Flipped Math Lecture und das Aktive Plenum

Veröffentlicht: Sonntag, Februar 19, 2012 in FlippedClassroom, Vorlesungsaufzeichnung

Wie ihr sicherlich bereits gemerkt habt, ist ein Thema für mich zurzeit besonders wichtig: Die methodische Umgestaltung meiner Mathematikvorlesungen. Grundprinzip: Die Studierenden schauen sich in Vorbereitung auf die Plenumssitzung (früher „Vorlesung“) die Vorlesungsvideos auf YouTube an, die Plenumssitzung selbst wird dann für Diskussionen, das gemeinsame Lösen von Aufgaben u.ä. genutzt.

Letzte Woche fand die Inverted Classroom Conference in Marburg statt, für mich ein persönliches Highlight. Zum einen habe ich viele sehr interessante Menschen getroffen und konnte mich über das „flipping“ mit ihnen persönlich austauschen; hierzu zählen Aaron Sams, Dan Spencer, Jörn Loviscach, Daniel Bernsen, Volkmar Langer und viele andere. Zum anderen habe ich zahlreiche neue Ideen erhalten, wie ich „weitermachen kann“:

  • Ich werde mal ausprobieren, Videos per Tablet und Stift aufzuzeichnen und nicht an der Tafel – so ähnlich, wie Jörn Loviscach das macht. Aaron Sams und Dan Spencer haben im Rahmen der Konferenz sehr eindrücklich gezeigt, wie einfach es ist, Bildschirmvideos zu produzieren, sodass ich Lust bekommen habe, hier selbst zu experimentieren.
  • Darüber hinaus werde ich den Studierenden ein Workbook an die Hand geben, mit denen sie die Videos betrachten und in das sie ihre Stichpunkte, (Teil-)Lösungen von Aufgaben usw. eintragen sollen. Ziel: Tiefere kognitive Verarbeitung der Vorlesungsvideos gleich beim Betrachten. Jürgen Handke, Anna-Maria Schäfer und Alexander Sperl machen das so in ihrem System Virtual Linguistics Campus auf beispielhafte Weise.
  • Ebenfalls wichtig: „formative self-assessments“. Ich werde Studierenden die Möglichkeit geben, nach dem Ansehen von Videos mit Hilfe von kleinen Tests selbst zu überprüfen, wo sie stehen und was sie evtl. nochmal vertiefen müssen. Das macht die Gruppe von Handke ebenso seit einiger Zeit erfolgreich.
  • Ähnliche Ideen (Workbook und Self-Assessment) haben Michael Gieding und Andreas Schnirch im GeoWiki umgesetzt. Diese verschiedenen Ansätze möchte ich nun für mich integrieren, und ich muss drüber nachdenken, ob ich für meine Zahlentheorie-„Vorlesung“ nicht all diese Ansätze unter Nutzung eines Wikis zusammenbastele… also: Flipped Classroom + Wiki-Workbook + Wiki-Self-Assessments + Aktives Plenum… Darüber hinaus gibt es noch den überzeugenden Einsatz des Classroom Presenters in den Vorlesungen von Michael Gieding, wodurch noch mehr studentische Aktivität als im Aktiven Plenum erzielt werden kann (Feidenheimer & Knoblauch haben dies einmal in meinem Blog beschrieben). Alles in allem: Ein total spannendes Experimentierfeld!

Ein paar weitere Hinweise:

  • Aaron Sams hat gleich für uns die deutschsprachige Sub-Gruppe in der Flipped-Classroom-Community angelegt: ICM Deutschland.
  • Als weiteres Beispiel aus der Schule möchte ich auf die Chemie-Videos von Birgit Lachner hinweisen – einfach mal reinstöbern.
  • Sehr sehenswert sind auch die Videoaufzeichnungen der Vorträge von Jürgen Handke und Dan Spencer zum Inverted Classroom Model. Meine Vortrag zur flipped math lecture gibt es auch online. (Zum Ansehen der Vorträge benötigt man Silverlight)

Außerdem habe ich nun endlich ein Video schneiden können, in welchem das Aktive Plenum gezeigt wird (Danke an Maike Fischer für den Videodreh!). Bislang habe ich meinen Studierenden zu Beginn einer Veranstaltung immer das Erich-Hammer-Video gezeigt, um zu verdeutlichen, wie ich mir die Interaktion im Hörsaal vorstelle (und die Studierenden mussten den Transfer vom Klassenzimmer in den Hörsaal selbst leisten). Jetzt werde ich zukünftig anfangs das Video aus dem Hörsaal vorführen:

Kommentare
  1. Berta sagt:

    Mag sein, dass das Problem irgendwo in dem Video angesprochen wird und ich es nicht gesehen habe, weil ich streckenweise „vorgespult“ habe:

    Ich hätte als Studentin an dieser Veranstaltung nicht teilnehmen wollen, weil ich nicht bei YouTube auftauchen möchte.

    Mag sein, dass viele Studierende damit kein Problem haben, aber eine(r) im Saal würde für ein Filmverbot ausreichen. Man kann schließlich nicht gezwungen werden, sich im Hörsaal filmen zu lassen.

    Provokativ gewendet: Was steht hier eigentlich im Vordergrund: Eine innovative Lernform oder ein extrovertierter Dozent, der sich und seine Studierenden ver-youtubed?

  2. Hannes sagt:

    „Ich werde mal ausprobieren, Videos per Tablet und Stift aufzuzeichnen und nicht an der Tafel “ … Ich finde deine Tafelaufzeichnungen sehr erfrischend, weil Du als Persönlichkeit gut rüberkommst. Loviscache punktet über Stimme und seinen speziellen Humor.

    Wäre vielleicht interessant, wenn ihr beide mal „flipped“: Du Tablet, Loviscach Tafel.

