Computerselbstwirksamkeit erheben mit CUSE-D

Veröffentlicht: Donnerstag, März 19, 2009 in Selbstwirksamkeit
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Komplizierter Begriff, aber tolles Konzept: „Selbstwirksamkeitserwartung“ oder einfach nur „Selbstwirksamkeit“. Dieser Begriff bezeichnet das Zutrauen einer Person in sich selbst, eine bestimmte Handlung erfolgreich durchführen zu können.

Ein Beispiel: Thomas traut sich in Mathematik nichts zu – er denkt, dass er „zu dumm“ ist, die Aufgaben zu lösen. Er hat eine niedrige Selbstwirksamkeit bzgl. Mathematik. Dafür hält er sich selbst für einen guten Tennisspieler, und er traut sich zu, auch gute Gegner schlagen zu können – seine Selbstwirksamkeit bzgl. Tennis ist hoch.

Selbstwirksamkeit ist in der Regel auf ein gewisses Gebiet bezogen. So gibt es beispielsweise auch so etwas wie Computerselbstwirksamkeit: Wenn ich eine niedrige Computerselbstwirksamkeit habe, dann traue ich mir nicht zu, erfolgreich mit dem Computer umzugehen und lasse lieber die Finger davon. Wenn ich denke, dass ich der Computermensch schlechthin bin, dann wage ich mich auch an schwierige Probleme, gebe nicht gleich auf, wenn etwas nicht funktioniert, und probiere auch einfach mal was aus.

Wenn man eine Lehrveranstaltung hält, in der die Teilnehmer u.a. bestimmte Dinge am Computer lernen sollen, dass wäre es somit wünschenswert, wenn sie nicht nur kompetent würden, sondern wenn sie sich auch kompetent fühlen würden. Ansonsten kann es dazu kommen, dass Personen mit niedriger Computerselbstwirksamkeit gar nichts am Computer machen, selbst wenn sie es könnten. Solche Lehrveranstaltungen sollten also so gestaltet sein, dass sie die Teilnehmer nicht nur kompetenter, sondern auch „selbstwirksamer“ machen. Hierzu gibt es verschiedene Strategien (bei Bedarf kann ich dazu auch mal einen Weblog-Beitrag schreiben). Dieser Beitrag soll aber eine andere Frage beantworten: Wie kann ich als Dozent feststellen, ob meine Veranstaltung selbstwirksamkeitsfördernd ist? Klar: Ich muss die Computerselbstwirksamkeit vorher und nachher erheben. Aber mit welchem Fragebogen?

Christine Bescherer und ich haben uns zahlreiche Fragebogen zur Erhebung der Computerselbstwirksamkeit angeschaut und uns für einen Fragebogen von Cassidy und Eachus entschieden: Computer User Self-Efficacy Scale, oder kurz CUSE. Wir haben den Fragebogen ins Deutsche übersetzt (CUSE-D) und haben ihn in mehreren Lehrveranstaltungen eingesetzt und auf Gütekriterien untersucht. Das Ganze ist auch in einem Artikel beschrieben, der gerade erschienen ist. Wer mal reinschnuppern möchte, hier ist er:

Spannagel, C. & Bescherer, C. (2009). Computerbezogene Selbstwirksamkeitserwartung in Lehrveranstaltungen mit Computernutzung. Notes on Educational Informatics – Section A: Concepts and Techniques 5(1), 23-43.

Eine Sache stört mich noch am Fragebogen: Er ist mit 30 Items ziemlich lang. An der Reduktion arbeiten aber gerade Kollegen. Also: Stay tuned! 🙂

Kommentare
  1. […] seinem Blogeintrag “Computerselbstwirksamkeit erheben” zeigt Christian Spannagel sehr gut, wie das Gefühl der Kontrolle im Rahmen von […]

  2. jvanvinkenroye sagt:

    Hallo!

    Das ist aber mal sehr praktisch. Wer sind den diese kürzenden Kollegen?

