Workshop-Party

Veröffentlicht: Montag, Februar 17, 2014 in Hochschuldidaktik, Methods

Vor einiger Zeit hat mich Oliver Tacke mit einer Idee infiziert: den Einsatz eines Partyspiels, das „Party Dinner“ oder so so ähnlich heißt, und zwar nicht auf einer Party, sondern in einem Workshop. Beschrieben hat Oliver das in seinem Beitrag Aktives Zuhören in der Schillerstraße:

Vor einem Essen in geselliger Runde mit FreundInnen erhält jeder Anwesende geheime Aufträge, zum Beispiel “Klaue deinem Sitznachbarn eine Kartoffel vom Teller, ohne dass er es merkt” oder “Starte eine Diskussion zum Thema XY”. Das ist so ähnlich wie das Prinzip der Sendung Schillerstraße, bloß mit freier Zeiteinteilung. Nach dem Essen werden die Aufträge offen gelegt und es hat derjenige gewonnen, der die meisten absolviert hat.

Ich finde die Idee, das in einem Workshop mit den Teilnehmer_innen sozusagen begleitend zu spielen, total witzig. Heute hab ichs bei meinem Flipped-Classroom-Workshop in der Multimedia-Werkstatt der Universität Frankfurt ausprobiert, und das lief folgendermaßen ab:

  • Ich habe den Teilnehmer_innen anfangs erklärt, dass wir im Rahmen des Workshops auch ein kleines Experiment machen, und ich habe das Spiel „Party Dinner“ so wie Oliver beschrieben.
  • Dann habe ich erläutert, dass es zwei Gruppen geben wird: Die rote und die blaue Gruppe. Jeder erhält einen roten oder blauen Geheimauftrag, den er im Rahmen des zweistündigen Workshops erledigen muss, ohne dass es jemand bemerkt. Jeder, dem dies gelingt, verschafft seiner Gruppe einen Punkt. Die Gruppe mit den meisten Punkten hat gewonnen.
  • Funny war: Ich habe die Aufträge vor Workshop-Beginn unter die Stühle mit Tesa geklebt. Ich konnte also sagen: „Um ihren Geheimauftrag zu erhalten, greifen Sie bitte mal vor sich unter den Stuhl… :-)“

Die Geheimaufträge waren dabei beispielsweise die folgenden (eine Gesamtliste gibt es auch):

  1. Wirf in einer Plenumsrunde den Begriff “Vorlesungsobertrottel” ein, ohne dass es auffällig wirkt.
  2. Jemand zweites aus deinem Team hat dieselbe Karte wie du. Findet euch durch Augenzwinkern.
  3. Erkläre einem anderen Teilnehmer, dass du die Kleidung von Christian Spannagel total unangemessen findest, und versuche ihn auf deine Seite zu ziehen.
  4. Versuche, den Text “Flipped Classroom ist cool!” auf dem Präsentationsrechner erscheinen zu lassen.
  5. Bringe in einer Plenumsrunde das Sprichwort “Der dümmste Bauer erntet die größten Kartoffeln” ein, ohne dass es auffällig wirkt.
  6. Überzeuge einen anderen Workshop-Teilnehmer davon, dass der Flipped Classroom gerade in seiner Disziplin besonders gut passt.
  7. Überzeuge einen anderen Workshop-Teilnehmer davon, dich einmal in einer deiner Lehrveranstaltungen zu besuchen.
  8. Sammle mindestens drei Visitenkarten von anderen Workshop-Teilnehmern ein.
  9. usw.

Dabei kann man drei Kategorien von Aufträgen unterscheiden: Diejenige, die einfach nur witzig sind (1-5). Diejenigen, die inhaltlich-sinnvoll sind (6). Diejenigen, die der sozialen Vernetzung dienen (7-8).

An dem Workshop haben ca. 20 Personen teilgenommen. Am Ende hatten acht davon ihren Auftrag erfüllt, vier rote und vier blaue – ein schönes Unentschieden! Eine kurze Feedback-Runde dazu hat ergeben, dass die Teilnehmer_innen es witzig fanden, dass das Spiel nicht gestört hat (bzw. nur eine Person war abgelenkt, als sie versucht hat, einen Text auf den Präsentationsrechner zu bekommen), und dass dies eine zusätzliche Spannung in den Workshop gebracht hat. Witzig war: Mir selbst ist nur eine der acht Auftragserfüllungen aufgefallen, obwohl einige Sprichwörter in der Plenumsrunde genannt wurden, die ich ja selbst eingefordert hatte. Strange!

Fazit: Auf jeden Fall wiederholenswert und ausbaufähig!

Fallen euch noch weitere witzige, inhaltlich-sinnvolle und/oder sozial-vernetzende Aufträge für das Spiel ein?

Kommentare
  1. Elke sagt:

    Geniale Idee…! Auch für private Dinners geeignet bestimmt 🙂

  2. Leila sagt:

    Am besten hat mir die Vorarbeit gefallen. Vor allem, dass es sowohl inhaltliche als auch Fun-Fragen gab. Und überhaupt: es sind durchweg gute Fragen. Wie lange das wohl gedauert hat diese zu erarbeiten? Die intensive Arbeit fällt auf, sorgt für Qualität. Wirklich schöne Idee. Freut mich, dass es auch noch gut ankam. Es würde mich an dieser Stelle vll noch interessieren, in welcher Weise der Lehrstoff hängen geblieben ist. Ist es messbar?

