Mit Blogpatenschaften die Vernetzung fördern

Veröffentlicht: Montag, März 16, 2009 in Gastbeitrag, Web 2.0

Ich spiele schon länger mit dem Gedanken, in meinem Blog auch Gastbeiträge aufzunehmen, da ich dies für eine sehr schöne weitere Möglichkeit der Vernetzung halte. Daher bin ich ganz besonders froh darüber, dass diejenige Person den ersten Gastbeitrag in meinem Weblog verfasst hat, die sich im besonderen Maße für Gastbeiträge (insbesondere von „Offlinern“) einsetzt: Ina Müller-Schmoß, die Initiatorin von blogpatenschaften.de. Somit: Voilá – der erste Gastbeitrag in meinem Weblog:

Vor einiger Zeit hatte mich Christian gefragt, ob ich nicht mal das Projekt Blogpatenschaften bei ihm im Blog vorstellen möchte. Das will ich hiermit gerne tun.

Mit Blogpatenschaften wollte ich herausfinden, ob man die Vernetzungsmöglichkeiten von Blogs oder Microblogging-Systemen, wie z.B. Twitter dazu nutzen kann, zivilgesellschaftliches Engagement mehr ans Licht zu holen und miteinander zu vernetzen. Es gibt viele Menschen, die sich in ihrem privaten Umfeld für Umwelt, Bildung, Gesundheit oder andere soziale Themen einsetzen, deren Engagement jedoch von den klassischen Medien kaum wahr genommen wird. Darüber hinaus gibt es viele Einzelakteure, die gar nichts voneinander wissen. Für sie könnte eine bessere Vernetzung untereinander hilfreich sein.

Auch ist es so, dass im Internet zum einen oft jene Themen dominieren, die sowieso schon in den klassischen Medien präsent sind oder es geht um viel Technisches (welches Plugin ist mal wieder in Mode) oder um SEO-Aspekte (wie bekomme ich möglichst viele Backlinks und kann mit meinem Blog Einnahmen erzielen) oder die Blogosphäre dreht sich gern auch mal um sich selbst.

So betrachtet ist es kein Wunder, wenn Außenstehende, die kaum Berührungspunkte zum Internet haben, hier zunächst für sich keinen Mehrwert erkennen können und Bloggen und Twittern für reine Zeitverschwendung halten.

Im vergangenen Jahr habe ich auf der Re:publica08 und dem ersten SocialCamp in Berlin viele engagierte Leute getroffen, die wie ich der Meinung waren, dass man mit dialogorientiertem Internet vernachlässigte Themen aufgreifen und transportieren kann, am besten direkt heraus aus ihrer jeweiligen Nische bis hin zu einer Veröffentlichung in den klassischen Medien (Print, Radio und Fernsehen).

Ich dachte damals daran, z.B. für eine Suppenküche, ein Altenheim oder eine Selbsthilfegruppe einen PC mit Internetzugang kostenlos bereit zu stellen und Interessierten zu zeigen, wie das Bloggen funktioniert. Eine Art Blogpatenschaft also. Ich stellte mir dazu eine Kooperation vor mit Gewerbetreibenden aus dem jeweiligen Umfeld (Computerschule, PC-Firma …), die dadurch eine Möglichkeit bekommen, sich konkret vor Ort zu engagieren. Die Firma sollte die Bereitstellung von Hard- und Software finanzieren und eine Gruppe von engagierten BloggerInnen würde den Umgang mit Blogs, Twitter, Communities, Kommentarfunktion erklären und zeigen, wie Vernetzung funktioniert und möglichst auch regelmäßig dazu Hilfestellung geben.

