Learning by doing – Unterrichtserfahrungen der ersten Wochen

Veröffentlicht: Dienstag, Oktober 13, 2009 in Schule

Seit kurzem unterrichte ich dienstags vormittags in einer Haupt- und Werkrealschule. 6 Stunden ITG („Informationstechnische Grundbildung“) am Stück in Klasse 5,8,9 und 10. Themen und Inhalte der ersten Stunden waren: Verhalten im Internet (Online-Communities, Cyber Mobbing usw.), das Schreiben von Bewerbungen (Klassen 9,10) und ein Fragebogen-Projekt (Klasse 8; Fragebogen konstruieren, Daten in Excel auswerten, Präsentation mit PowerPoint). Die 5er hatte ich aus organisatorischen Gründen noch nicht gehabt. Mit ihnen plane ich eine „Internet-Schnitzeljagd“, in der sie bestimmte Fragen mit Hilfe von blindekuh.de beantworten sollen.

In vier Wochen konnte ich nun erste Erfahrungen sammeln, und ich muss sagen, es ist ausgesprochen lehrreich. Und das sage ich weißgott nicht „nur so“. Es ist eine Lehre. Ich fühlte mich in eine Situation mit großen Unsicherheiten geworfen, und nur langsam verwandele ich sie in Sicherheit. Ich bin noch weit weg vom sicheren Agieren in Unterrichtssituationen, die nicht „Schaustunden“ sind – mit diesen hab ich mich nämlich ausschließlich in den letzten Jahren beschäftigen dürfen. Dort sitzen nämlich noch mindestens 5 weitere erwachsene Personen im Raum. Was im Rahmen von Schaustunden eher als belastend empfunden wird, ist in Wirklichkeit ein krasser Eingriff in die Authentizität von Stunden und – im Hinblick auf die Lernatmosphäre – fast ein Segen. Wer alleine vor eine Klasse im Klassenzimmer steht, weiß das.

Hier in Kürze einige Erfahrungen und Erkenntnisse aus den ersten Woche.

  • Die Schüler sind wirklich nett. Im Klassenverband können sie aber gnadenlos sein. Meine bisherigen Methoden, Gruppen ruhig zu bekommen, funktionieren hier erstmals nicht so wie sonst. Normalerweise bringe ich große Gruppen zum Schweigen, in dem ich mich nach der Begrüßung hinstelle und so lange warte, bis alle ruhig sind. Gelegentlich muss ich eins, zwei Personen noch länger anschauen, bis sie merken, dass auch sie ruhig sein müssen. Nach zwei, drei Minuten sind wir aber in der Regel so weit, das wir beginnen können. Was mit 300 Studierenden im Hörsaal und mit 30 Schülern in der 2. Klasse klappt, muss aber noch lange nicht mit 20 Schülern in der 8. Klasse klappen.
  • Bislang bin ich auch immer mit ausschließlicher Freundlichkeit durchs Leben gekommen. Heute musste ich allerdings eine Maßnahme ergreifen, die mir überhaupt nicht liegt. Nachdem sich die Klasse nach mehrmaligem Ermahnen nicht beruhigt hat und mehr Quatsch als sonst was gemacht hat, habe ich sie die Computer aus machen lassen. Anschließend habe ich ihnen ein Bewerbungsanschreiben diktiert und die Diktate eingesammelt. Das ist „überhaupt nicht mein Stil“, aber ich habe keine andere Möglichkeit gesehen, den Schülern klar zu machen, dass ich möchte, dass sie konzentriert arbeiten. Vermutlich habe ich dabei auch noch „zu emotional“ reagiert. Auf jeden Fall bin ich gespannt, wie die Klasse sich beim nächsten Mal verhält.
  • Ich bin der einzige im Klassenzimmer, der die Unterrichtsplanung wahnsinnig gelungen findet. Enttäuschung darf ich nicht zulassen, wenn das außer mit niemand wirklich bemerkt oder gar respektiert. Es ist tägliches Handwerk, das verlangt wird, und nicht grandiose Glanzstunden, nach denen die „Zuschauer“ applaudieren. Dies wird mir auch dann besonders deutlich, wenn die Schüler mal eine Stunde lang einfach ihre Arbeit am Computer fertig machen. Kurzer Einstieg, dann lange Arbeitsphase, kurze Schlussrunde. Solche Stunden müssen auch sein. Im Tagespraktikum undenkbar – hier werden einzelne Stundenjuwele verlangt (was im Tagespraktikum auch durchaus seine Berechtigung hat!).
  • Manche Rechner funktionieren nicht. Auch die, die in der Stunde vorher noch funktioniert haben. Rechner und Benutzer haben zudem unterschiedliche Konfigurationen. Wenn Flash in der 10. Klasse läuft, bedeutet das nicht, dass Flash auch in der 9. Klasse läuft. Zumindest bei einem Teil der Schüler. Und das liegt nicht an der Lehrperson, die die Rechner betreut – sie ist grandios. Es ist einfach so.
  • Ich muss mir überlegen, wie ich mit „Hilfeanforderungen“ umgehen. Kaum höre ich ein „Herr Spannagel, können Sie mal kommen“, höre ich hinter meinem Rücken zwei weitere „Herr Spannagels“, und gleich von hinten rechts aus der Ecke wieder eins. Schüler helfen sich zwar auch gegenseitig, aber in manchen Stunden ist es wie verhext: 1000 Probleme, bei denen selbst ich strauchele. Und schon wieder zwei „Herr Spannagels“! Ich glaube, ich probiere mal die Meldekärtchen von Samuel Dinkel aus. Mir schweben so kleine geknickte Kärtchen vor, welche die Schüler auf die Monitore stellen können. Das könnte entspannter und – vor allem – ruhiger werden. Schüler stellen bei einem Problem das Kärtchen auf den Monitor und können so lange an einer anderen Stelle weiterarbeiten, bis ich komme. Das könnte vielleicht funktionieren.
  • Späße der Schüler sind vollkommen ok und müssen auch sein. Mittlerweile bekomm ich auch langsam raus, wie man sie produktiv wenden kann. „Herr Spannagel, wo muss ich schauen, wenn ich mich als Müllmann bewerben will?“ – „Müllmann? Nee, oder? Respekt! 😉 Ok, aber… jetzt mal im Ernst. Wofür interessierst du dich?“ Hat geklappt.
  • Jede Stunde ist anders, auch in derselben Klasse.