  3. cspannagel sagt:

    @Berta Ich habe alle Studierenden gefragt, ob sie damit einverstanden sind (und ich habe unmissverständlich klar gemacht, dass jeder selbst entscheiden kann, und dass niemandem Nachteile dadurch erwachsen, wenn er es nicht will). Diejenigen, die nicht gefilmt werden wollten, haben sich hinten rechts in den Hörsaal gesetzt, und wir haben zugesichert, diesen Teil des Raums nicht zu filmen. Es ist natürlich völlig klar, dass sich niemand gezwungen fühlen darf, aufgezeichnet zu werden, und ich habe das den Studierenden anfangs ganz plausibel erläutert. Also, alles im grünen Bereich diesbezüglich.

    Im Mittelpunkt steht die Veranstaltungsform – Ich habe dieses Video aus zwei Gründen aufgezeichnet: 1) Ich möchte Studierenden zu Beginn einer neuen Veranstaltung deutlich machen, wie ich mir die Interaktion wünsche. Dies kann man am besten dadurch machen, indem man es per Video zeigt. 2) Ich stelle die Veranstaltungsform in ganz unterschiedlichen Kontexten vor und diskutiere sie (in Workshops, in Vorträgen, hier im Web). Und auch hier gilt: Es ist schwer, das Konzept einfach nur zu beschreiben, man muss es zeigen.

    Zur Extroversion: okay, ich bin extrovertiert, ertappt. 🙂 Provokativ gewendet: Wenn ich das nicht wäre, wenn ich mich nicht getrauen würde, all das öffentlich zu stellen, dann würde sonst niemand was davon mitbekommen, und das wäre doch schade?

    @Hannes Das hatten Jörn Loviscach und ich tatsächlich auch schon mal überlegt. 🙂

  4. ixsi sagt:

    Wundervolles Video, da habe ich endlich einen Vergleich mit meinem Versuch in einer Mathestunde.
    Beeindruckend finde ich, dass ausgerechnet die beiden Studenten an der Tafel nichts sagen und selbst nicht anfangen zu rechnen und dass sich nacheinander mehrere Studenten melden bzw. in die Diskussion/Rechnung einbringen.
    Was mich aber noch interessiert: Wie schaffst du es, dass sich alle beteiligen können und nicht zwei oder drei jede Aufgabe lösen? (Ich sehe gerade, dass du im Video selbst eine Antwort dazu gibst. Trotzdem: Sind es nicht immer dieselben, die mitreden?)
    Die Gruppe ist auch sicherlich nicht homogen, es gibt bestimmt den ein oder anderen „Überflieger“, der mal eben selbst die Aufgabe löst und die Lösung präsentiert. Verhinderst du das oder nicht?
    Dürfen die Studenten zu Beginn selbst über die Lösung nachdenken, also für sich rechnen, bevor es an die Diskussion geht?

  5. Berta sagt:

    @Freiwilligkeit:

    Ok. Dann bin ich beruhigt. Danke für die rasche (Er-)Klärung. Ich bin gespannt, was Du machst, wenn mal alle hinten rechts sitzen wollen.

  6. cspannagel sagt:

    @ixsi Die Punkte, die du ansprichst, werden immer wieder intensiv in der Veranstaltung selbst angesprochen. Dies muss man als Dozent immer wieder aufgreifen. Natürlich sind die Studierenden an der Tafel geneigt, selbst weiterzurechnen, Beiträge inhaltlich zu bewerten usw. Hier muss man als Dozent „von hinten“ kurz einen Stopp einlegen und methodische Tipps geben, in etwa so: „Es ist besser, wenn Sie selbst nicht weitermachen, sondern wenn Sie versuchen, den Hörsaal zum Weiterdenken zu animieren. Wenn man vorne steht, kann man oft nicht beides gut machen (moderieren und inhaltlich mitarbeiten), insofern: Rufen Sie lieber jemanden auf, der weiter weiß!“ Genauso, wenn immer dieselben sich einbringen, der Hinweis an den Moderator: „Versuchen Sie darauf zu achten, nicht immer dieselben Personen dranzunehmen. Fordern Sie auch andere auf!“ Und der Hinweis an die Gruppe: „Wenn Sie merken, dass Sie selbst zu viel sagen, dann halten Sie sich zurück und lassen Sie anderen den Vortritt“ und „Verraten Sie nicht gleich die ganze Lösung, sondern nur den nächsten Schritt – jemand anders soll dann weitermachen!“ Will also jemand selbst die Lösung komplett präsentieren, schreite ich sofort ein! Alle im Raum sind dafür verantwortlich, dass die Gruppe denkt (dahinter steckt der Mensch-als-Ressource-Ansatz der LdL-Theorie).

    Zum Nachdenken vorab: Manchmal ja, manchmal nein. Das hängt von den Aufgaben ab. Hier im Video habe ich die gesamte Gruppe sofort mit der Aufgabe konfrontiert. Manchmal schreibe ich vorab die Aufgabe an die Tafel, lasse erst mal alle nachdenken (alleine und mit dem Partner), und anschließend tragen wir die Lösung im Plenum zusammen. (letztlich also die „Ich-Du-Wir-Methode“).

    @Berta Mmmh… wenn niemand hätte mitmachen wollen, hätte ich das Video nicht aufzeichnen können. Dann hätte ich das natürlich akzeptiert.

  7. ixsi sagt:

    @cspannagel: Danke für deine schnelle Antwort. Es ist also nicht selbstverständlich für die Teilnehmenden, sich auch mal selbst zurückzunehmen.
    Wenn ich dich richtig verstehe, animierst du deine Studenten dazu, immer nur einen Schritt zu nennen, damit die ganze Gruppe weiterdenken kann.
    Wird das für die Stilleren oder die Schnelleren nicht langweilig, wenn es nur langsam vorangeht und sie die Lösung schon längst kennen? Uns wird ja immer gesagt, wir sollen binnendifferenzieren, damit jeder in seinem Tempo lernen kann. Wie ist das in deiner Vorlesung?