Das das so einfach nicht geht, wurde mir schnell klar! Die angesprochenen Einrichtungen verstanden gar nicht, wieso es für sie gut sein sollte zu bloggen, und nannten auf mein Nachfragen hin sofort (ohne sich auf die Idee einzulassen) viele Gründe, warum das für sie nicht in Frage käme (Zeitmangel, Geldmangel, Arbeitsaufwand, Schulungsbedarf, Unsicherheit in Fragen des Datenschutzes, Verlust der Kontrolle über das, was innerhalb der Einrichtung gesprochen wird). Für Firmen, die ich wegen einer möglichen PC-Spende incl. Support angesprochen hatte, war das alles noch zu sehr „Beta“. Weiteres Nachfragen meinerseits erübrigte sich dann auch, weil keine der angesprochenen Einrichtungen überhaupt einen Bedarf nach „Web 2.0“ sah und ich als Privatperson ja nur sehr begrenzte Ressourcen habe. Meine ersten Nachfragen offline ergaben also: Kein Bedarf für so was wie Blogpatenschaften.

Online sah das ganz anders aus: Über mein Blog hatten sich inzwischen so um die 30 Blogger und Bloggerinnen gemeldet, die sich vorstellen konnten, in ihren eigenen Blogs Gastbeiträge von anderen zu veröffentlichen oder einem Web-Einsteiger das Bloggen zu erklären oder auch Patenschaften über eine Person oder ein bereits bestehendes sozial engagiertes Projekt zu übernehmen. Hans Fährmann eröffnete zusätzlich noch die www.offene-plattform.de, ein Blog für alle, die kein eigenes Blog haben (wollen) und es gab erste Gastbeiträge über interessante Projekte: Hier einige Beispiele:

Online gab es sofort Zuspruch und Unterstützung. Offline verstanden viele nicht, was ich ihnen da vorschlage. Natürlich ist es zunächst auch kein großer Aufwand, einen Link zu setzten und sich online zu vernetzen. Hier liegt die Herausforderung eben genau darin, dass engagierte Onliner eben auf Offliner zugehen müssen und nicht darauf warten können, dass hier jemand von sich aus nachfragt. Im Sinne einer Blogpatenschaft ist mehr gefragt, als nur mal schnell einen Link zu setzen. Mir wurde klar: Um „Offliner“ dafür zu gewinnen, über ihre Themen zu bloggen, muss man ihnen zunächst von den Möglichkeiten des Web 2.0 erzählen. Und man muss selbst den Kontakt herstellen. Das habe ich dann in meinem ganz persönlichen Umfeld hin und wieder ausprobiert, mit dem Ergebnis, dass der eine oder andere hier tatsächlich profitieren konnte.

Insgesamt und über den eigenen Tellerrand geblickt, finde ich, dass sich im zurückliegenden Jahr in Sachen soziales „Social Web“ einiges getan hat. Gerade auch durch Angebote, wie die Treffen im Rahmen der Socialbar sowie zahlreiche engagierte Internet-Plattformen, interessante Netzwerke, einen Nachhaltigkeits-News-Reader und ganz konkrete Einzel-Aktionen (Brunnen für Tani oder Aktion Uwe) kommt das Web 2.0 als Kommunikationstool so langsam auch im „Sozialen Sektor“ an.

Mit Blick auf Blogpatenschaften und meine ursprüngliche Idee, in Kooperation mit Gewerbetreibenden oder Bildungseinrichtungen vor Ort Brücken zwischen Online und Offline zu bauen, bin ich gespannt, wie es in Zukunft weiter geht.

Ich bin auch gespannt – vielen Dank für deinen Gastbeitrag!

Kommentare
  1. Danke für die ausführliche und sehr überzeugende Beschreibung, insbesondere auch der Schwierigkeiten, die auf einen warten, wenn man offline-Personen für die virtuelle Kommunikation gewinnen will. Ich versuche gerade, Leute einer im Prinzip vernetzungsaffinen Partei dafür zu gewinnen, stärker Blogs und Twitter einzusetzen.

  2. […] Den vollständigen Text dazu gibt es bei Christian im Blog. […]

  3. apanat sagt:

    Mir gefällt der Gedanke auch sehr gut. Nach meiner Erfahrung muss man aber schon sehr kommunikativ sein, wenn man Leute zu regelmäßigem Bloggen bringen will, die bisher nur auf Papier getextet haben.
    Meist bekomme ich nur schon früher vorformulierte Texte für Blogs.
    Deshalb meine große Gratulation!