Insgesamt muss ich sagen: Fachdidaktische Fragestellungen sind bislang das kleinste Problem gewesen (ok, das kann ich auch recht gut, würde ich sagen). In den ersten Wochen war ich mehr mit der persönlichen Verarbeitung der durchaus unerwarteten Erfahrungen im Klassenzimmer beschäftigt. Ich bin zuversichtlich, dass ich in ein paar Monaten professioneller mit solchen Dingen umgehen werde. Der Weg ist aber weit.

Ich beginne mich zu verändern. Schulroutine ist ein wichtiger Baustein, der mir in meinem „Tagesgeschäft“ bislang gefehlt hat. Und ich bin ausgesprochen froh, dass ich jetzt die Möglichkeit habe und nutzen kann. Trotz – oder gerade wegen – der großen Anstrengungen, die das kostet. Ich muss ja nebenbei auch noch an der Hochschule lehren und forschen. 🙂 Grandios ist aber gerade diese Mischung: Mit Schülern, Studierenden und Wissenschaftlern arbeiten und in allen relevanten Feldern aktiv sein. Das ist mein Traumjob.

Kommentare
  1. Christian sagt:

    Hallo Namensvetter,

    ich finde es sinnvoll und mutig, dass Du Dich in die Schulsituation begibst und sie hier so offen reflektierst, aber das ist man ja mittlerweile von Dir gewohnt.

    Ich halte es für unerlässlich, dass alle die in der Didaktik tätig sind neben ihrer theoretischen Arbeit und der Lehrpraxis an der Uni auch immer weiter Erfahrungen in dem Feld, dass sie beforschen machen.

    >Grandios ist aber gerade diese Mischung: Mit Schülern, >Studierenden und Wissenschaftlern arbeiten und in allen >relevanten Feldern aktiv sein. Das ist mein Traumjob.

    Genauso sehe ich das auch. Viele tun es aber nicht. Es sollte geradezu die Pflicht eines Didaktikers sein auch in der Schule zu unterrichten. Nur wie kann man das den „alten Hasen“ verkaufen? Wenn ich mir die Schulerfahrung einiger Forscher in der Didaktik anschaue (ein Blick in die Lebensläufe zeigt das meist schonungslos) bin ich ehrlich gesagt erschrocken.

  2. Wirklich bewundernswert, was Du da machst ! Ich habe allergrößten Respekt vor dieser Leistung:Unterricht in der Schule, Lehre in der Hochschule und die Forschung. Bin gespannt auf die weitere Entwicklung. Vielleicht lassen sich ja hier endlich ernstzunehmende Ansätze finden, die Kluft zwischen Theorie und Praxis in unserem Arbeitsbereich zu überwinden. Ich wünsche Dir viel Erfolg bei Deiner weiteren Arbeit.
    Wolfgang

  3. lisarosa sagt:

    1. Ich finde es überhaupt ganz toll, dass Du freiwillig in die Niederungen der Praxisfront gestiegen bist, getreu dem Motto: Selbst Erfahrungen machen!
    2. Finde ich toll, dass Du hier so ungeschmickt von den Problemen berichtest. Manchmal trauen sich Lehrer gar nicht, Probleme im Unterricht überhaupt zuzugeben. Sowas gibt’s ja immer noch. Und dann veröffentlichen!
    3. Viele Probleme, die Du beschreibst, sind auf der „Tipps- und Tricks-Ebene“ behebbar und deren Vermeidung Bestandtteil von Lehrerroutinen.
    4. Nicht aber dieses hier:
    „… aber ich habe keine andere Möglichkeit gesehen, den Schülern klar zu machen, dass ich möchte, dass sie konzentriert arbeiten.“ Es ist gut, dass Du Dich ärgerst, weil Du Dich gezwungen siehst“, gegen Deinen Stil“ zu handeln. Vielleicht gibt es eine andere Lösung: Erwarte nicht, dass Schüler das tun, was Du von ihnen verlangst! Sie haben ihren eigenen Kopp! Und ihr Eigensinn ist die beste Lernressource. Frage sie lieber, warum sie sich nicht konzentrieren wollen/können – möglicherweise kannst Du dann ganz andere Lernmöglichkeiten mit ihnen zusammen wahrnehmen. Vielleicht könntest Du Dich auch schon bald von Deiner Realitätsvorstellung „Wenn sie nicht tun, was ich sage, hamses nur noch nicht verstanden“ und von der Rollenvorstellung: „Schüler müssen tun, was der Lehrer will“ ein wenig distanzieren? 😉

  4. Anntheres sagt:

    Hi, Christian!
    Ich finde es schon beeindruckend, dass Du Deine Erfahrungen und auch die dabei auftretenden Schwierigkeiten so offen zur Diskussion stellst. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass die Lehrenden an den Unis auch praktische Erfahrungen haben. Die Junglehrer sind doch nach dem Studium gar nicht darauf vorbereitet, was sie erwartet und sie persönlich ankratzt…
    Also ist es wichtig, dass man sie auch darauf vorbereitet.
    Vielleicht wäre auch mehr Psychologie notwendig, um Reaktionen der Jugendlichen besser interpretieren und ruhiger darauf reagieren zu können.
    Vieles ist sicherlich auch Erfahrung, wie Du selber sagst.
    Es gehört aber auch eine gehörige Portion Selbstbewußtsein dazu, eine wilde Klasse zu bändigen und mit dem Lehrstoff zu fesseln. Ich denke, dazu sind die wenigsten als Persönlichkeit in der Lage.
    Und Konzentration gehört nicht zu den Stärken der heutigen Schüler, dafür wird den Kindern von kleinauf
    zu viel geboten, was sie vom Eigentlichen ablenkt.
    Also für beide Seiten ein schwieriger Lernprozess.
    Ich wünsche Dir viel Erfolg und gute verwertbare
    Erfahrungen…

    LG Anntheres

  5. Eine gute Sache, dass Lehrende an einer Hochschule so so „an die Front“ begeben, denn dort gilt es immer einen Spagat zwischen Tagesgeschäft und didaktischen Juwelen zu finden.

