Archiv für die Kategorie ‘Computereinsatz in der Schule’

Heute habe ich im Rahmen des Informatiklehrertags 2016 an der Universität Heidelberg einen Vortrag zum Thema „Medienbildung, ITG, Informatik – Was brauchen wir?“ gehalten. Darin ging es um die Frage, in welcher Form Medienbildung und informatische Bildung in den Bildungsplänen verortet werden sollte. Fazit: Medienbildung fachintegrativ und Informatik als Pflichtfach. Hier ist das Video des Vortrags:

Werbung

Danke Digitalfoto!

Veröffentlicht: Sonntag, Juni 14, 2015 in Computereinsatz in der Schule
Schlagwörter:, ,

Christian Ebel hat auf dem Vielfalt-Lernen-Blog zu einer Blogparade mit dem Titel Mit digitalen Medien besser lernen? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? eingeladen. Die Blogparade endet am 15. Juni. Da muss ich mich beeilen, um noch einen Beitrag rechtzeitig abliefern zu können. 🙂

Es gibt natürlich zahlreiche sinnvolle Einsatzmöglichkeiten für digitale Medien in Lehr-/Lernszenarien, genauso wie es verschiedenste gewinnbringende Einsatzmöglichkeiten für analoge Medien gibt. Die Entscheidung für ein digitales oder analoges Medium sollte dabei insbesondere didaktischen Überlegungen folgen: Welche Funktion übernimmt das Medium im Lernprozess? Digitale Medien sollten dabei additiv zu analogen gedacht werden: Digitale Medien ersetzen analoge nicht, sondern sie ergänzen sie. Mit neuen Medien entstehen neue Alternativen, für die ich mich als Lehrperson entscheiden kann (oder natürlich dagegen): Ich kann beispielsweise Schülerinnen und Schüler zunächst geometrische Konstruktionen mit Zirkel und Lineal anfertigen lassen, um die Basis-Konstruktionstechniken erfahrbar zu machen. Später im Lernprozess kann ich eine dynamische Geometriesoftware wie etwa GeoGebra einsetzen, beispielsweise um die Möglichkeiten des Experimentierens mit interaktiven Konstruktionen zu ermöglichen. Sowohl das analoge als auch das digitale Medium erfüllen ihre Funktion im Lernprozess.

Okay, so weit so gut. Auch wenn didaktische Überlegungen ganz wesentlich für die Wahl von Medien sind, möchte ich an diese Stelle nicht weiter darauf eingehen (sie sind beispielsweise in dem Artikel Mehr als eine Rechenmaschine oder dem Artikel „Digitale Medien in der Schule: in medio virtus“ [1] beschrieben). In diesem Beitrag möchte ich einen unterrichtspraktischen Aspekt betonen, also: Digitale Medien können in der Präsenzlehre einfach unglaublich praktisch sein und dadurch die Unterrichtssituation so verändern, dass Lernen besser möglich wird. Denn: Je weniger Zeit für Phasenwechsel und Umbauarbeiten drauf geht, um so mehr Lernzeit bleibt. Dabei hilft: Das Digitalfoto.

Nach Arbeitsphasen möchte man einzelne Ergebnisse von Schüler_innen oder Student_innen im Plenum besprechen. Dazu sollten aber alle die Lösungen sehen können. Wie macht man das klassischerweise? Möglichkeit 1: Die Ergebnisse werden an die Tafel geschrieben. Das dauert in der Regel lange. Abkürzen kann man das, indem man Schüler beauftragt, bereits gegen Ende der Arbeitsphase ihre Lösungswege an die Tafel zu schreiben. Nachteil: In der Regel lässt man das die guten Schüler machen, denn die sind schon früh fertig („Du bist schon fertig? Dann schreib doch dein Ergebnis mal an die Tafel!“). Trotzdem: Beim Schreiben an die Tafel entstehen Verzögerungen, und die behindern den Schwung im Unterrichtsfortgang, Unterrichtsstörungen werden wahrscheinlicher. Darüber hinaus lässt man falsche Ergebnisse eher nicht anschreiben (auch wenn diese gute Diskussionsanlässe wären), weil die Gefahr des Bloßstellens groß ist. Möglichkeit 2: Man verteilt Folien für den Overheadprojektor und lässt bestimmte Schüler ihre Lösungswege auf Folie übertragen oder gleich von Anfang an drauf schreiben. Auch wenn analoge Medien weiterhin berechtigt sind: Das wirkt nun in der Tat ziemlich anachronistisch.