  3. Itari sagt:

    „Hierzu gibt es verschiedene Strategien (bei Bedarf kann ich dazu auch mal einen Weblog-Beitrag schreiben).“

    Neugier! Melde mal Bedarf an 😉

    Ansonsten ist das Thema schon immer sehr interessant und – ohne langes Denken darüber – sofort plausibel. Das gefällt mir. Was ich noch nicht ganz raffe, ist, dass in eurer Studie doch auf sehr unterschiedlich alte Referenzen zurückgegriffen wird (kann natürlich nicht ermessen, inwieweit sich das auch auswirkt). Ich finde nur, dass wenn vor 25 Jahren jemand Word gelernt hat, das sowohl mit einem anderen Anspruch bei sich selbst vermessen als auch in seiner näheren Umgebung vermerkt wurde. Auch in meinen Kursen ist zu Beginn eines Software-Lebenszyklusses die Teilnehmerschaft total anders zusammengesetzt und motiviert als am Zyklenende – und beides hat tiefgreifende Auswirkungen auf das Unterrichtsergebnis und die Selbstattributierung.

    Itari

  4. cspannagel sagt:

    @jvanvinkenroye Kollegen bei uns am Institut.

    @itari Welche unterschiedlich alten Referenzen meinst du denn? Die unterschiedlichen Fragebogen? Die alten Fragebogen haben wir der Vollständigkeit halber mit hinzugenommen. Daher gibts aber auch das Kriterium „Aktualität“, das die alten Fragebogen praktisch ausschließt. Oder was genau meinst du?

  5. apanat sagt:

    Selbstwirksamkeit ist für mich mehr. Sie bedeutet eine Veränderung.
    Selbstwirksamkeitserwartung ist nur die Vorstellung, dass ich etwas erreichen könnte.
    Natürlich ist es für Arbeit mit dem Computer schlecht, wenn man die Vorstellung hat, nicht erfolgreich mit ihm arbeiten zu können, und erst die „Killeranwendung“ wird einen dazu bringen, sich engagiert mit ihm zu beschäftigen.

    Was Selbstwirksamkeit betrifft, so täuscht Arbeit am Computer sie oft nur vor. Der Computer reagiert auf das, was ich eingebe (Illusion Selbstwirksamkeit). In Wirklichkeit bewirke ich aber nur, dass ich weniger Zeit habe, mich mit der Umwelt auseinanderzusetzen, also wirklich selbstwirksam zu werden.
    Ich weiß, dass es in deinem Eintrag nicht darum geht, aber für das Konzept Selbstwirksamkeit ist es m.E. zentral.

  6. […] Beschäftigung mit dem Computer täuscht oft nur Selbstwirksamkeit vor. Der Computer reagiert auf das, was ich eingebe (Illusion der Selbstwirksamkeit). Das macht den Computer so beliebt. In Wirklichkeit bewirke ich aber nur, dass ich weniger Zeit habe, mich mit der Umwelt auseinanderzusetzen, also wirklich selbstwirksam zu werden. Das sollten Blogger wie ich nicht vergessen. Die Anregung zu diesem Eintrag verdanke ich C. Spannagels Eintrag zu Computerselbstwirksamkeit erheben. […]

  7. cspannagel sagt:

    @apanat Man muss die computerbezogene Selbstwirksamkeit von der „allgemeinen“ Selbstwirksamkeitserwartung unterscheiden. Ich glaube, du meinst eher das letztere?