    Schule ist ein System, dass nicht auf Dank oder Belohnung ausgelegt – nicht von Seiten der SchülerInnen und nur selten von Seiten der Leitung. Wenn alles richtig gut läuft, passiert gar nichts, wenn nichts läuft, gibt es insgesamt recht schnell Beschwerden.

    Interessant finde ich den Aspekt mit derm Ruhe im Klassenraum. Auch mein Verfahren ist das Aushalten bis zum Ende, wobei ich den SchülerInnen von Beginn an verdeutliche, dass ich nicht so sehr am Füllen von Unterrichtszeit statt an dem Entwickeln bestimmter Arbeitsschritte interessiert bin. Meine SchülerInnen haben recht schnell verstanden, dass es ihre Zeit ist, die sie da vergeuden.

    Die Problematik der technischen Dinge kenne ich selbst aus dem EDV-Unterricht. Dazu kommt absolut technisches Neuland für die SchülerInnen, da sie bei mir ein Wiki (http://wiki.mykas.net) bearbeiten dürfen. Ich muss ich selbst immer wieder zurückhalten und nicht sofort zu jedem Hilferufe gehen. Ein wenig „zappeln lassen“ motiviert im Zweifel zur Selbsthilfe – und das dauerhaft.

    Weiterhin viel Erfolg bei diesen Praxiserfahrungen!

    Es grüßt aus Frankfurt am Main

    Philipp Budde

  6. Werner Schnierer sagt:

    Lieber Christian,
    deine Analyse in der Einleitung ist absolut treffend.
    Zu den einzelnen Punkten fällt mir als Praktiker nur ganz allgemein Folgendes ein.
    Alle deine bisherigen Methoden zur Disziplinierung (Warten, Freundlichkeit, etc.) können auch weiterhin funktionieren (bzw. widersprechen deinem geschilderten Vorgehen nicht), wenn du
    a) einfach mehr Zeit mit den Schülern verbringst (Stichwort: Klassenlehrer), sie dich und du sie besser kennen lernst.
    b) authentisch bleibst.
    c) absolut konsequent bist.

    „Without discipline you gain nothing“ sagt der Choreograph Royston Maldoom im Film „Rhythm is it“ und er hat recht. Je nachdem wie gut du die genannten Punkte umsetzen kannst, stellt sich der Erfolg ein und bildet die Grundlage für Lernerfolge. Kann aber u.U. auch Monate oder Jahre dauern!!! 🙂

    Wenn du zudem noch generell gerne mit Jugendlichen zusammen arbeitest, dann kann absolut nichts mehr schief gehen. :-):-):-)

    Ansonsten schließe ich mich den Kommentatoren „vor “ mir an – meine Hochachtung!
    Werner

  7. mons7 sagt:

    Zunächst einmal…

    …. musste ich herzlich lachen, über Deinen Eintrag. Weil er so… REAL ist. Mitten aus dem Leben. DAS LEBEN.

    Die Idee mit dem Diktat schreiben lassen finde ich durchaus… genial. (Wo hast Du die so schnell hergenommen?)

    Sie erinnert mich an ein Erlebnis mit einem meiner Ex-Chefs:

    Ich (frustriert) denkend: Immer muss ich die Sachbearbeitung machen und die Entscheidungen treffen. Und wer bekommt „die Kohle“ dafür? Cheffe!

    Cheffe: Na gut… dann…. „Fräulein mons7, zum Diktat, bitte“

  8. Bruce Spear sagt:

    Hi Christian! Thanks for the report. I’m glad to see that you are „troping towards the fact“ as we used to say at UC. I like especially the story of the non-functioning computers. In my second class with a group of graduate students today in business there were all manner of catastrophes, laptops parboiled from spilled Coke cans, reports of homework hours spent barking up trees. I’m pleased to report all were Happy Campers by the end. It all reminded me of a fine little piece of advice Doc Edgerton once gave me when I went to borrow a densitometer (it was 1975, at MIT, where he had a veritable Santa’s Workshop of such things that he loaned even to lowly technical assistants such as myself): „I made cameras for Jacques Cousteau,“ (much play with the French accent by this midwestern farmer, working for $1 per year, and still talking like one),“ and we always built three of them: the first one you always lost at the bottom of the sea, and the second you needed for parts, to keep the third one going.“ So, keep up with „Plan B“, and „Plan C“, and at the same time, heaven forbid: don’t over-prepare for class either, because then you’ll put at risk your spontaneity! Enjoy! Bruce

  9. Beatrice Winkler sagt:

    „Die Schüler sind wirklich nett.“ = du gehst mit der richtigen einstellung ran.
    „Im Klassenverband können sie aber gnadenlos sein.“ = schnelle erkenntnis 😉
    „Bislang bin ich auch immer mit ausschließlicher Freundlichkeit durchs Leben gekommen.“ – dann bleib weiterhin dabei. stichwort: heitere gelassenheit 🙂 schließlich willst du ja authentisch bleiben.
    „Vermutlich habe ich dabei auch noch „zu emotional“ reagiert.“ zu emotional geht gar nicht. die schüler lassen sich nur von menschen beeindrucken. und menschen dürfen/sollen auch mal emotional reagieren.
    in summe: ein wunderbarer bericht – so voller leben.

