Mit ‘convertible’ getaggte Beiträge

Classroom Presenter in Geometrieübungen

Veröffentlicht: Freitag, Juli 23, 2010 in Gastbeitrag, Geometrie, Hochschuldidaktik
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*m.g.* hat mich auf die Idee gebracht, dass Studierende, die bei mir/uns eine wissenschaftliche Hausarbeit schreiben, relativ am Anfang ihrer Arbeit einen Gastbeitrag in meinem Weblog veröffentlichen können.  Dies ermöglicht es ihnen, recht früh im Entstehungsprozess ihrer Qualifikationsarbeit Rückmeldungen von außen – d.h. von euch – zu bekommen. Ich finde, das ist eine grandiose Idee, und ich werde das in Zukunft allen Studierenden anbieten. Hier ist gleich ein erster Beitrag von Georg Feidenheimer und Simon Knoblauch. Sie setzen im Rahmen einer Geometrie-Veranstaltung, in der wir auch das Geowiki verwenden, ein System ein, das es ermöglicht, studentische Lösungen aus Aktivitätsphasen anynom nach vorne an den Dozentenrechner zu holen und dann bestimmte Lösungen (z.B. solche mit typischen Fehlern) zu präsentieren und gemeinsam zu besprechen. Bitte schön, Herr Feidenheimer und Herr Knoblauch, Sie haben das Wort:

Schule der Zukunft

Jeder Schüler hat einen Bildschirm vor sich auf dem Tisch liegen und bearbeitet die Aufgaben, die der Lehrer vorher über das Netz verteilt hat. Hat jemand eine Frage, so muss er sich nicht mehr bemühen die Aufmerksamkeit des Lehrers durch Heben des Zeigefingers auf sich zu lenken, sondern schreibt diese einfach auf und schickt sie ihm über das Netz zu. Im Zeitalter unserer „Schule der Zukunft“ haben die Schüler also die Möglichkeit anonym Fragen zu stellen, ohne sich vor den Reaktionen der Mitschüler und Lehrer fürchten zu müssen. Sie können sich also mitteilen, ohne Angst zu haben, dass sie jederzeit ausgelacht werden könnten. Außerdem herrscht in der „Schule der Zukunft“ kein Papierchaos mehr, denn mit einem „Klick“ verschickt der Lehrer die Aufgaben digital an seine Schüler. Die Schüler schicken die Lösungen zurück. Jeder kann sich alles auf einem Speichermedium sichern, mit nach Hause nehmen, damit lernen, Aufgaben bearbeiten oder, wer mag, auch einfach ausdrucken und abheften.

Uni der Zukunft

Ebenso könnten Vorlesungen, Seminare und Übungen in der Zukunft aussehen. Studenten trauen sich meist nicht zu fragen oder zu kritisieren. In der Zukunft können sie dies alles anonym tun. Keiner weiß, wer die Frage stellt. Der Dozent kann hier kleine Aufgaben in die Vorlesung einbinden, die von den Studenten bearbeitet und anonym an ihn zurück geschickt werden. Jetzt hat er die Möglichkeit, sich die Lösung herauszusuchen, welche er am geeignetsten für den weiteren Verlauf der Veranstaltung hält. Von außen betrachtet könnte man solch eine Veranstaltung mit einem riesigen Gehirn vergleichen. Ein „Instructor“ (Lehrer, Dozent) entscheidet dabei, welcher (Hirn)impuls wichtig ist und genau diesen gibt er dann zur Diskussion frei. Ebenso, wie in der Schule der Zukunft, kann hier natürlich auch alles abgespeichert und mit nach hause genommen werden.