  8. cspannagel sagt:

    @ixsi Da hast du recht, das Problem der Binnendifferenzierung ist hier nicht ganz trivial. Wenn ich Aufgaben vorab an die Tafel schreibe, dann schreibe ich öfter mehrere an (auch schwierigere), mit denen sich die Studierenden erst mal alleine beschäftigen. Das heißt: Die „guten“ Studierenden schaffen hier in dieser Vorbereitungsphase mehr und haben die Möglichkeit, sich mit schwierigeren Aufgaben zu befassen. In der Diskussion können die schnelleren Studierenden vielleicht besser Fehler entdecken („Detektive“) oder Hinweise dazu geben, wie es „noch schneller“ gegangen wäre, insofern habe ich die Hoffnung, dass die Diskussion auch für die Stilleren & Schnelleren interessant ist. Aber, ganz klar: Verhindern kann man Langeweile dabei nicht.

    Insbesondere, ganz wichtig: Das aktive Plenum darf nicht ausschließlich eingesetzt werden (den Fehler hatte ich früher mal gemacht). Denn: Nix ist langweiliger als monomethodische Veranstaltungen!

  9. Ingrid Piltz sagt:

    „Das aktive Plenum darf nicht ausschließlich eingesetzt werden“: Halten Sie dann also auch noch ganz „normale“ Vorlesungen? Wenn ja, wie ist das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Vorlesung und aktivem Plenum?
    Wechseln Sie zwischen beiden Formen, oder setzen Sie noch andere methodische Formen ein, die sich hiervon absetzen?
    Und als Letztes: Haben Sie auch diejenigen Vorlesungen aufgezeichnet, die Sie in althergebrachter Form halten, beispielsweise zum Nacharbeiten?
    Ingrid Piltz

  10. […] (20.02.2012): Hier beschreibt Christian Spannagel selbst, was er von der Konferenz in Marburg mitgenommen hat […]

  11. Alexander Sperl sagt:

    Vielen Dank für dein positives Feedback zu unserer Tagung. Es ist schön zu hören, dass sich die Mühe gelohnt hat. Wir haben auch selbst viel aus der Tagung mit genommen. Das wird sich sicherlich demnächst in unserem Blog niederschlagen.

    Noch eine kleine, naseweise Anmerkung: Es ist der Virtual Linguistics Campus, obwohl mir das Konzept der virtuellen Linguisten auch sehr gut gefällt. 🙂

  12. spani3l sagt:

    Eine Frage zu dem angedachten Arbeitsbuch: Inwiefern wird das im Kursverlauf eine Rolle spielen – wird es von Lehrenden-Seite integriert oder nur bereitgestellt, wird es u.U. zu Assessment-Zwecken herangezogen o.ä.?

    Was die Tablet-Verwendung angeht – ich nutze hin und wieder eine vermutlich etwas kostengünstigere Variante: http://www.papershow.com/de/
    Abgesehen von kleineren quirks hier und da funktioniert das ganz gut. Man kann auf (speziellem) Papier schreiben, in dem Stift sind Kamera und Bluetooth-Sender, das Papier kann an die Wand gebeamt werden, Anschriebe können abgespeichert, weiterbearbeitet und als pdf-Datei versendet werden.

  13. cspannagel sagt:

    @Alexander oops… ist korrigiert! 🙂

    @spani3l Ich denke, das hängt davon ab, wie ich es umsetze. Papier-Workbooks werde ich nicht einsammeln und korrigieren können, dies würde also für die Wiki-Lösung sprechen. Allerdings ist es einfacher, neben dem Betrachten eines Videos ein Workbook auf Papier auszufüllen… Bei den Studierenden hätte dies bestimmt eine größere Akzeptanz. ich bin noch unentschlossen…

  14. m.g. sagt:

    Lieber Christian,
    das was Du uns hier als flipped classroom, aktives Plenum (oder was man immer noch an wissenschaftlich anmutenden Bezeichnungen erfinden mag) verkaufst, ist eine ganz normale Mathematikübung wie ich sie während meines Studiums zu genüge erlebt habe. Ob da vorn zwei Studierende stehen und an die Tafel schreiben oder der Dozent das übernimmt, halte ich hinsichtlich des Erfolgs der Veranstaltung für marginal. Letztlich ist das Ganze ein Unterrichtsgespräch, das aus dem Klassenraum der Schule in den Hörsaal H002 transformiert wurde. Damit übernimmst Du alle Vorteile und alle Nachteile (siehe die Bemerkungen von ixsi) dieser Unterrichtsform, die trotz der Beiträge von Studierenden stark frontal geprägt ist.
    Damit wir uns nicht falsch verstehen. Ich finde es absolut bewundernswert, wie Du wieder und wieder versuchst, möglichst effiziente Lehrveranstaltungen zu organisieren. Ich habe auch nichts gegen Unterrichtsgespräche (nicht zu verwechseln mit Lehrer-Schüler-Gespräch). Es bedarf eines hohen pädagogischen Geschicks diese Unterrichtsform gewinnbringend umzusetzen. Ich habe aber etwas dagegen, so zu tun als ob das alles ganz neu ist und wir dank „lass dir eine tolle Bezeichnung einfallen“ endlich den Studierenden Mathematik besser vermitteln können.
    Pädagogik ist eine „Wissenschaft“ die häufig Trivialitäten durch mehr oder weniger geschickten Gebrauch der Sprache als wissenschaftliche Erkenntnisse verkauft. Sie ist die Disziplin, die immer das Gute will und das Schlechte schafft.
    Liebe Grüße
    Micha

  15. cspannagel sagt:

    @m.g. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, Unterrichtsgespräche seien neu. Nichts von dem, was ich mache, ist im Einzelnen gesehen neu. Und trotzdem ist das Gesamtkonzept m.E. etwas Besonderes, denn:
    1) Hier sehen wir keine Übung, sondern etwas, das früher Vorlesung war. Warum kann ich mir das zeitlich leisten? Weil ich die Vorlesung per Video nach „draußen“ verlagert habe. Somit habe ich Raum geschaffen dafür, was „früher“ in der Übungszeit stattfand. Wenn ich also rein die Vorlesung betrachte, habe ich Zeit gewonnen für die gemeinsame Vertiefung des Stoffs – etwas, das Studierende früher nach der Vorlesung selbst und alleine machen mussten.
    2) Dafür habe ich in den Übungen nun Raum geschaffen für Kleingruppenarbeit und 1:1-Betreuung durch den Tutor (hier wurde „früher“ oft vorgerechnet). Selbstverständlich gab es diese Form der Übung auch schon früher und anderswo, dann aber auf Kosten der Gelegenheit, gemeinsam in der Gesamtgruppe Lösungen zu durchdenken und sich nochmal vertieft im Plenum mit etwas auseinander zu setzen.
    3) Insgesamt ist das Gesamtkonzept einer Mathematikveranstaltung in dieser Form also schon irgendwie neu, wobei ich das niemals „neu“ als qualitatives Merkmal verstehen würde. Anders gesagt: Für mich ist eine solche Mathematikveranstaltung im Gesamtkonzept gesehen (Vorlesung/Input zu Hause, Vertiefung im Plenum, Einzelbetreuung in den Übungen) sinnvoller als mein persönliches altes Konzept und auch besser als diejenigen Mathematikveranstaltungen, die ich selbst erlebt habe. Selbst in Übungen habe ich solche Diskussionen nie erlebt, sondern es wurde immer „vorgerechnet“, und das ist was Grundlegend anderes. Keiner meiner Übungsgruppenleiter hat je versucht, die Studierenden anzuleiten, solche Großgruppen-Unterrichtsgespräche sinnvoll zu führen und zu leiten, und keiner der Übungsgruppenleiter hat wert darauf gelegt, dass nicht vorgerechnet wird. Insofern denke ich, dass es einen bestimmten Wert hat, die Bezeichnung „Aktives Plenum“ zu verwenden, um genau diesen Aspekt gegenüber klassischen Vorrechenübungen hervorzuheben.

    Das Grundkonzept des „flipped classroom“ ist natürlich auch nicht neu (das behauptet auch keiner), sondern rückt nun stärker in das Bewusstsein, weil die Produktion und Bereitstellung von Videos heute einfacher ist als früher. Ich selbst bislang auch noch nie erlebt, dass ich mir zu Vorbereitung einer Mathematikveranstaltung Videos ansehen musste. Insofern ist die Umsetzung des Konzepts in der beschriebenen Form meiner Ansicht zwar nicht vom Grundgedanken her neu, aber von der technischen Realisierbarkeit nun in die „alltägliche Machbarkeit“ gerückt und deshalb erwähnens- und bezeichnenswert.

  16. m.g. sagt:

    Lieber Christian,

    „1) Hier sehen wir keine Übung, sondern etwas, das früher Vorlesung war.“

    Damit habe ich ein Problem. Ich hätte gern beides: Vorlesungen und Übungen. Eine Vorlesung ist mehr als das „Vorlesen“ von Lehrstoff. Sie kann und meines Erachtens sollte sie auch Elemente der angeleiteten aktiven Lehrstoffaneignung durch die Studierenden beinhalten. (zumindest im Rahmen der Vermittlung von Mathematik) Das kann man nicht auf Videos auslagern, weil ich diesbezüglich auf die konkrete Situation an dem konkreten Tag zu der konkreten Zeit mit den konkreten Teilnehmern der Vorlesung/Lehrveranstaltung reagiere. Jede Vorlesung wird damit anders und neu, gewissermaßen ein Unikat. Vorlesungsaufzeichnungen (natürlich auch von anderen Kollegen rund um den Erdball) können die Veranstaltung dann sinnvoll ergänzen.
    Ich erinnere mich im übrigen sehr gern an die Vorlesungen „allgemeine Relativitätstheorie“ bei Prof. Täuber. Der Lehrstoff zeigte mir definitiv meine intellektuellen Grenzen auf. Trotzdem war jede der Vorlesungen ein Erlebnis, das nur life so zu begreifen war. Hier trug ein absoluter Könner seines Fachs vor, der zu faszinieren wusste. Oder ich denke an die Vorlesungen zur Entwicklungspsychologie, die von Prof. Rosenfeld im Marx-Engels-Auditorium der Humboldt-Uni für alle Lehrerstudenten der Humboldt-Uni gelesen wurden. Das Ganze wäre als Video nicht mal die Hälfte wert gewesen.

    Ich finde es nicht fair den Studierenden gegenüber, sie mit Videos abzuspeisen und ihnen und ihnen bezüglich des zeitlichen Aufwandes ein ziemlichen Brett hinzulegen. Nicht das ich was gegen selbständige Aneignen des Lehrstoffs habe. Eine Mathematiklehrveranstaltung sollte jedoch beides beinhalten: Vorlesung und Übungen. Wenn man an anderen Stellen spitz bekommt, dass man die Vorlesung eigentlich durch Videos ersetzen kann …. .

    „2) Dafür habe ich in den Übungen nun Raum geschaffen für Kleingruppenarbeit und 1:1-Betreuung durch den Tutor (hier wurde “früher” oft vorgerechnet). “

    Was habe ich zu meiner Zeit nur für wunderbare Studienbedingungen gehabt. Tutoren korrigierten die Übungsaufgaben. Übungen wurden von ausgebildeten Hochschullehrern (zu großen Teilen sogar habilitiert) für max. 20 Studenten pro Übungsgruppe durchgeführt. Aber das ist natürlich viel zu teuer.