    und im übrigen hast du recht: nur die kombination von wissenschaft und praxis ermöglicht brauchbare ergebnisse. gratuliere zu deiner entscheidung und danke für das teilnehmen-lassen.

    lg vom bodensee,
    beatrice

  10. Michael sagt:

    Ein toller Bericht, den ich aus meiner bisher kurzen Erfahrung heraus (Vertretungsweise Englisch, 7. Klasse Gymnasium, halbes Schuljahr) voll bestätigen kann. Ich möchte das nicht missen 😉

    LG,
    Michael

  11. rip sagt:

    Prima! Sehr gut, dass du dich in die Schulpraxis wagst, und danke für den Bericht!
    Wie du richtig schreibst, besteht ein großer Unterschied zwischen Schaustunden und dem Schulalltag – oder besser gesagt: Es gibt auch im Schulalltag Glanzstunden, die einfach rundum gelingen – weil das Thema die Schüler fasziniert, weil die Schüler die Lehrkraft mit plötzlichen Erkenntnissen und ihrem Engagement faszinieren und weil die Lehrkraft merkt, dass alle am Schluss der Stunde froh sind über diesen beglückenden Wissens- und Erkenntniszuwachs. Das gibt es – aber solche Glücksstunden sind nicht die Regel.
    Zu Bruce’s Warnung vor „overpreparation“: Es schadet prinzipiell nicht, mehr vorbereitet zu haben, als man bis zum Ende der Stunde bewältigt. Man muss sich nur die Spontanität und Souveränität bewahren, irgendwo in der Mitte sagen zu können: Okay, dieses Element ging nicht so glatt, wie ich dachte – das muss noch einmal erklärt/geübt werden, oder die Schüler müssen selbst versuchen zu formulieren, wo es mit dem Verständnis hapert (und evtl. selbst eine Lösung zu diesem Problem finden). Dann kann ich eben mit dem weiteren neuen Element heute nicht mehr anfangen und muss damit bis zur nächsten Stunde warten.
    Und als letztes: Es macht nochmal einen Unterschied (in mehrerer Hinsicht), ob man einen Tag oder fünf Tage pro Woche im Klassenzimmer steht. – Dass das bei dir nicht geht, weil du ja hauptsächlich in der Uni aktiv bist, ist mir klar. Nur zum Im-Hinterkopf-Behalten 😉

    Weiter viel Erfolg beim Unterrichten!

  12. Niederfuchs sagt:

    Toll, dass du Dir treu bleibst – in deinem Konzept der Transparenz. Ich glaube, dass es unheimlich wichtig ist, dass Lehrer anfangen miteinander über Ihre Stundenveräufe mit allen Höhen und Tiefen zu reden – zum einen um sich Luft zu verschaffen, zum anderen auch um Rückmeldung und falls nötig Anteilnahme/Unterstützung zu erhalten. Klingt blöd – aber lange nicht jeder Lehrer legt die Dinge so offen auf den Tisch – obschon es Ihnen gut täte…

    LG

    Sönke

  13. cspannagel sagt:

    Hallo zusammen,

    vielen Dank für eure tollen Kommentare! Ich werde so bald wie möglich auf alle reagieren, ich bin nur gerade auf dem Sprung. Vielleicht nur kurz zu Lisa Rosas Kommentar: „Ich finde es überhaupt ganz toll, dass Du freiwillig in die Niederungen der Praxisfront gestiegen bist“. Hier muss ich, denke ich, richtig stellen, dass das Nachholen der Schulpraxis eine Auflage war, die mit meiner beruflichen Veränderung zu tun hat. Daher passt „freiwillig“ zunächst nur bedingt. Allerdings trifft es trotzdem den Kern: Ich wollte schon, bevor mein beruflicher Wechsel an stand, freiwillig in die Schule gehen, habe es nur nicht getan, weil ich eben um den eventuellen Wechsel wusste und nicht an einer Schule beginnen und unter Umständen gleich wieder dort aufhören wollte. Insofern kommt mir die „Verpflichtung“, an einer Schule zu unterrichten, gerade recht. Darüber hinaus habe ich mich selbst verpflichtet, das auch über das notwendige Maß hinaus weiterhin zu machen – wenn es nach mir geht, bis zur Pensionierung (ganz nach JPMs Vorbild). Und zwar genau aus dem Grund, den ich bereits beschrieben hatte: Ich möchte in meiner weiteren beruflichen Laufbahn den direkten Kontakt zu Schülern und Schule behalten. Insofern lasse ich trotzdem das „freiwillig“ gelten und verstehe die momentane Situation als Gelegenheit, die meinen Wunsch nach Unterricht besonders begünstigt. 🙂

  14. Hokey sagt:

    Was bleibt einem späten Kommentator noch zu sagen? Daumen hoch! Mach‘ weiter so!

    Bislang bin ich auch immer mit ausschließlicher Freundlichkeit durchs Leben gekommen. Heute musste ich allerdings eine Maßnahme ergreifen, die mir überhaupt nicht liegt.

    Das kenne ich nur zu gut. Lisas Einwand hat durchaus seine Berechtigung – nur das bei einem Verband von über zwanzig Schülern umzusetzen ist nun auch nicht immer ohne Weiteres möglich.

  15. Herr Rau sagt:

    Schließe mich allen an und wünsche weiter spannende Erfahrungen!

  16. ekirlu sagt:

    Hallo Christian,

    aus Studentensicht tut es gut zu sehen, dass es Dir kein Stück anders geht als uns (z.B. im Blockpraktikum).

    Alles was ich sonst noch sagen könnte, steht bereits in den Kommentaren.