  4. […] Bloggen einladen By apanat Sehr eindrucksvoll beschreibt Ina Müller-Schmoß, die Betreiberin von Blogpatenschaften, was sie alles getan hat, um Leute, die etwas zu sagen haben, […]

  5. @apanat
    Ich bin auch gespannt, wie „meine“ Senioren an der Ulmer Universität auf meinen Twittervorschlag reagieren werden (sofern der Kurs überhaupt zustande kommt).

  6. @Jean-Pol
    ich bin gespannt, welche Erfahrungen Du dabei machst und wünsche Dir viel Erfolg.

    @apanat
    Danke fürs Feedback. Ich mache eigentlich nichts weiter, als auf Personen in meinem unmittelbaren Umfeld zuzugehen, von denen ich glaube, bloggen und vernetzen könnten für sie interessant sein. Manchmal fällt das, was ich zeige sofort auf fruchtbaren Boden. Meist sind das Leute, die sowieso schon sehr aktiv sind und nach Lösungen suchen, wie sie ihre noch jungen Projekte besser bekannt machen können.

    Da finden sich dann sehr schnell Anknüpfungspunkte.

    Ich selbst muß da gar nicht viel Überzeugungsarbeit leisten (die Zeit hätte ich auch gar nicht), ich biete ja nur etwas an, was schon da ist (Gastbloggen, Vernetzung, Vorführung/Telefonat, wie´s geht). Allein ein Telefonat reicht im Prinzip aus, um da was in Gang zu bringen, wie z.B. bei Alexander Klement von bildungsspender.de. Wir haben kurz telefoniert, dann habe ich ihm seinen Co-Account eingerichtet, er hat seinen ersten Beitrag gepostet und einen eigenen Twitter-Account eingerichtet.

    Apanat, auch ein früher vorformulierter Text wäre doch schon mal ein Anfang oder nicht?

  7. Itari sagt:

    Ein wenig erinnert mich das an den Aufbau der ebay-Unterstützung, was sowohl positive als auch negative Implikationen hat.

    Warum sollen eigentlich alle bloggen oder sowas ähnliches machen? Und wenn, warum sollen die nicht dafür bezahlen. Ich muss auch den Handwerker bezahlen usw. usw.

    Die Welt muss in meinen Augen auch nicht besser werden 😉 – es reicht, wenn man mit ihr gut umgehen kann und dazu gehört auch, dass man irgendwo und irgendwann sein Lehrgeld bezahlt (und nun kommt nicht mit den scheinheiligen Argumenten der Freiheit von Schule und Lehre). Ich persönlich bin auch gegen den ganzen Spendenrummel, nicht gegen die Spenden wohlgemerkt. Weil es hat ja auch immer eine Psychohygienefunktion (Ablasshandel), die ich eigentlich nicht gut finde. Oder auch für Laien: Wer Gutes tut und darüber Worte verliert, hat auch einen guten Grund bei sich dafür zu suchen – wer Gutes selbstverständlich tut, ohne Worte darüber zu verlieren, kommt in den Himmel 😉

    Insoweit betrachte ich das Experiment der Blogpatenschaft eher etwas zurückhaltend, weil ich die Motive nicht teile.

    Nur fürs Protokoll: ich gebe auch kostenlose Schulungen für Senioren … falls jetzt jemand doch noch mit der Sozialschleuder ankommt; Schleuder ist das etwas weiterentwickelte Tötungswerkzeug, welches nach dem Messer, dem Speer und dem Hammer erfunden wurde.

    Itari

  8. […] untereinander. Mehr Infos zur Philosophie der Blogpaten bzw. von Ina Müller-Schmoß gibt es hier […]

  9. […] April 2009 · Keine Kommentare Beim Web-Surfen entdeckte ich vor einer Stunde im Blog von Christian Spannagel einen Gastbeitrag der “Macherin” von Blogpatenschaften, Ina Müller-Schmoß…und verwarf die […]

  10. […] zu den Fächern Informatik und Mathematik und zum Lernen mit Computern. Ich möchte gerne Gastbloggen für Menschen ermöglichen, die etwas über Themen schreiben möchten, die […]

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