Mal wieder von Michael Gieding (wie so oft) abgeschaut hab ich mir folgende praktische, total naheliegende weitere Möglichkeit, die nun digitale Technologien nutzt: Fotografiere Lösungen mit dem Smartphone oder Tablet und präsentiere sie über den Beamer. Beim Herumlaufen im Klassenzimmer oder Hörsaal kann man Lösungen fotografieren, die gute Diskussionsanlässe sind: richtige Lösungen, Lösungen mit typischen Fehlern, verschiedene Lösungsansätze usw.

Das Smartphone kann man dann beispielsweise per USB-Kabel an einen Rechner, an dem ein Beamer hängt, anschließen und dann die Fotos über den Beamer präsentieren, oder man holt die Speicherkarte aus dem Smartphone und steckt sie in einen Kartenleser, oder man hat einen VGA- oder HDMI-Adapter für sein Handy. Ich verwende mittlerweile zur Präsentation mein iPad in Kombination mit einem Apple-TV: damit kann ich sofort wireless meine Bilder an die Wand werfen, ohne groß umstöpseln zu müssen. Dadurch wird der Unterrichtsfluss praktisch nicht gestört und wir können sofort die Ergebnisse besprechen.

Bei dieser Methode bietet es sich übrigens an, mit Arbeitsblättern zu arbeiten, die ausgefüllt werden, denn: Wenn jeder seine Lösung in das Arbeitsblatt einträgt, dann sehen die per Foto präsentierten Ergebnisse strukturell alle gleich aus. Jeder im Raum findet sich sofort auf dem projizierten Arbeitsblatt zurecht. Andernfalls hat man eher „Kraut-und-Rüben-Darstellungen“, die man von ihrer Struktur erst mal durchblicken muss.

Alternativ könnte man natürlich eine Dokumentenkamera einsetzen. Drei Nachteile: Erstens muss man diese haben oder kaufen (ein Smartphone hat man ja in der Regel schon), zweitens muss man sie in jedem Raum haben (oder mitschleppen), und drittens müssen die Arbeitsergebnisse nach vorne getragen werden. Auch das könnte den Unterrichtsfluss wieder behindern.

Speziell in der Mathematik sind Digitalfotos auch noch in einem anderen Bereich extrem praktisch: in Online-Lernumgebungen, in denen sich Student_innen aktiv beteiligen sollen. Jeder kennt das folgende Problem aus Mathematikforen: Wie teilt man anderen die Überlegungen per Formel mit? Formeln werden irgendwie kryptisch mit Hilfe der auf der Tastatur verfügbaren Zeichen reingehackt, oder man muss LaTeX beherrschen. Egal wie: Das Abtippen an sich ist schon ein Umstand, denn man hat ja oft zuvor die Lösung bereits auf Papier entwickelt. Schwierig sind auch Skizzen und Zeichnungen: Will man die nochmal abmalen? Nein. Einfacher geht’s, wenn man die Lösung auf dem Papier einfach abfotografiert oder einscannt und dann das Foto hochlädt. Diese Technik bieten wir seit einigen Semestern in unserem Mathe-MOOC an, und das hat sich wirklich bewährt: Viele, die ihre Lösungen einstellen, machen dies per Foto. Gäbe es die Möglichkeit nicht, dann würden diese Personen ihre Lösungen vermutlich gar nicht einstellen, weil es einfach umständlich wäre.