    Ganz lieben Gruß und viel Erfolg
    Ulrike

  17. Rebecca sagt:

    Danke, Danke, Danke!!!
    Vielen Dank für deinen ehrlichen Bericht. Es ist sehr erleichternd festzustellen dass auch Dozenten mitunter Schwierigkeiten haben.
    Viel Spaß weiterhin
    Gruß Rebecca

  18. Jan Vanvinkenroye sagt:

    Hallo Christian,

    ich fand deine Art öffentlich über Dinge zu bereichten sehr klasse. Beim Kontakt mit Lehrern habe ich oft mitbekommen, das sie entweder den starken Mann ( oder die Starke Frau ) markieren oder wenn etwas kritisch ist eher ins jammern geraten.

    So konstruktiv zu schreiben sollte wirklich Schule machen.

    Die Erfahrung deckt sich auch mit meinem in der Berufsvorbereitung, dass eine gute Didaktische Planung zwar sehr hilfreich aber nicht im Tagesgeschäft auch nicht allein ausreichend erscheint.

    Der Job an sich ist höllenschwer und ich kann mir wenige Sachen vorstellen, wo man so schnell unterschiedlich reagieren muss.

    Besonders wenn die Rahmenbedinungen nicht so ideal sind. (Grosse Klasse, kaputte Computer). Sowas taucht glaube ich in der Didaktik zu selten auf, da man eher vom idealzustand ausgeht.

    Viel Erfolg und Lieben Gruss

    Jan

  19. Jens sagt:

    Hallo Herr Spannagel!

    Auch mal wieder ein Lebenszeichen von mir…
    Schön von Ihren Erfahrungen zu hören. Mir geht es gerade ähnlich wie Ihnen…
    Da hilft nur probieren und Erfahrungen sammeln. Jeder „Fehler“ bringt einen auch wieder etwas weiter.
    Ich muss meinem Vorredner beipflichten. Der Beruf ist wirklich höllenschwer und man muss schnell unterschiedlich reagieren.

    Ich habe gerade sogar gehört, dass der Lehrerberuf der Beruf ist, der auf Rang zwei liegt, wenn es um die tägliche Frequenz geht Entscheidungen zu treffen (Soll ich ermahnen, wenn soll ich aufrufen,…)

    Aber der Beruf hat sicher auch seine schönen seiten und kann mitunter einer der schönsten berufe der Welt sein!

    Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Glück, Erfolg und wunderbare Erfahrungen mit ihren Schülern.

    Schöne Grüße

    Jens Mesam

  20. cspannagel sagt:

    @Christian Genau erschrocken habe ich bislang auf meinen eigenen Lebenslauf geblickt. 😉

    @Wolfgang Ich bin auch gespannt, welche Interaktionen sich zwischen diesen drei Bereichen (Schule, Hochschullehre, Forschung) für mich ergeben. Das ist total spannend!

    @Lisa Ich lasse den Schülern meiner Ansicht nach schon zahlreiche Freiräume, in denen sie Entscheidungsspielraum haben. Ich denke aber auch, dass Schüler zu einem gewissen Grade das tun müssen, was ich von Ihnen verlange. Schließlich möchte ich bestimmte Elemente des Bildungsplans umsetzen. Aber da sind wir wieder in der Systemdiskussion. 😉

    @Anntheres Genau. Ich bin dankbar (und werde das in Zukunft noch viel mehr sein), aus reichhaltiger eigener Schulerfahrung in meinen Lehrveranstaltungen berichten zu können. Ein gutes Gefühl!

    @Philipp Das mit dem „Zappeln“ lassen ist ein guter Ansatz. Vielleicht helfen dabei die Dinkelschen Kärtchen. In der „Wartezeit“ kommen die Schüler vielleicht selbst auf die Lösung.

    @Werner Ich würde auch gerne mehr Zeit mit den Schülern verbringen („Klassenlehrer“), aber das ist leider vom Aufwand her nicht möglich. Ich kann an einem Vormittag an der Schule sein, mehr Spielraum hab ich nicht. Das sehe ich aber auch als tatsächliches Problem.

    @mons7 Die Idee hatte ich mir vorher überlegt. Genial finde ich sie aber nicht…

    @Bruce Passend finde ich einen Kommentar eines Studenten zur Unterrichtsvorbereitung (sinngemäß): „Ich habe oft genug meine Vorbereitung über Bord geworfen. Dennoch habe ich gelernt, dass vorbereiteter Unterricht besser ist als unvorbereiteter.“

    @Beatrice Emotional reagieren ist ok. Dennoch kann man meines Erachtens „zu“ emotional reagieren.

    @Michael Machst du das in Zukunft weiter?

    @rip Mir ist vollkommen klar, dass eine 5-Tage-Woche in der Schule nochmal was anderes ist. Ich habe auch höchsten Respekt davor.

    @Niederfuchs Genau das merke ich auch: Mir tut es gut, hier darüber zu schreiben und von euch Rückmeldungen/Tipps/… zu erhalten. Das kann ich jedem nur empfehlen!

    @Hokey Danke – Dein Kommentar zeigt mir, dass ich nicht alleine mit diesem Problem da stehe. (Was mir eigentlich schon klar ist, aber es tut trotzdem gut, das schwarz auf weiß zu sehen)

    @Herr Rau Vielen Dank!

    @ekirlu @rebecca In gewisser Weise mache ich das hier auch für euch (Studenten). Ich möchte Beispiele dafür geben, wie man produktiv mit seinen eigenen Unterrichtsreflexionen umgeht. Insofern werden mir auch dieser und weitere Blogbeiträge als Beispiel in Vorlesungen dienen (zum Umgang mit eigenen Fehlern).

    @jan „So konstruktiv zu schreiben sollte wirklich Schule machen.“ – Mir kommt gerade beim Lesen deines Beitrags (und der vorherigen) der Gedanke, dass ich im Tagespraktikum Weblogs einsetzen könnte – die Studierenden sollen dort ihre Unterrichtsreflexionen posten. Muss ich nochmal drüber nachdenken…

    @Jens Da sitzen wir beide jetzt wohl im selben Boot. 😉 Ich freu mich auf unseren weiteren gemeinsamen Austausch!