  3. […] Je nach Ziel sind zig Aufträge denkbar. Ohne sie “streng” klassifizieren zu wollen, präsentiere ich ein paar Ideen und Beispiele. Ist (wie immer) nicht alles klar zu trennen. An dieser Stelle greife ich übrigens einige Fragen auf, die Christian Spannagel gerade gestern ausprobiert hat. […]

  4. Luci sagt:

    Die Idee ist witzig. Ich kann mir das Spiel sehr gut für ewig langweilige Konferenzen vorstellen…
    Konntest Du in Erfahrung bringen, warum die anderen Teilnehmer ihren Auftrag nicht erfüllen konnten oder wollten?

  5. dunkelmunkel sagt:

    Sie wollten, aber sie konnten nicht, weil es teilweise nicht so einfach war. Versuch mal, drei Visitenkarten in 2 Stunden von anderen Workshop-Teilnehmern zu bekommen, wenn wir in dieser Zeit insgesamt eine Stunde Plenumsdiskussionen hatten! 🙂

  6. cplicht sagt:

    Man könnte das auch erweitern und als Ziel „möglichst viele Aufträge sammeln“ einfügen. Wenn jemand seinen Auftrag erfüllt hat, bekommt er einen neuen und er alte wird irgendwo veröffentlicht. Dann sehen die anderen, wann/ob sie eines Teil des „Auftrages“ waren. Wir werden das vielleicht am Doktorandenkolloquium dieses Wochenende mal ausprobieren 😉

  7. dunkelmunkel sagt:

    @cplicht Ja, eine gute Idee. Aber es ist auch cool, wenn erst am Ende des Workshops die Geheimnisse gelüftet werden!

  8. Hat dies auf Let learning be fun rebloggt und kommentierte:
    I just read about an interesting idea by Christian Spannagel and Oliver Tacke… And my first thought was: Where can I try it?
    So next week I´ll have an English class at the Volkshochschule, 6 hours preparing/ refreshing English vocab „vacation“. The idea to distribute little „dares“ or excercises should work pretty well in a language learning context since you can use these dares to animate the learners to speak and use the new vocab they´ve learned.
    Possible dares could be:
    – Ask three questions in a row
    – Ask a totally unrelated question during class
    – Ask for the translation of a certain word/ phrase, but instead of using the German word (that´s to be translated) try to mimic it using hand gestures/ pantomime/ drawings)
    – Tell one of the other learners about your last vacation (on a break of course) using as many new words as possible
    – Make a compliment to one of the other learners…

  9. Oliver Tacke sagt:

    @Kristin
    Cool, Schillerstraße is spreading…

  10. Antonia sagt:

    Wie witzig! Das macht sicher Spaß! Wer es spielerisch mag, findet vielleicht auch Gefallen am Speed-Dating im Seminar/Hörsaal: http://www.einfachgutelehre.uni-kiel.de/allgemein/lehrmethode-speed-dating-mit-video.

  11. […] Der erste Hinweis auf Speed-Dating als Methode in der Hochschullehre kam von @dunkelmunkel (hier). Heute zogen @mschaki und @VeeDombrowski nach. Es geht dabei um einen Video-Beitrag aus dem Blog […]

  12. Jana sagt:

    Je mehr ich mich mit der Idee auf deinem und Olivers Blog beschäftige, desto interessanter finde ich sie und will sie im nächsten Workshop mit einsetzen.
    Dazu aber noch ein paar Fragen:
    Haben die Teilnehmer vorher gesehen, in welchem Team sie waren? Wenn ja macht das einige Aufgaben in der Erfüllung einfacher, was vielleicht auch ganz gut ist, angesichts der nicht eingelösten Aufgaben.
    Ihr beide habt sehr theoretische Veranstaltungen. Ich würde gerne mit dieser Methode den langwierigen Prozess von Videos drehen, Interviews aufnehmen, Bilder komponieren, Texte verfassen mit dieser Idee aufpeppen, überlege aber, ob es ablenkt.

    Einfach mal ausprobieren 😉

  13. […] hat dieser Idee in seinem Blogartikel “Workshop-Party” ein deutlicheres Gesicht gegeben, in dem er diese in seinem “Flipped-Classroom-Workshop” […]

  14. dunkelmunkel sagt:

    Hi Jana,
    (ich sehe nur ein Frage, nicht mehrere… hast du welche vergessen?)
    Bei mir sahen die Teilnehmer vorher nicht, in welchem Team sie sind. Letztlich ist das auch wurscht, es geht ja nur um den Spaß…

  15. […] hat und war begeistert. Dann durfte ich es in einem Seminar von Christian Spannagel selbst erleben (hier schreibt er zu seiner Version der Schillerstraße auch einen Beitrag) und war angesteckt vom […]

  16. dunkelmunkel sagt:

    Find ich klasse, dass es gut angekommen ist! 🙂

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