Das alles klingt fast trivial, aber Digitalfotografie in den oben beschriebenen Szenarien ist wirklich ein mächtiges Werkzeug, gerade weil das so einfach und überzeugend ist: Arbeitsergebnisse von Schüler_innen oder Student_innen lassen sich so wendiger präsentieren und diskutieren, ohne das Zeit verloren geht. Zeit zum Phasenwechsel lässt sich so in Lernzeit umwandeln. Insofern mein Fazit: Danke Digitalfoto, dass es dich gibt!

[1] Spannagel, C. (2015). Digitale Medien in der Schule: in medio virtus. LOG IN, 180, 22-27.

Gestern sind wir mit dem Seminar Computereinsatz in der Schule an der PH Ludwigsburg ins Netz gegangen. Das ist nichts ungewöhnliches, wir sind eigentlich immer im Netz. Gestern war’s aber etwas besonderes: Wir haben mit einer Schulklasse geskyped. Und zwar mit der Klasse von Niko Schreiber, der ebenfalls Teilnehmer in dem Seminar ist. Niko hat zunächst davon berichtet, wie Computer an seiner Schule eingesetzt werden, und dann haben die Studenten und die Schüler sich gegenseitig befragt.

Ist das nicht irre? Man kann heute ohne größeren Aufwand eine Liveschaltung überall hin machen, insbesondere in Klassenzimmer hinein und aus Klassenzimmern hinaus. Was für tolle Möglichkeiten sich einem da bieten!

Kritiker werden wahrscheinlich sagen, dass wir mehr davon gehabt hätten, wenn wir zu der Klasse gefahren wären. Ganz klar, das hätte einen anderen Charakter gehabt. Aber es wäre auch viel aufwändiger gewesen. Wir haben gestern sozusagen „mal kurz“ in die Klasse reingeskyped, während wir vorher noch unsere Aktion am Lernfestival geplant hatten. Wir waren also von der Seminarzeit 60 Minuten mit Planen von Lernfestival und Projekten beschäftigt, und 30 Minuten waren wir „mal eben kurz“ in einer Schulklasse. Das soll mal einer eben „in echt“ hinbekommen. Das Gesrpäch wurde übrigens live von Jörg im Wiki protokolliert, und Ulrike und Melanie haben fleißig getwittert. Aktive Produktion im Netz auf allen Kanälen.

Neulich haben wir übrigens eine Schulklasse auch richtig besucht – der Mix machts eben!

Neulich habe ich über das Stufenmodell für Hochschulseminare berichtet. Traditionelle Referatsseminare (Stufe 0) stehen darin LdL-Seminaren erster und zweiter Stufe gegenüber. In der ersten Stufe wird die Aktivität aller Teilnehmenden erhöht. In der zweiten Stufe wird das Seminar zusätzlich nach außen geöffnet und projektartig durchgeführt.

Heute hat mein Seminar „Computereinsatz in der Schule“ begonnen, dass ich (trotz vertretungsweisen Aufenthalts in Heidelberg) an der PH Ludwigsburg durchführe. Das ist mein erster Versuch eines reinen Stufe-2-Seminars: Die Studierenden führen in Zweier- oder Dreierteams Projekte mit Projektpartnern außerhalb der Hochschule durch. Die Projekte sind:

  • Neudenken von Training: Studierende arbeiten gemeinsam mit Karlheinz Pape ein neues Konzept für technisches Training aus und setzen es in Beziehung mit der Art und Weise, wie man die Nutzung des Computers in der Schule vermitteln kann. (Eine Projektidee, die auf dem EduCamp in Berlin entstanden und damit die „älteste“ der hier vertretenen Ideen ist)
  • Stadtwikis im Unterricht: Studierende setzen gemeinsam mit Lehrern aus Tübingen das Stadtwiki tüpedia im Unterricht ein. (Eine Projektidee, die im Rahmen des Communityprojekte-Teams entwickelt wurde.)
  • Web 2.0 im Englischunterricht der 5. klasse: Ein Projekt, das mit Claudia Börger in Bremen durchgeführt wird, und das im Rahmen einer netten kleinen Diskussion in meinem Weblog entstanden ist.
  • U3GU: Ein weiteres Team arbeitet einen Workshop für die Ulmer 3-Generationen Universität, die vom ZaWiW veranstaltet wird, aus. Darin sollen sich voraussichtlich Schüler und Senioren gemeinsam mit dem Web 2.0 auseinandersetzen.