  8. apanat sagt:

    Eigentlich wollte ich als Germanist nur den Ersatz von Selbstwirksamkeitserwartung durch Selbstwirksamkeit kritisieren. Da mir das aber zu pedantisch schien, habe ich es in die obige Form gebracht, dadurch einen Eintrag für meinen Blog und einen Kommentar von itari gewonnen. Eigentlich schlau, oder? ;-))

  9. cspannagel sagt:

    @apanat Ganz schön schlau. 😉

    Ich verkürze den Begriff deswegen, weil: Wenn ich einen Artikel schreibe, will ich nicht ständig „computerbezogene Selbstwirksamkeitserwartung“ schreiben müssen – „Computerselbstwirksamkeit“ soll dann auch genügen. 🙂

  10. Crossyard sagt:

    Hallo,

    nach einem halben Jahr würde ich gerne die Diskussion hier wieder aufnehmen bzw. eigentlich nur fragen, ob es inzwischen bereits neuere Ergebnisse bezüglich der Item-Reduktion gibt?

    Das Konzept der Computerselbstwirksamkeit finde ich persönlich wirklich überzeugend und denke, dass es wohl in nahezu allen Bereichen des eLearning eine Rolle spielt. Aktuell bin ich am überlegen, ob es nicht sogar sinnvoller ist in entsprechenden Untersuchungen die CSW anstatt der Medienkompetenz und der Medienvorerfahrung als Kontrollvariable zu erheben. Eigentlich misst sie ziemlich genau das, was man beabsichtigt zu kontrollieren und außerdem erspart man sich mit der Medienkompetenz ein Konzept, das auch wieder recht umfangreich ist und so sicher mehr als 30 Items benötigen würde. Aber wie gesagt, sind nur so aktuelle Überlegungen.

  11. Hi,

    ich erkundige mich mal, wie es mit der Reduktion aussieht.

    Eine Sache muss man aber vermutlich bedenken: Selbstwirksamkeitserwartungen sind relativ stabil. Man kann sie zwar ändern, aber in der Regel nur über einen längeren Zeitraum. Es kommt also meiner Ansicht nach auf die Dauer der Intervention an, wenn man CSW wirklich verändern will.

  12. cspannagel sagt:

    Hallo zusammen,

    wir haben jetzt eine gekürzte Fassung des CUSE online gestellt: CUSE-D-r

  13. Anne Wagner sagt:

    Hallo,

    leider funktioniert der Link für die gekürzte Fassung nicht mehr.
    Gibt es denn eine andere Möglichkeit an CUSE-D-r zu kommen? Ich finde nämlich auch noch ausgiebiger Recherche im Internet nichts 😦

    Liebe Grüße

  14. Alex Hepting sagt:

    Hallo,

    in der Informationswissenschaft (das die Abläufe von Wissen untersucht) im Fach Wissensmanagement spricht man insbesondere von Medienkompetenz. Diese setzt aber schon voraus, dass man Lesen und Schreiben kann.

    Man kann so viele Sachen am Computer erklären aber wenn die Leute es nicht lesen können (sprich das Thema/Anwendung zu viel kognitiven Overload enthält) , somit nicht nachvollziehen können, ist die Hemmung der Lernkurve einfach zu steil. Gewisse Anzahl an Hindernissen sollten aber vorhanden sein, sonst macht es im Gesamtkontext wenig „Spass“ – zu einfache Lernkurve, so dass man es wieder vergisst oder es für sie zu wenig Relevanz hat. Es gibt viele unterschiedliche Lerntypen und nicht alle gehen an eine Sache heran, dass sie die Lösung erwarten / haben möchten. Es ensteht auch eine Gruppendynamik, Leistungsdruck- so wird es in jeder Gruppe immer etwas schnellere und langsame Leute geben.

    Hat man eine gewisse Medienkompetenz, so kann man schon neues Wissen noch nicht daraus erarbeiten. Man spricht dann von Recherchekompetenz / Transferwissen, wenn man schon nach neuen Sachverhalten suchen kann und neue Zusammenhänge finden kann. Manchmal sollte man ein Quäntchen Verrücktheit haben / über den Tellerrand schauen, dann klappt es auch mit der Selbstwirksamkeit.

  15. dunkelmunkel sagt:

    Hallo Anne, oops, danke für den Hinweis! Ich habe die Datei jetzt hier nochmal online gestellt: CUSE-D-r

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