    Viele Grüße
    Micha

  17. cspannagel sagt:

    @m.g. Zum Aufwand: Für die Gesamtveranstaltung sind 5 ECTS-Punkte veranschlagt, und jeder ECTS-Punkt zählt 30 Stunden, d.h. 2 Stunden pro Woche. Damit wird 1 ECTS-Punkt für die Vorlesungsvideos aufgewendet, 1 ECTS-Punkt für das Plenum und 1 ECTS-Punkt für die Übungsgruppe. Damit bleiben 2 ECTS-Punkte übrig für das reine Üben außerhalb von Veranstaltungen, und das sind 4 Stunden pro Woche! Es kann also keine Rede davon sein, dass unfairer Mehraufwand produziert wird. Und: Die Studierenden empfinden es selbst überhaupt nicht als unfair, sondern im Gegenteil: Sie schätzen das Konzept sehr! Wir haben sie in der Mitte des Semesters gefragt, wie sie weiter machen wollen, wenn sie es entscheiden könnten (traditionell oder flipped), und über 90% haben sich für den flipped classroom entschieden! Das heißt: Die Studierenden wollen das so, weil es für sie einfach Vorteile hat: Sie können die Vorlesung stoppen, nochmal zurückspulen, später nochmal angucken, …

    Eine Vorlesung, bei der einem die eigenen intellektuellen Grenzen aufgezeigt werden, trotzdem als Erlebnis zu begreifen, liegt meines Wissens nicht jedem. Darüber hinaus sollte man neben der „Anhimmelung“ eines begnadeten Redners doch inhaltlich auch was verstehen – oder was hab ich sonst davon? Mir ist es lieber, dass sich die Studierenden ihrer intellektuellen Möglichkeiten bewusst werden, nicht ihrer Grenzen. Und da lege ich den Schwerpunkt doch lieber auf ein Konzept, dass der Verständlichkeit dient, und nicht der „Huldigung eines göttlichen Redners“.

    By the way: Ich bin mir sicher, dass diese begnadeten Redner trotz Video dann im Plenum mit höherer studentischer Beteiligung immer noch gewirkt hätten. Oder nicht?

    Im übrigen halte ich weiterhin gelegentlich Vorträge, oder leite die Diskussion vorne selbst. Denn selbstverständlich ist es auch bei diesem Konzept wichtig, nicht in eine methodische Monokultur zu geraten. Und ich bilde mir ein, bei diesem Konzept insgesamt noch stärker auf die Studierenden reagieren und eingehen zu können als bei Vorlesungen mit studentischen Arbeitsanteilen, so wie du es beschreibst. Jede Veranstaltung in dieser Form ist ebenso ein Unikat.

  18. Mit dem Thema Vorlesung scheint man immer einen empfindlichen Nerv zu treffen. Aus manchen Diskussionen, die das Thema ‚Vorlesung‘ betreffen gewinne ich den Eindruck, dass diese Veranstaltungsform oft als die ‚Kür‘ der universitären Lehre angesehen wird. Ein Experte zeige hier „aktuellstes Wissen in Aktion“. Das sei auch der Grund warum Studierende in die Vorlesungen kämen (Das war einmal eine Entgegnung auf den Hinweis der mittelalterlichen Herkunft der Vorlesung).

    Es gibt tatsächlich einige Professoren, die wirklich beeindruckende Vorlesungen machen. Aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz sind das aber sehr wenige. Und selbst bei denen spricht vieles gegen diese klassische Form der Vorlesung. Zum einen die normale Aufmerksamkeitsspanne eines Zuhörers, die mit 1,5 Stunden bei weitem überschritten ist (Warum sind selbst bei hochkarätig besetzten Konferenzen die meisten Vorträge nicht länger als 20-30 Minuten ?). Zum anderen aber auch eine Vielzahl von Erkenntnissen zum aktiven Lernen. Im Prinzip führt jegliche Maßnahme, die die Teilnehmer aktiviert zu einer Verbesserung der Lernergebnisse.

    Ein schönes Beispiel dazu findet man in der Zeitschrift Science (2011, Vol. 332, Issue 6031). Dort wurden zwei große Gruppen untersucht und miteinander verglichen. Die eine Gruppe erhielt eine klassische Physik-Vorlesung durch einen erfahrenen, sehr gut bewerteten Dozenten. Die andere (experimentelle) Gruppe wurde nach den Erkenntnissen aktiven Lernens durch einen — ich sage mal — Anfänger betreut. Am Anfang wurden zwischen beiden Betreuern die Lernziele und die entsprechenden Klausuren abgesprochen und festgelegt. Die experimentelle Gruppe hat mit einer durchschnittlichen Punktzahl von über 70% deutlich besser abgeschnitten als die Kontrollgruppe mit durchschnittlich 40%.

    Meine persönlichen Erfahrungen zeigen in die gleiche Richtung. Auch wenn ich meine Lehrveranstaltungen bislang noch nicht komplett umgedreht habe. Es sind eher regelmäßige, punktuelle Einsätze. Aber es gibt mir persönlich auch viel mehr, als vorne zu stehen und bei einer Frage ins Publikum in leere Blicke oder auf eifrig schreibende Köpfe zu schauen; meist begleitet von einem betretenen Schweigen. Man kommt ins Gespräch. Man erkennt wo die Fallstricke liegen, die ein Verständnis verhindern. Und man merkt wann der Knoten platzt.
    Bei der Betreuung von Fernstudenten fehlt mir immer der persönliche Draht, den man bei Präsenzveranstaltungen hat. Das Mehr an Feedback und Interaktion zwischen instruktiver Lehre und aktivem Lernen würde ich fast ähnlich groß einschätzen.