Heute haben sich die Studenten zum ersten Mal getroffen. Leider konnte ich gerade heute beim ersten Treffen wegen einer auswärtigen Verpflichtung nicht dabei sein. 😦 Freundlicherweise ist Ulrike Kleinau eingesprungen – vielen Dank nochmals! Ich habe es mir aber natürlich nicht nehmen lassen, trotz Abwesenheit die Studenten zu begrüßen – vielleicht auf eine etwas unkonventionelle Art. 🙂

Wer ab und zu in die Projektarbeiten hineinschnuppern möchte, der sei in unsere Seminarcommunity eingeladen: Computereinsatz in der Schule – Schaut mal rein! 🙂

Vor ca. einem Jahr hat das erste EduCamp in Ilmenau stattgefunden. Am nächsten Wochenende steht das nächste EduCamp, ebenfalls in Ilmenau, an. In der Zwischenzeit hat sich unglaublich viel getan – insbesondere in meiner eigenen Auffassung vom Lernen. Neuronenmetapher, Öffentliche Wissenschaft, Dynamik des Netzes, Maschendraht-Community, LdL – das alles sind Konzepte, die mich stark geprägt haben. An dieser Stelle möchte ich einmal ganz ausdrücklich Jean-Pol Martin danken, der einen ganz großen Teil dazu beigesteuert hat. Ebenfalls möchte ich meinem Informatikdidaktik-Seminar vom letzten Semester danken, die ebenfalls ganz wesentlich zu meiner eigenen Entwicklung beigetragen haben. Und natürlich: Lutz Berger, der geniale Inspirator und mit großer Ausdauer gesegnete Begleiter.

Gravierend geändert hat sich für mich meine eigene Auffassung von der Gestaltung von Lehrveranstaltungen. Mittlerweile verdichtet sich für mich ein Bild vom Lernen in Seminaren (d.h. Lehrveranstaltungen mit kleiner Teilnehmerzahl), das ich in einem ersten Versuch in drei Stufen darstellen möchte. Dabei kennzeichnen die Stufen auch die Entwicklung in meinen eigenen Seminaren. Vorausschicken möchte ich, dass ich diese Stufen immer mit Blick auf das Lehramtsstudium betrachte – inwieweit das auf andere Studiengänge übertragbar ist, könnt ihr ja selbst entscheiden.

Stufe 0: Theoretische Vortragsseminare. Studierende bereiten alleine oder in Zweierteams einen Vortrag vor, und zwar in der Regel anhand eines Texts, den sie zuvor vom Dozenten erhalten haben. Dieser Vortrag wird in einer Sitzung gehalten (und bei größerer Teilnehmerzahl wird die Sitzung für zwei Vorträge halbiert). Die Teilnehmer, die gerade keinen Vortrag halten, hören zu und dürfen (bei genügend Zeit) am Ende Frage stellen.

Diese Form des Seminars ist für mich mittlerweile inakzeptabel geworden. Wir erzählen Studierenden in unseren Didaktik-Veranstaltungen, dass der Wechsel von Sozialformen, Methoden und Medien im Unterricht wichtig ist. Dann können wir sie doch in unseren Seminaren nicht reinen Frontalunterricht halten lassen. Etwas inkonsequenteres als das ist nur schwer zu finden. Daher auch „Stufe 0“: Das ist der traditionelle „böse“ Weg. Fragt man Studierende, können sie einem in 15 Minuten erzählen, was man daran alles besser machen könnte – und erfinden dabei etwas, was Stufe 1 ähnelt.

Stufe 1: LdL-Seminare erster Stufe. In diesen Seminaren halten die Studierenden nicht Vorträge, sondern sie bereiten Unterricht vor. D.h. sie planen die Seminarsitzung unter Berücksichtigung verschiedener Sozialformen und sie setzen unterschiedliche Methoden ein. Sie gestalten z.B. Aufgaben für die anderen Teilnehmer, die in Gruppen bearbeitet werden müssen. Anschließend leiten sie die Diskussion zu den Arbeitsergebnissen. Wesentlicher Unterschied zu Stufe 0 ist die Aktivierung aller Teilnehmenden. Und kognitive Aktivität ist bekanntermaßen ein ganz guter Prädiktor für Lernerfolg.