  21. Uli sagt:

    … kleine Metapher zur Diskussion „Wert/Bedeutung/Relevanz von didaktischer Unterrichtsplanung“:

    „Alles planen zu wollen, ist, wie wenn man meint, ein Fahrrad werde noch sicherer fahren, wenn man die Lenkstange festklemmt. Soweit so gut. Doch ich ergänze: Nicht planen zu wollen, ist, wie wenn man meint, ein Fahrrad werde schon selbst den richtigen Weg finden, es brauche also keinen Lenker.“

    (zugesprochen Carl Friedrich von Weizäcker; gefunden in: Alsheimer/Müller/Papenkort (1996): Spielend Kurse planen. Die Methodenkartothek (nicht nur) für die Erwachsenenbildung. Lexika-Verlag: München. S. 19)

  22. mons7 sagt:

    @Diktatschreiben lassen als „geniale“ Idee…
    … oder lass mich mich präziser ausdrücken. Sie ist für mich deshalb genial, weil bisher in Deinem „Repertoire“ nicht enthalten und sie somit eine (selbständig generierte) Erweiterung Deiner Handlungsmöglichkeiten darstellt.

    Wir dürften über die Fortsetzung/ die Folgen dieser „Aktion“ erfahren?

  23. ixsi sagt:

    Genau die Art von Erfahrung, die du gerade erhältst, fehlt oft den Dozenten an der Uni und führt dann zum bekannten Praxisschock vieler Referendare. In den Uni-Seminararbeiten werden dann Stunden geplant, für die ein Lehrer tatsächlich eine Woche benötigt, und der Dozent hält die Stunde auch für durchführbar! Hinzu kommt die Planung vom Idealfall „Die Technik funktioniert.“ und „Die Schüler sind immer brav.“ Du hast dagegen sogesehen genau das erlebt, was eigentlich jeder Lehrer durchmacht, aber die didaktische Forschung gerne ausblendet.
    Ich bin gespannt, wie du Forschung und Unterricht weiterentwickeln wirst.

  24. scheppler sagt:

    Lieber spät als nie: Super, Du wirst verändert und anders Deinen Lehramtsstudenten gegenübertreten und diese werden noch mehr von Dir profitieren können.

    Ich denke, das meiste wurde bereits gesagt. Meine Bite wäre noch: Könnte man die Einleitung bis zum Beginn der Aufzählung mal als Massenmail an alle Lehramtsausbilder in Deutschland schicken?

    Viel Erfolg, viel Ruhe aber vor allem viel Spaß wünscht…
    René

  25. deutschkunterbund sagt:

    Hi Christian,

    ich habe mit großem Interesse deinen Beitrag gelesen. Mir schien einfach, dass die Vergangenheit zurück kommt:-) Ich arbeitete als Dozentin, als ich in einer Oberschule zu unterrichten begann.
    Und das waren zwei ganz verschiedene Welten, eine echte Herausforderung für mich. Ich hatte ähnliche Probleme wie du, da zu den üblichen noch erzieherische kamen. Aber das gehört zu dem ganzen Lernprozess und es ist toll zu beobachten, wie sich Jugendliche innerhalb von ein paar Jahren entwickeln.
    Und du kannst mir glauben, beide Seiten, du und deine Schüler profitieren nur davon. Es war eine tolle Entscheidung von dir, und ich drücke dir die Daumen!
    Ela

    PS. Danke für den Tipp mit Meldekärtchen- bei dem Stationenlernen gibt es Ähnliches: sog. SOS-Kärtchen, die Idee mit den grünen kannte ich aber nicht.
    Beim Korrigieren von Arbeiten gebrauche ich dagegen 2 Farben- Rot bei den Fehlern, die die Schüler nicht begehen sollten (weil wir den entsprechenden Lernstoff schon gemacht haben) Grün – bei den Fehlern, die sich daraus ergeben, dass wir z.B. die angewandten Konstruktionen/ oder grammatische Probleme noch nicht hatten. Und die beeinflussen die Note nicht, weil sich dann keiner trauen würde, mehr autonom zu sein und eigene, neue sprachliche Konstruktionen zu bilden.
    Viel Erfolg!

  26. Oliver Tacke sagt:

    @Ixsi
    Im Software-Engineering hat man uns eine nützliche Faustformel beigebracht: Wenn man keine Erfahrung beim Erstellen von Software hat, nehme man den geschätzten Zeitaufwand mal Pi. Pi deshalb, weil der Faktor drei ungefähr hinkommt – und weil die Nachkommastellen dem Audtraggeber eine komplizierte Berechnung suggerieren 😉 Vielleicht ist das hier ja auch anwendbar…

  27. […] der offenen Wissenschaft. Diese lebt er in einer bewundernswerten Weise. Ob er von seinen Versuchen im Unterricht erzählt oder Videos von interessanten Gesprächsrunden […]

  28. Willkommen in der Unterrichtsrealität – fernab von Expeditionserlebnissen, Unterrichtsproben, -besuchen und Entwürfen entspannt sich ein Erlebnisfeld der ganz anderen Art, auf dem ich Dir – neben dem erforderlichen Glück – Ausdauer, eine hohe Frusttoleranz, Vergebungsbereitschaft und bei allem die antreibende Freude wünsche, die auch ich bisweilen dabei, danach und davor verspüre… – Neben den sehr guten Empfehlungen (v.a. von Werner Schnierer) vielleicht noch ein Hinweis, der so banal klingt wie er nur kann, der mir jedoch entscheidende Entwicklungsschritte ermöglichte: „Let them do what they can do!“

  29. Dina Ohrnberger sagt:

    Hallo Herr Spannagel,
    versuchen Sie mal die Support-Schleife nach Hartmann, Näf und Reichert als Möglichkeit die vielen Fragen (meistens gleichzeitig) der Schüler zu bewältigen. Zumindest wird uns das gerade am Seminar in LB gelehrt. Als weitere Möglichkeit gibt es noch ein Mentorensystem (kurz gefasst: schnelle Schüler werden zu Experten, die den Lehrer unterstützen).
    Bei meiner einen 6.Klasse funktioniert das sehr gut, die anderen müssen noch üben :).
    Viel Spaß weiterhin!

