltbild“ ganz schön durcheinandergewirbelt. Fernab von jeder Lodhudelei ist mir hier ganz schön der Wind um die Ohren geblasen – so sollte es öfter sein! Eines hat sich dadurch für mich krass verändert: Zunächst war ich am Thema „10-Finger-Schreiben“ völlig desinteressiert, weil ich es nicht für wichtig gehalten habe. Jetzt plane ich, mich intensiver damit auseinander zu setzen und kleine Forschungsprojekte diesbezüglich zu initiieren. Dazu muss erst einmal die Literatur durchstöbert werden (Danke insbesondere an @gehrd – eine gute Zusammenstellung!). Ich werde auch wissenschaftliche Hausarbeiten zum Thema vergeben – für Studierende bietet sich hier bestimmt ebenfalls ein interessanter Forschungskontext. In den LernZeitRäumen werde ich damit weiter experimentieren… Meine Fragen dazu sammle ich in meiner Wikiseite zu Forschungsideen – welche ihr natürlich auch gerne ergänzen oder verwenden dürft.
Danke an euch alle!
Ich habe unsere Diskussion hier jetzt zum Anlass genommen, eine Wissenschaftliche Hausarbeit zu diesem Thema zu vergeben. Ich bin gespannt, wann sich die erste interessierte Studentin/der erste Student dafür findet!