Wichtig für diese Stufe ist die Neuronenmetapher: Die Teilnehmer werden als Neuronen betrachtet, die miteinander interagieren. Die gesamte Seminargruppe bildet ein „Gehirn“. Es muss eine Atmosphäre herrschen, in der Studierende einfach ihre Ideen, Anregungen, Fragen äußern können, ohne dass sie Angst haben müssen, dass eine fehlerhafte Äußerung zu einem Nachteil führen könnte. Der Dozent ist in diesem Kontext im wahrsten Sinne des Wortes ein Coach – er unterstützt und begleitet die Studierenden durch das Semester hindurch bei der Vorbereitung und Durchführung der einzelnen Einheiten.

Stufe 2: LdL-Seminare zweiter Stufe. Andere mögliche Namen für diese Form von Seminaren sind: öffentliche Projektseminare, Weltverbesserungsseminare oder Seminare und der Rest der Welt. Auf dieser Stufe wird die Begrenztheit der Bildungsinstitution aufgegeben. Studierende führen „Weltverbesserungsprojekte“ mit Menschen außerhalb der Institution durch (beispielsweise in Zweier- oder Dreierteams jeweils mit einem Projektpartner von außen). Die Inhalte, die auf Stufe 0 noch vorgetragen wurden, erarbeiten sich die Studierenden im Kontext der Projekte – weil sie ohne dieses Wissen die Projekte nicht erfolgreich durchführen können.

Das mag zwar unsystematischer und unsicherer wirken als auf Stufe 0. Das ist vermutlich auch so. Vergessen darf man dabei aber nicht, dass Studenten praktisch nichts aus Seminaren der Stufe 0 mitnehmen. Dafür sehen sie in diesem Kontext (Stufe 2) erstmals einen echten Sinn, warum diese Inhalte wichtig sind. Neben der Sinnhaftigkeit unterscheidet sich Stufe 2 von Stufe 1 durch die höhere Situativität: Studierende lernen in authentischen Kontexten.

Weshalb heißen diese Seminare „LdL-Seminare zweiter Stufe“? Die „LdL-Grundatmosphäre“ gilt immer noch: Die Gesamtgruppe wird als Gehirn betrachtet, das lernt; jetzt allerdings mit dem Unterschied, dass dieses Gehirn Verbindungen nach außen hat (über die Vernetzung mit den Menschen außerhalb des Seminars). Hier spielen Web-2.0-Werkzeuge eine wesentliche Rolle. Hierüber können Planungsaktivitäten und Diskurse mit den Projektpartnern durchgeführt werden. Die offline-Seminarsitzungen sind dafür da, dass die einzelnen Teams sich über ihre Planung austauschen und das weitere Vorgehen diskutieren. Evtl. ist auch mal ein inhaltlicher Input notwendig, den ein Studierender (oder auch mal der Dozent) vorbereiten kann. Die Diskussionen werden weiterhin von Studierenden geleitet. Es sind also LdL-Sitzungen, die dem Fortschreiten der Projekte dienen.

Beispiel zum Thema „Wikis“. Das Seminar „Computereinsatz in der Schule“, das im nächsten Semester wieder stattfinden wird, hat verschiedene Computer- und Internetanwendungen zum Inhalt, die zum Lernen und Lehren eingesetzt werden können. Innerhalb dieses Seminars sind „Wikis“ ein Thema. Wie würde nun die Umsetzung dieses Themas auf den einzelnen Stufen aussehen?