    Grüße aus dem Referendariat,
    Dina Ohrnberger

  30. cspannagel sagt:

    @Uli Vielen Dank für die Metapher mit dem Fahrradlenker – ein schönes Bild!

    @Jean-Pol @René @Ela @Matthias Danke auch für eure netten Kommentare und Tipps!

    @Oliver Ich werd dein mathematisches Modell mal validieren. 🙂

    @Dina Vielen herzlichen Dank für den Tipp mit der Supportschleife! Das schau ich mir mal an… Und das mit dem Mentorensystem probier ich auch mal aus. Das kann man ja vermutlich auch einfach mal spontan einrichen? (Diejenigen, die fertig sind, helfen den anderen)

  31. Hi Christian!

    Ich finde es klasse, dass Du jetzt auch regelmäßig in der Schule unterrichtest und darüber so offen berichtest.
    Ich find es irgendwie „beruhigend“, dass Du auch so Deine Problemchen im Unterricht hast. Alles andere hätte mich auch sehr frustriert :-).
    Insbesondere kenne ich auch das Gefühl nach einer für mich sehr gelungenen Stunde von den Schülerinnen und Schülern hören zu wollen „Boah, das war aber toll heute!“. Allerdings reagieren die meist nicht anders, als nach einer „normalen“ Stunde :-). Wenn man dann aber ein Jahr später im Unterricht nochmal zufällig auf das Thema zu sprechen kommt und von den Schülerinnen und Schülern gesagt wird „Ach ja, an die Stunde kann ich mich noch gut erinnern.“, kann das schon sehr gut tun. Also, warte mal ab :-).
    Dir weiterhin viel Erfolg!

    Viele Grüße

    Nils

    P.S.: Du schreibst was von Deiner „beruflicher Veränderung“. Wie wird diese denn aussehen?

  32. @Nils Mich beruhigt auch enorm, dass es dir nicht anders geht! ;-))

    Zur beruflichen Veränderung: Ich habe an die PH Heidelberg gewechselt…

  33. Hallo Christian,

    erstmal toll, dass du deine Erfahrungen so offen preis gibst und ich sehe es wie René Scheppler:

    Ich werde den Blogpost erstmal speichern und allen Lehramtsstudenten, die ich kenne, weiterempfehlen.

    Außerdem ein großes Lob, dass du trotz der Forschung und Lehre an der Uni, an der Schule lehrst. Ich sehe es wie alle anderen hier auch: Das sollte verpflichtend für alle Didaktiker an Unis, PHs etc. sein.

    Ich wünsche dir viel Spaß in deinem „neuen“ (Berufs-)Leben und hoffe, dass du weiterhin hier so toll, offen und ehrlich berichtest.

    Meine Hochachtung!

  34. herr larbig sagt:

    Tja, lieber Christian,
    that is reality 🙂

    Und wenn von 30 nur fünf gleichzeitig was wollen, beginnt das Classroom-Management. Und dennoch dran bleiben, anerkennen, dass nicht jede Stunde ein expeditierbares Highlight ist. Sehr gut so.

    Gespannt, wie es dir in der Schule weiter ergehen und wie sich das auf deine Lehre auswirken wird.

    Torsten

  35. ThS sagt:

    Jupp, solche Berichte suche ich. Wenn ich nächste Woche mit meinem Referendariat anfange, möchte ich in Deine Fußstapfen treten und ebenfalls über Eindrücke berichten. Es ist doch großartig über Blogs sich zu vernetzen. Mein Wunsch wäre es, wenn ich 80% Unterstützung aus der Schule bekomme und 20% von außerhalb. Ich glaube das ist eine gut Mischung. So stelle ich mir Vernetzung und Kommunikation vor.

    Gruß
    von noch einen
    Thorsten

  36. Wünsche für das Referendariat…

    Der Coutdown läuft, am Freitag ist Kick Off Meeting (so würde man die Veranstaltung in der freien Wirtschaft benennen), um 9:00 Uhr am Lehrerseminar Oldenburg. Da kamen zwei Ausgaben der Zeitschrift PÄDAGOGIK genau zum richtigen Zeitpunkt.
    und