    Die umgedrehte Mathevorlesung — oder allgemein die umgedrehte Lehrveranstaltung — mag zwar keine wirkliche Neuigkeit sein, aber sie und Tagungen wie die ICM rütteln die alten Strukturen hoffentlich auf. Denn bislang hält sich das klassische Modell — wider aller existierenden Erkenntnisse — standhaft.

  19. Oliver Tacke sagt:

    @Thomas
    Ich bin auch kein vehementer Verfechter der klassischen Vorlesung – aktivieren kann man jedoch auch damit, oder? Auch wenn die Studierenden zuhören und passiv erscheinen, können sie je dennoch mitdenken und vielleicht auch begeistert werden.

    Zum Science-Artikel habe ich mir schon einmal Gedanken gemacht: http://www.olivertacke.de/2011/05/23/vorlesungen-%e2%80%93-uberholt-revisited/
    Ich finde, der allein sagt noch nicht viel, aber gerade aus dem Bereich der Physik-Didaktik in den USA gibt es viele empirische Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass „traditionelle“ Methoden den interaktiven unterlegen sein könnten, was den Lernzuwachs angeht (etwa schon 1998 von Hake in „Interactive Engagement vs. Traditional Methods: A six thousand student survey“).

  20. @Oliver
    Ja, das sehe ich genau so. Ich möchte die Vorlesung auch nicht abschaffen. Ich sehe es so wie Christian es auch schreibt. Es dürfen keine methodischen Monokultur sein. Und wie viele der Vorlesungen sind denn tatsächlich aktivierend oder begeisternd? Ich denke nur das Format und der Einsatz der Vorlesung muss überdacht werden. Egal ob nun per Video oder im Hörsaal. Sehr interessant ist da gerade der Bericht über einen Professor in Stanford, der dort seine Professur aufgegeben hat, nachdem ihm bewusst geworden ist, was seine Video-Vorlesungen bewirken (http://bit.ly/xMCakr). Er hat daraufhin begonnen die Plattform udacity.com aufzubauen.

    Natürlich ist die Aussagekraft des einen Artikels nicht sehr groß. Aber der war auch nur als Beispiel gedacht. Interessant ist zu dem Thema z.B. auch ein Artikel, der einen Überblick über die Forschung im Bereich ‚aktives Lernen‘ verschafft:
    Prince, M., 2004. Does active learning work? A review of the research. Journal of Engineering Education, 93(3), p.223-232.
    Und letztlich sind es eben auch mein eigenen Erfahrungen bzgl. der Durchführung von Lehrveranstaltungen.

  21. Oliver Tacke sagt:

    @Thomas
    Dann sehen wir das ja identisch 🙂 Es gibt mit Sebastian Thrun (den meinst du ja) ein ganz interessantes Interview unter http://www.dctp.tv/filme/dld2012-sebastian-thrun

    Den Artikel besorge ich mir, und meine Erfahrungen sind ähnlich. Habe zwar selten in Vorlesungen zu tun, aber gerade in einem Seminar das erlebt: http://www.olivertacke.de/2012/02/06/was-studierende-uber-ldl-denken/

  22. m.g. sagt:

    Lieber Christian, liebe Freunde des geschriebenen Gesprächs,
    meine vorangegangenen Beiträge können den Eindruck erwecken, dass ich nicht so wirklich viel von Christian’s Bemühen um studentische Aktivität halte. Dem ist nicht so. Das Gegenteil ist der Fall. Was mich jedoch stört ist die Art und Weise, wie dieses Bemühen in die Öffentlichkeit getragen wird. Ich mag es nicht, wenn alles gleich zur großen Theorie hochstilisiert wird.
    So ging es mir einst mit dem großen Seymour Papert, der zunächst bestimmt tolle Ideen hatte. Irgendwann waren jedoch nur noch Worthülsen übrig und Herr Papert kam mir vor wie ein Außendienstmitarbeiter, dem der Verkaufsdruck im Nacken sitzt.
    Warum müssen gute Ansätze gleich einen eigenständigen Namen erhalten, der dann natürlich auch in Deutschland der englischen Sprache entnommen sein muss. Da wird mir die Sache suspekt und ich fühle mich sehr sehr unwohl. Ich habe kein Problem damit, meine Veranstaltungen „umzudrehen“. Sagt man mir jedoch, „oh du gehst nach der Methode ‚flipped lecture‘ vor“, dann werde ich alles leugnen. Ebenso wird es in meinen Veranstaltungen auch keine „Wiki-Self-Assessments“ geben (im Gegensatz zu Christian’s Behauptungen). Das einzige was ich will, ist den Studierenden gut durchs Studium zu helfen. Mitunter gelingt mir das, häufiger auch nicht.
    Dieser ständige Hang zur Theoriebildung ohne hinreichende Masse an Theorie, der bei Lichte gesehen nichts anderes als ein ständiges Abgrasen der englischen Sprache ist, geht mir gewaltig auf den Nerv. Zu schnell verselbständigen sich die Sprachkonstrukte und werden zur Hülse. Wenn es dann noch stark in Richtung Pädagogik geht, bekomme ich Ohrensausen, Schwindelgefühle und unkontrollierte Urinabgabe.
    Vor diesem persönlichen Hintergrund sind meine vorangegangenen Beiträge zu sehen.

    Viele Grüße
    Micha

  23. […] Christian Spannagel, Volkmar Langer und Karlheinz Pape werde ich auch noch einen persönlichen Nachtrag zu unserer […]

  24. Oliver Tacke sagt:

    @m.g.
    Bei mir kamen die Antworten jedenfalls nicht als Geringschätzung der Bemühungen von Christian an.