  • Stufe 0: Eine Studentin bzw. ein Student bereitet das Thema vor (anhand eines Texts und anhand einiger Webseiten) und stellt das Ganze in einer Seminarsitzung vor: Geschichte der Wikis (inkl. Geschichte des Webs), Eigenschaften von Wikis, Benutzung von Wikis, Vor- und Nachteile von Wikis, Wikis in der Lehre, …
  • Stufe 1: Zwei Studierende bereiten eine Seminarsitzung zum Thema „Wikis“ vor. Zu Beginn geben sie eine kurze Einführung in Wikis. Anschließend erteilen sie den Teilnehmern eine Aufgabe, die sie unter Nutzung von Wikis lösen müssen. Zum Schluss werden die Erfahrungen gemeinsam diskutiert. Die „Studentenlehrer“ moderieren die Diskussion. Die Studierenden bekommen hier zwar nicht so viel inhaltlichen Input wie auf Stufe 0, dafür sammeln sie selbst Erfahrungen im Umgang mit Wikis. Die Studentenlehrer können weitere Infos (beispielsweise zur Geschichte von Wikis) als Links bereitsstellen, falls sich noch jemand dafür interessiert. Nachteil auf dieser Stufe ist (jetzt im Hinblick auf das Lehramtsstudium), dass Wikis immer noch losgelöst von konkreten Schulerfahrungen behandelt werden. Man überlegt sich hier, welche Möglichkeiten und Grenzen es „theoretisch“ beim Einsatz von Wikis in der Schule gibt. Dieses Problem behebt – wer hätte es gedacht – Stufe 2.
  • Stufe 2: Die Studierenden führen in Zweier- bzw. Dreierteams verschiedene Projekte mit Menschen außerhalb des Seminars – vornehmlich Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler – durch. Eines dieser Teams hat den Einsatz von Wikis zum Thema. Sie coachen eine Lehrerin / einen Lehrer dabei, wie sie/er Wikis im Unterricht einsetzt bzw. halten gemeinsam mit ihr/ihm den Unterricht. Zu diesem Zweck müssen sich die Studierenden natürlich mit Wikis auskennen, d.h. sie müssen sich in Wikis einarbeiten und gemeinsam mit der Lehrperson ein Unterrichtskonzept entwickeln und durchführen. Hierdurch entsteht eine „Win-Win-Win“-Situation: Die Studierenden beschäftigen sich mit Seminarinhalt und dabei sogar auf eine richtig sinnvolle Weise. Die Lehrerin bzw. der Lehrer lernt Wikis und deren unterrichtlichen Einsatz kennen und spart sich dabei die Einarbeitungszeit (Lehrer haben i.d.R. wenig Zeit zur Einarbeitung in neue Tools, und oft fehlt auch die Vorerfahrung). Und: Die Schülerinnen und Schüler lernen, wie man mit Wikis umgeht. Das Ganze wird dann auch noch zur „Win-Win-Win-Win“-Situation, wenn es sich bei dem Wiki um ein Community-Projekt (wie beispielsweise ein Stadtwiki) handelt und dabei auch die Community noch profitiert. Wer will da noch Seminare auf Stufe 0 halten?

Selbstverständlich haben auch Seminare auf Stufe 2 Nachteile, die sich aber als Pseudo-Nachteile herausstellen:

  • Seminare auf Stufe 2 sind mit Sicherheit für den Dozenten und für die Studierenden arbeitsaufwändiger als Seminare auf Stufe 0. Dafür lernen aber natürlich auch alle etwas, und es macht mehr Spaß, es ist aufregender und man sieht einen Sinn in dem, was man tut.
  • Seminare auf Stufe 2 sind „gefährlicher“ und risikoreicher: Es kann passieren, dass ein Projekt in die Hose geht. Aber auch das ist viel besser als man denkt: Die Erfahrungen können gemeinsam reflektiert werden. Die Studierenden, der Projektpartner und der Dozent haben etwas dabei gelernt – und dafür sind ja Seminare bekanntlich da.

Mein Informatikdidaktik-Seminar im letzten Semester ist vermutlich irgendwo zwischen Stufe 1 und 2 anzusiedeln. Im nächsten Semester versuche ich mich erstmals an einem Seminar komplett auf Stufe 2. Zudem werde ich versuchen, Vorlesungen im LdL-Stil zu halten – mal sehen, wie das klappen wird. Ich werde natürlich über meine Erfahrungen hier berichten.