    ……

  37. Christian,
    das von dir angesprochene – oft problematische – Classroom-Management verweist auf das wohl größte Problem des (deutschen) Systems Schule: Warum sollten 20-30 Schüler, in der Klasse zwangsverbunden, Interesse haben an dem, was die Lehrperson Ihnen vermitteln will/soll?
    „Menschen sind lernfähig – aber unbelehrbar“ (Andreas Müller)
    Folgt man dem konstruktivistischen Lernbegriff, so ist Lehren unmöglich, Lernen aber sehr wohl möglich. Auch Jean Pol Martins Lernen durch Lehren setzt zuallererst an der (Eigen-)Motivation der Schüler an. Ohne diese Motivation ist Lehren und auch Classroom-Management nicht möglich.
    Glücklicherweise ist die menschliche Grundhaltung die der Neugierde – das Gehirn will lernen, es kann ja nichts anderes (Spitzer). Fehlt in einem Menschen die Motivation, so weil sie aktiv verhindert wird, z.B. durch eine akute Gefährdung. Salopp gesprochen: das alte genetische Programm „Säbelzahntiger von links -> Rennen nach rechts“ hat absoluten Vorrang vor jedem Lerninteresse. Die Maslowsche Bedürfnispyramide (http://de.wikipedia.org/wiki/Maslowsche_Bedürfnispyramide) zeigt deutlich auf, was alles in einer Situation erfüllt sein muss, damit der Mensch sich mit Lernen beschäftigen kann.
    Der Fokus des Lehrenden auf die notwendige Sicherheit in der Lernsituation ist die conditio sine qua non für erfolgreiche Lernprozesse. Die Sicherheit ist nicht alles, aber ohne sie ist alles nichts.
    Ein Blick auf die Situation einer ersten Vorlesung: Mit Sicherheit sitzen die Studenten in Clustern von Bekannten, und wenn der Saal groß genug ist, sind die ersten Reihen weitgehend frei. Warum? Suche nach Sicherheit in einer unbekannten, nicht 100% einschätzbaren Situation. Die Bekannten bieten Vertrautheit(=Sicherheit), der Dozent: nicht.
    Joachim Bauer (Uni Freiburg) stellt die Bedeutung der ursprünglichen Spiegelung für die Entstehung von Motivation heraus: „Keine Motivation ohne Spiegelung“. Dies entspricht der alten pädagogischen Erkenntnis „Keine Bildung ohne Bindung“. Im Primarschulbereich ist diese notwendige, weil Sicherheit konstruierende, Bindung in erster Linie die Bindung an die Lehrperson. (Auch deswegen bekommen Grundschullehrerinnen so häufig von den Kindern die Produkte ihrer Arbeiten geschenkt!). In der Sekundarschule und später geht diese Bindung dann immer mehr in Richtung Peer-Group, dennoch bleibt für die Akzeptanz der Lehrperson deren Fähigkeit, Sicherheit für die Lernenden zu konstruieren, entscheidend. („We don’t care how much you know as long we don’t know how much you care…“)
    Die Ingredienzien für die Entwicklung einer sicheren Lernsituation sind immer die gleichen: Authentizität des Lehrenden, ein für alle erkenn- und spürbares Klima des Respekts, der Anerkennung und des persönlichen Interesses am Anderen, klare Möglichkeit aller Beteiligten, den Fortgang und Ausgang der Lernsituation durch das eigene Verhalten mit zu steuern. („Niemand will eine Marionette sein.“)
    Nach meinen Erfahrungen ist der auf den Schultern der Lehrperson lastende Bildungsplan für erfolgreiche Lernsituationen in keiner Weise hilfreich – er erhöht nur den Druck auf den Lehrenden und verringert damit die Chance, dass dieser kreativ Wege findet, den Lernenden Motivation und damit Lernen überhaupt erst zu ermöglichen. Um ein Ermöglicher (Facilitator) sein zu können, muss ich zuerst verstanden haben, dass ich niemand anderen motivieren kann, es gibt nur Selbst-Motivation. Schüler sind entweder motiviert durch ein Problem, ein Rätsel, „die Sache“, oder motiviert durch eine persönliche Bindung, z.B. weil sie dem Lehrer trauen, ihn einfach mögen etc.
    Lernen durch Lehren funktioniert, sobald die grundlegende Bedingung der „sicheren Lernumgebung“ erfüllt ist und die Lernenden nicht mehr in ihrem natürlichen Motivationspotential nicht mehr gehemmt sind. Wo immer diese Grundbedingung – auch nur zeitweilig – gestört/nicht erfüllt ist, hat diese Sörung Vorrang vor jedem Versuch, mit der „Unterrichtung“ fortzufahren.
    Das Kooperative Lernen nach Green hat sich sehr ausführlich mit diesen Überlegungen und den Konsequenzen für die Gestaltung von Lernprozessen auf allen Ebenen/Stufen beschäftigt.
    … to be continued

  38. cspannagel sagt:

    @Peter Wow. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

    Obwohl… doch, eine Kleinigkeit: Das Lehren unmöglich ist, halte ich für eine Fehlinterpretation des Konstruktivismus. Natürlich ist lehren möglich – es bekommt nur einen anderen Schwerpunkt: Lernumgebungen gestalten, unterstützen, Hilfe anbieten, … All das würde ich auch unter „lehren“ verstehen. Und selbst wenn eine Lehrperson mal einen Vortrag hält, widerspricht das nicht den konstruktivistischen Annahmen. Auch aus diesen Infos konstruieren Lernende ihr persönliches Verständnis des Gesagten.

    Das soll jetzt aber nicht den Wert deines Beitrags schmälern. Ich finde ihn großartig.

  39. Peter Blomert sagt:

    Christian,
    sofort d’accord. Besser wäre die Formulierung „Belehrung ist unmöglich“ gewesen. Natürlich kann auch ein Vortrag Lernen induzieren. Ich persönlich liebe Lehrervorträge! 😉
    Sie gewinnen allerdings ihre lehrende Kraft erst in dem Maße, in dem der Lehrende den Lernenden Gelegenheit gibt, das Gehörte in der aktiven Auseinandersetzung, im engagierten Austausch mit den Mitlernenden vielfältig mit der eigenen inneren Weltkonstruktion zu verbinden. Kooperation ist so ein essentieller Part der Konstruktion, die wir Lernen nennen.

  40. cspannagel sagt:

    OK, ich jetzt stimme ich dir vollkommen zu. 😉

  41. deutschkunterbund sagt:

    Hi Christian,

    ich lese momentan ein Buch, das ich vor einigen Jahren schon mal gelesen habe. Das habe ich auf Polnisch, aber der Verfasser ist Deutscher, und schreibt interessante Sachen zum Problem der Disziplin in der Schule.

    Der Originaltitel ist „Störungen in der Schulklasse“, der Verfasser heißt Hans-Peter Nolting.

    Im Netz kannst du viele Rezensionen finden, heute habe ich u.a. den Link gefunden http://www.aktion-humane-schule.de/Rez-Nolting.pdf.
    Das Büchlein kann ich ganz gut empfehlen.
    Ela

  42. Liebe Ela,

    vielen herzlichen Dank für den Tipp! Solche Hinweise sind immer super!! 🙂

  43. […] 10 Fragen gleichzeitig, und ich bin von Schüler zu Schüler gehechtet. Da half es auch nichts, die Dinkelschen Kärtchen zu verwenden und den Schülern zu sagen, dass sie zunächst mal ihren Nachbarn fragen sollen. Hier […]

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