    Den Einwand, dass Dinge (vor)schnell zu einer Theorie hochstilisiert werden, kann ich nachvollziehen – sehe das aber gelassener. Und was das Englische im Deutschen angeht: Ich mag zum Beispiel die Gedanken von Wolf Schneider sehr („Deutsch!“ oder „Speak German!“), aber teile seinen Sprachpurismus nicht in dieser Form.

  25. […] dem Wissensgewinn erhält man im Artikel und Nachlesevideo von Volkmar Langer. Alternativ dazu ein Nachlese-Artikel im Blog von CSpannagel. Ebenso sehenswert die Hauptvorträge und Materialien der Workshops. im besonderen der Vortrag von […]

  26. […] einiges geschrieben worden. So finden sich zusammenfassende Berichte und Eindrücke im Blog bei Christian Spannagel, dort mit einer sehr grundsätzlichen Diskussion, bei Karlheinz Pape, Alexander Sperl und Volkmar […]

  27. Am letzten Freitag war ich leicht angeschlagen und so habe spontan mir überlegt, die Idee des aktiven Plenums bei einer 10. Klasse in Chemie zu nutzen. Ich hatte den Schüler zum Ende der letzten Stunde schon Aufgaben gegeben und sie hatte damals angefangen und vermutlich waren auch ein paar fertig.

    Die Stunde am Freitag haben wir aber ganz zu Beantwortung dieser drei Fragen genutzt. Das Thema war übrigens: Sind die (in Summenformel) gegebenen Moleküle Dipole oder nicht?

    Ich habe das Vorgehen beim aktiven Plenum kurz erklärt und mit meiner Erkältung gerechtfertigt. Dann haben sich schnell zwei Schüler gefunden, die die Arbeit erledigt haben. Der Moderator hat ein Talent dafür (sollte vielleicht Lehrer werden!?) und nachdem ich hin und wieder nachgeholfen habe, fragte er immer wieder bei vorschnellen Lösungen nach, woher dies denn kommt.

    Bei der zweiten Aufgabe wechselte der Tafelschreiber. Diesmal war einer der besten Schüler an der Tafel, was sehr gut war, denn damit durfte er nichts sagen (was ihm schwerfiel, da er sich bei der Aufgabe vorher immer extrem gestreckt hat) aber dafür schrieb er auch immer schön die falschen Sachen an, die die Mitschüler ihm diktieren und konnte gleichzeitig aber auf die wichtigen Sachen hinweisen.

    Die Klasse war sehr aktiv, es gab dann auch immer mal wieder zahlreiche Nachfragen nach dem Warum und nach meinem Eingriff wurde auch mal eine falsche Lösung zur Probe aufgeschrieben damit später der Unterschied deutlich wurde.

    Natürlich kam öfters mal der Blick von einigen Schülern nach hinten, vor allem wenn sie Fragen hatten, weil sie nicht sicher waren, ob es richtig ist.

    Alles in allem, fand ich den Unterricht sehr angenehm für mich und ich denke es war auch lehrreich für die meisten Schüler. Eine schwache Schülerin lobte die Stunde besonders, weil sie das nun endlich verstanden hätte.

    Zum Abschluss lobte ich noch mal die Klasse und wies darauf hin, wie so wenig Aufgaben doch viel Verständnis bringen können. Dass sie sich durchaus trauen sollen (auch wenn ich vorne stehe) mal falsche Lösungen/Vermutungen anzubringen oder bei Problemen nachzufragen. Denn so werden eher alle Probleme aus dem Weg geschafft, als wenn ich nur ein paar Aufgaben vorne vorrechne.

  28. Angeregt durch den Classroom Presenter und den Hinweis von Mathias Heil auf Dabbleboard habe ich mich ein wenig umgeschaut, welche Arten von Online-Whiteboard-Software es gibt.
    Ich habe mich umgeschaut, weil ich die Idee, die bei der Windows-Software „Classroom-Presenter“ in einem Video vorgestellt wird (siehe http://www.cs.washington.edu/homes/anderson/Presenter_1M.wmv), mir gefallen hat. Sie ist sicher nicht immer im Unterricht einsetzbar, aber in eingen Fällen meiner Meinung nach sehr wertvoll.

    Übirgens: Der Classroom-Presenter soll angeblich unter Wine gut laufen, an meinem Suse 11.4-Laptop hat es nicht geklappt. Werde es mal auf dem „Großen“ testen

    Um auf proprietäre Software zu verzichten und Plattform-übergreifend zu arbeiten habe ich nun folgende Lösungen gefunden, die natürlich auch einfach am Whitebord genutzt werden können.

    Bei allen läuft die Anwendung im Browser und man braucht kein spezielles Plugin. Als Board-Starter kann man Zuschauer einladen, die auch selber etwas dazu beitragen können. Will man eine Zeichnung behalten muss man sich natürlich anmelden. Es gibt bei allen kostenpflichtige Erweiterungen aber meine Tests beziehen sich immer auf die freie Nutzung.

    http://www.scribblar.com
    … als Besonderheit lässt sich die Möglichkeit zur Einbindung von Tex-Formeln nennen. Es gibt ein kleines Chat-Fenster für die Teilnehmer. Deren Rechte kann ich ziemlich genau festlegen.

    http://conceptboard.com
    … sehr flexibel was die Nutzung von anderen Dateien betrifft. So können auch OO-Dateien verwendet und hochgeladen werden. Die Werkzeuge sind mir aber noch etwas knapp. Soweit ich weiß, ist ConceptBoard auch noch nicht so „alt“. Vielleicht wird das noch.

    http://www.twiddla.com
    … ganz gute Bearbeitungsmöglichkeiten. Man kann auch Tex-Formeln einfügen und es gibt Vorlagen. Leider können keine OO-Dateien eingefügt werden. Dafür gibt es noch die Möglichkeit, die ich noch nicht erkundet hat, Etherpads zu nutzen (gemeinsam an einem Text schreiben).

    http://www.dabbleboard.com/
    … sehr unkompliziert, aber für das echte Schreiben reagierte auf meinem Laptop etwas langsam. An einem anderen Rechner aber recht flott. Die Zeichenmöglichkeiten fand ich nicht so optimal, da es versucht wird die Eingabe zu interpretieren und teilweise regelmäßige Formen erzeugt werden wollen. So kann man nicht so einfach einen Punkt machen.