Wie immer interessieren mich auch eure Meinungen zu diesem Beitrag – bitte kommentiert!

Jetzt geht’s aber erst mal aufs EduCamp – gemeinsam mit (fast) dem ganzen Seminar vom letzten Semester. Maschendraht-Community goes EduCamp! 🙂

Jacareto-Testlabor

Veröffentlicht: Donnerstag, Juli 10, 2008 in Computereinsatz in der Schule, Jacareto

Heute haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer meiner Veranstaltung „Computereinsatz in der Schule“ das Tool Jacareto/CleverPHL auf Herz und Nieren getestet, und zwar im Zusammenspiel mit dynamischer Geometriesoftware. Alles in allem hat es eigentlich ganz gut geklappt (mal abgesehen von den Usability-Problemen, die es bei CleverPHL teilweise immer noch gibt). Probleme, auf die die Teilnehmer gestoßen sind, und teilweise auch Problemlösungen findet man in der Diskussionsseite zum Jacareto-Testlabor.

Im Seminar „Computereinsatz in der Schule“ behandeln wir verschiedene Rollen des Computers im Unterricht: Computer als Kommunikationsdienst, Computer als Informationsdienst, Computer als Programmiersystem usw. Wie man sich leicht vorstellen kann, gibt es unendlich viele Möglichkeiten, wie man das Seminar inhaltlich ausgestalten kann. Dabei ist problematisch, dass man sich als Dozent sehr leicht verschätzt und Dinge macht, welche die Teilnehmer langweilen oder die bereits in anderen Veranstaltungen gemacht worden sind.

Daher habe ich mit heute entschieden, eine Abwandlung der Galeriemethode zu verwenden, um einerseits die verschiedenen Rollen des Computers im Unterricht gemeinsam mit den Teilnehmern zu elaborieren und um andererseits Themen zu bestimmen, die wir in den weiteren Seminarsitzungen behandeln werden. Folgendes Vorgehen habe ich dabei gewählt: Auf mehrere Whiteboards habe ich jeweils eine Rolle des Computers als Überschrift geschrieben. Die Teilnehmer haben sich in Gruppen zu 2-3 Personen zusammengefunden und auf die Whiteboards verteilt. Die Aufgabe dabei war, zu der Rolle des Computers auf dem Whiteboard ein Brainstorming zu machen. Nach 5 Minuten wurde im Uhrzeigersinn rotiert, sodass die Gruppen jetzt vor einem anderen Whiteboard standen. Hier konnten sie zunächst die Ergebnisse der vorherigen Gruppe lesen und schließlich ihre weiteren Ideen hinzufügen. Nachdem alle Gruppen an allen Whiteboards gewesen waren, sind wir als Gesamtgruppe von Whiteboard zu Whiteboard gelaufen, haben Fragen geklärt und Themen ausgemacht, welche die Teilnehmer besonders interessieren.

Ich muss sagen, dass ich diese Methode für absolut geeignet halte, um in einem komplexen und aspektreichen Themenfeld mögliche Seminarinhalte zu bestimmen, die auch die Teilnehmer interessiert. Vielleicht hat ein Teilnehmer Lust, das zu kommentieren? Wie hat Ihnen die Methode gefallen?

Hier sind übrigens die Ergebnisse. Die Fotos können den Teilnehmern gleichzeitig als Ideensammlung für neue Weblog-Artikel dienen: Vielleicht möchten Sie sich einen Aspekt herausgreifen und einen Artikel dazu schreiben?