Aktuelle Situation in der Schule

Der Lehrer verteilt Arbeitsblätter, welche die Schüler bearbeiten sollen. Zuvor erklärt er an einer OHP-Folie, wie er sich die Bearbeitung der Aufgaben vorstellt. Der eine oder andere Schüler fragt vielleicht mal nach, wenn er etwas nicht verstanden hat. Viele jedoch schauen auf das Blatt und wissen immer noch nicht was zu tun ist, sei es wegen mangelnder Aufmerksamkeit oder auch einfach weil sie es nicht verstanden haben. Die Schüler bearbeiten die Aufgaben, der Lehrer läuft durch die Reihen und erklärt hier und da noch einzelnen, wenn er etwas bemerkt. Bei der anschließenden Besprechung ruft der Lehrer einen Schüler auf, der die Aufgabe nochmal vorliest und seine Lösung auf die Folie schreibt. Ist nur noch wenig Zeit, übernimmt dies meist auch der Lehrer. Ist die Lösung richtig, ist alles wunderbar, alle nicken und gehen in die Pause. Ist die Lösung falsch, wird sie, falls noch Zeit ist, von einem anderen Schüler verbessert. Falls nicht, wieder vom Lehrer. Und dann gehen ebenfalls alle in die Pause.

Nächste Stunde:

Lehrer: „Kann mir jemand sagen was wir letzte Stunde gemacht haben?“
Schüler kramen in Ihren Ranzen und blättern ihre Ordner durch.
Susi: „Ja, das AB (xy).“
Mark-Oliver: „Das hab ich nicht…!“

Classroom Presenter

Der Classroom Presenter ist ein von der Universität Washington entwickeltes Programm für Tablet PCs. Das Programm erlaubt, dass der Vortragende in seine Folien skizziert, um manches deutlicher zu machen, und dass Zuschauer, die ihren PC mit dem Netzwerk verbunden haben, Notizen und Kommentare anonym an den Vortragenden senden können. An der PH Heidelberg erproben wir gerade eine Übungsveranstaltung für die Einführung in die Geometrie mit genau diesem „Werkzeug“.

Der Dozent bekommt alle in dieser Gruppe gesammelten Lösungen, kann sofort drauf zugreifen oder auch mit nach Hause nehmen, sie neu bearbeiten und in anderen Veranstaltungen einsetzen. Jeder Student hat die Möglichkeit sich anonym zu äußern.

Man stelle sich folgende Situation vor:

Ein Seminar mit einem Dozenten und seine Studenten. Jeder Einzelne hat einen Tablet PC mit Internetanschluss vor sich liegen:

Der Dozent öffnet als „Instructor“ das Programm und beginnt eine neue Präsentation. Jeder der Studenten öffnet das Programm ebenfalls, jedoch im Modus „Student“, und steigt in die Präsentation des „Instructors“ mit ein. Der „Instructor“ öffnet jetzt ein neues Deck und hat somit ein weißes Blatt vor sich liegen. Dieses weiße Blatt hat dann auch jeder einzelne Student vor sich. Alles, was der „Instructor“ jetzt aufschreibt, wird auch bei den Studenten sichtbar. Zum Beispiel könnte der „Instructor“ auch eine vorgefertigte Aufgabe einfügen, die seine Studenten bearbeiten sollen, um ihm diese anschließend bearbeitet wieder zurück zu schicken. Zusätzlich kann man auch noch einen „Public Display“ anschließen, den man wiederum mit einem Beamer verbindet, an dem man dann das aktuelle Deck des „Instructors“ sieht. Sobald die Lösungen der Studenten jetzt anonym beim „Instructor“ eingehen, kann er sich aussuchen, welche dieser Lösungen er als Beispiel mit der gesamten Gruppe bespricht. Dies hat den Vorteil (außer dem der Anonymität), dass er sich vorher überlegen kann, welche Lösung in dieser Situation am besten geeignet ist, um das Seminar weiter zu gestalten. Oder er nimmt die Lösungen einfach mit nach Hause und gestaltet daraus eine neue Aufgabe. Was folgt ist kein Papierchaos mehr. Alle können ihre Sachen abspeichern und mitnehmen. Jeder kann anonym Fragen stellen. Der Dozent kann die verschiedenen Lösungen weiter bearbeiten und auch anderweitig verwenden.