    Falls ihr weitere Software oder Online-Angebote kennt, wäre eine Erwähnung nett. Ich habe meine Auswahl übrigens überweigend von Matthias Rückel übernommen http://www.matthiasrueckel.de/14-online-whiteboards-diagramm-tools/2011/07/07/

    Übirgens: Wir sollten unbedingt dafür sorgen, dass die Infos rund um Flipped Classroom, Aktives Plenum und Co im ZUM-Wiki festgehalten werden. Ich werde meine Auswahl hier auch mal dahin kopieren. Stichwort muss ich mal suchen oder eine Seite neu erstellen.

  29. cspannagel sagt:

    @Birgit Vielen Dank für deinen Bericht und deine Linktipps! Die nächsten Tage bin ich ziemlich eingespannt, aber wenn ich ein wenig Luft habe, werde ich sie mal testen… sowie ich das sehe, arbeiten alle Teilnehmer auf demselben Whiteboard? Die Idee des Classroom Presenters ist, dass jeder Schüler/Student ein eigenes Whiteboard hat, und übers Netz wird dann das Bild von „irgendeinem“ Schüler nach vorne geholt… Das kann man vermutlich mit den Tools nicht umsetzen?

  30. Ja, so direkt geht das nicht. Das ist mir schon klar.

    Allerdings könnte man die Seite, die der Lehrer gerade bearbeitet, ja vervielfältigen, so das bei Bedarf ein Schüler eine andere Lösung vorstellt.

    Ein Bild das ich mal hochgeladen habe, liegt meist dann bereit und kann noch einmal verwendet werden. Wenn dann die Teilnehmer noch neue Seiten einfügen können, wäre es ja fast wie beim CP.

    Eigentlich habe ich auch nicht so viel Zeit. Mal wieder „prokrastiniert“ …

    Das Testen heute war vor allem dafür da, mal einen schnellen Einblick zu bekommen. Vielleicht fallen mir Ideen ein, wie ich es mit Schülern im Unterricht mal nutzen kann. Allerdings haben wir keine Tablets. Also brauche ich eine Aufgabe mit Mausbedienung.

  31. […] Vorlesungsvideos einsetzt und als Referent an der ICM-Tagung teilgenommen hat, lässt in seinem Blog die Konferenz Revue passieren und stellt dar, welche Anregungen er von anderen Referenten und aus […]

  32. […] laufen alle, die letzten Unterrichtsstunden waren erfolgreich, sowohl für mich (habe mich von Prof. Spannagel zu etwas Neuem anregen lassen – dazu später mehr) als auch für die Schüler und nächste […]

  33. Kristiina sagt:

    Spät auch von mir nochmal ein Kommentar dazu:

    Ich finde das eine sehr schöne Idee, egal wie viel davon neu oder alt ist!
    Allerdings sehe ich beim berichteten Feedback der Studierenden eine Parallele zur andernorts geäußerten Bemerkung im Web 2.0 versammelten sich ja immer die ähnlich Denkenden…
    Gerade im Rahmen der Mathevorlesung fände ich es wichtig und spannend diejenigen Studierenden zu erwischen, die nicht zum Aktiven Plenum kommen und auch die anderen Unterstützungsangebote nicht wahrnehmen um diese zu befragen, was ihre Gründe sind, wie sie alternativ lernen, was sie stört.
    In solchen Antworten steckt vermutlich noch viel Potential die Lehrveranstaltung (auf vielleicht ganz einfache Weise) zu verbessern und auch für bisher „Ausgeschlossene“ zu öffnen.
    Mir ist klar, dass niemals Alle begeistert werden können, dass bestimmte Formate auch bedeuten, dass nur bestimmte Leute angesprochen werden… aber aus didaktischer Perspektive wäre es doch interessant darum zu wissen. Im Rahmen einer Uni-Lehrveranstaltung scheint mir das – anders als im echten wilden Web 2.0 – möglich, oder?

  34. cspannagel sagt:

    @Kristiina Ja, du hast völlig recht: Diejenigen, die fern bleiben, haben wir noch nicht befragt. Das müssten wir uns tatsächlich näher ansehen. Ich habe diesen Punkt mal in meine Forschungsfragen-Liste übernommen:
    http://de.wikiversity.org/wiki/Benutzer:Cspannagel/forschungsideen#Umgedrehte_Mathematikvorlesung

  35. […] Lernen und Diskutieren in der Präsenzphase. Aufmerksam auf diese Methode wurde ich u.a. durch Christian Spannagl, der dazu z.B. diesen Blogartikel – mit interessanten Beispielen – […]

  36. […] der Dozentin bzw. dem Dozenten ins Gespräch kommen. Sehr interessant ist da z.B. der Ansatz, den Christian Spannagel mit seinem “inverted classroom” verfolgt: Er hat seine Mathevorlesung in einem früheren Semester aufgezeichnet, seitdem müssen sich die […]

  37. […] dabei eine Vorbereitung z.B. durch Podcast (auch Vidcast), der Inverted Classroom (IC) mit “Aktivem Plenum” und eine Evaluation. Eine Themeneinheit — z.B. in einem Seminar oder einer […]

  38. […] den Kernelementen zählen dabei eine Vorbereitung z.B. durch Screencast, der ICM mit “Aktivem Plenum” (vgl. auch hier) und eine Evaluation. Eine Themeneinheit kann so durch Selbststudium, […]

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