Computer als Kommunikations- und Kooperationsdienst
Kommunikations-_und_Kooperationsdienst

Computer als Informationsdienst
Informationsdienst

Computer als Lehr- und Lernmedium
Lehr-_und_Lernmedium

Computer als Denkwerkzeug
Denkwerkzeug

Computer als Programmiersystem
Programmiersystem

Ich auf YouTube

Veröffentlicht: Donnerstag, April 17, 2008 in Computereinsatz in der Schule, Teaching, Web 2.0, Web 2.0 in der Schule

In diesem Semester probiere ich etwas aus: Ich virtualisiere eine Veranstaltung völlig (aus organisatorischen Gründen) und kommuniziere mit den Teilnehmern über Moodle und Web-2.0-Tools. Bei der Veranstaltung handelt es sich um das Seminar „Web 2.0 in der Schule“. Dort geht es inhaltlich um den Einsatz von Web-2.0-Tools im Unterricht. Somit hat das Seminar auch inhaltlich mit dem Web 2.0 zu tun.

Ich habe mich dazu entschlossen, aktuelle Mitteilungen, Erklärungen und Arbeitsanregungen in YouTube einzustellen. Das geht wesentlich einfacher und schneller als langwierige Texte zu schreiben. Ein erstes Video habe ich bereits produziert:

Einführung zur Veranstaltung „Web 2.0 in der Schule“

Ist schon komisch, sich selbst beim Sprechen aufzuzeichnen. Ich werde noch etwas Zeit brauchen, um mich richtig daran zu gewöhnen. Ich bin mir aber sicher, dass sich so ganz neue Kommunikationsmöglichkeiten auftun.

Wird mir beispielsweise eine inhaltliche Frage per Mail gestellt, die eine komplizierte Antwort verlangt, so könnte ich mir schon vorstellen, die Antwort einfach zu sprechen und in YouTube einzustellen. Das geht vermutlich manchmal einfacher.

Das Aufzeichnen bei YouTube ist mit WebCam übrigens ganz einfach. Man klickt auf „Upload Video“ und dann auch „Quick Connect“, und schon wird per WebCam aufgezeichnet. Man muss sich also kein neues Tool installieren. Es geht einfach per Klick. So muss es sein. 🙂

Zwei kleine Tipps für die Teilnehmer meiner Veranstaltungen, die gerade eine Ausarbeitung schreiben (und natürlich auch für alle anderen):

Wieder einmal ein grandioses Buch gelesen: „Engines for Education“ von Roger C. Schank und Chip Cleary. Thema: Wie uns Computer helfen können, aktives, selbstbestimmtes und entdeckendes Lernen zu fördern. In dem Buch werden verschiedene Formen des Lernens beschrieben und jeweils mit überzeugenden Beispielen aus der Software-Schmiede des Institute for the Learning Sciences untermauert. Folgende Lernformen werden aufgegriffen:

  • Learning by Doing
  • Incidental Learning
  • Learning by Reflection
  • Case-Based Teaching
  • Learning by Exploring
  • Goal-Based Learning

Die Autoren vertreten teilweise sehr extreme Positionen, begründen diese aber immer sehr überzeugend. So fordern Sie beispielsweise den Verzicht auf starre Curricula und die bedingungslose Orientierung an den Interessen der Lernenden. Auch wenn manche Aspekte vermutlich im heutigen Schulalltag in voller Gänze nicht umzusetzen sind, vermittelt dieses Buch aber eine sehr positive Grundstimmung: „School should be fun. […] Mostly, they [the students] should be learning that learning is fun. They should be learning that expanding one’s horizons is fun, that learning you were wrong about something is not so painful, and that taking an educational risk is worth doing. They should be learning that school is a good place to do these things. […] But there is no reason children cannot have intellectual fun, cannot be excited by ideas, and cannot be challenged to acquire new knowledge. Natural learning is a basically enjoyable thing to do. Two-year-olds love to learn. Many adults love to learn. Only school-age children associate learning with fear of failure. We must get the fear of failure out of the school system.“ (S. 217-218). Ich finde, dieser Absatz ist wahnsinnig gut formuliert (manchmal habe ich den Eindruck, amerikanische Autoren können so etwas besser formulieren als deutsche Autoren) – und so ist das ganze Buch.

Das Buch gibt es übrigens auch online in einer Hypertext-Variante. Viel Spaß beim Stöbern.

[Update] Ich hab die Literaturangabe vergessen: Schank, R. C. & Cleary, C. (1995). Engines For Education. Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.