Zwischenbilanz

Was bisher geschah……

  • Die Technik war am Anfang die größte Herausforderung, der wir uns haben stellen müssen. W-Lan, Software und Co.  haben uns lange auf Trab gehalten, bis die mittlerweile ca.  sechs Jahre alten Rechner einigermaßen so funktioniert haben, wie wir es wollten.
  • Der Unterschied zu Powerpoint-Präsentationen ist der, dass man in Powerpoint nichts unterstreichen oder markieren kann, während man vorträgt. Mann muss vor an die Wand, um auf etwas zu zeigen oder auch anders gestikulieren, um etwas zu verdeutlichen. Mit dem Classroom Presenter ist das alles nicht mehr nötig, denn man kann viel besser verdeutlichen, was man meint, wenn man direkt in die Folie skizziert. Am Anfang unseres Projekts gingen wir noch aus Gewohnheit an die Wand um mit der Hand direkt auf etwas zu zeigen.
  • Haben die Studenten die Aufgaben gelöst und kommen dann Unmengen an Lösungen bei uns an, ist dies zunächst sehr gut, da wir jetzt eine ganze Menge Stoff haben, an den wir anknüpfen können. Jeder einzelne Lösungsvorschlag wird auf einer nebenstehenden Leiste angezeigt.
  • Die Folien werden leider so klein angezeigt, dass man nichts lesen kann. Zwar kann man die Größe noch ein wenig variieren, doch bekommt man die Folien einfach nicht groß genug, um anständig darin lesen zu können. Wenn man die Folien jetzt anklickt sieht man sie zwar in voller Größe auf dem Bildschirm aber auch gleichzeitig über den „Public Display“, was wir noch nicht möchten. Dieses Problem haben wir behoben, indem wir einen größeren Bildschirm angeschlossen haben und den Beamer immer ausschalten, wenn wir uns die Lösungen anschauen. Natürlich ist das nicht die optimale Lösung. Dieses Problem müsste im Programm selber behoben werden, indem es einen Button gibt, nach dessen Betätigung man sich anschauen kann was man will und sich am Public Display und an den Displays der Studenten nichts verändert.
  • Ein weiterer Punkt ist die Fähigkeit, auf die Schnelle alle oder zumindest die meisten Lösungsvorschläge vergleichen zu können und zu entscheiden, welche Folie jetzt die geeignetste wäre.
  • Außerdem ist uns aufgefallen, dass jeder Student eine Lösung gestaltet, welche er dann zu uns schickt – anders als bei konventionellen Methoden, bei denen dann die Hälfte der Studenten wartet bis die andere Hälfte einen Lösungsvorschlag erbringt.
  • Aus einer Umfrage in der Übungsgruppe kam deutlich hervor, dass durch die visualisierten Gedankengänge der Kommilitonen jeder einzelne Student einen besseren Zugang zu der Materie erlangt.

Verbindung zu Geowiki

Als Beispiel für die Verwendung der Studentenlösungen zeigt sich das bei Geowiki eingestellte Quiz zur „Einführung in die Geometrie“. Herr Schnirch hat hier zwei Lösungen der Studenten eingestellt und Aussagen zu diesen dazugeschrieben. Jetzt können die Studenten ankreuzen. Was stimmt, was stimmt nicht? Am Ende können sie sogar, mit Hilfe des Korrekturbuttons, sehen, ob sie mit ihren Aussagen richtig liegen oder nicht.

Dies ist erst der Anfang dieses Projekts. Sicher tauchen noch mehr Aufgaben im Geowiki“ uf, welche auf Lösungen von Studenten im CPS-Versuch basieren.

Was meint Ihr zu dem Versuch?
Was haltet ihr von unserer Vorstellung der zukünftigen Schule bzw. Uni?
Habt ihr Vorschläge oder Bedenken?
Was haltet ihr von der Möglichkeit anonym Fragen stellen zu können?
Was haltet ihr davon, dass dem Dozenten bzw. Lehrer immer alle Lösungen digital zur Verfügung stehen?
Schreibt was auch immer euch auf der Seele brennt. Zerpflückt den Versuch, zerpflückt das Programm. Jede Anregung, die wir von euch bekommen, hilft uns weiter.