Danke Digitalfoto!

Veröffentlicht: Sonntag, Juni 14, 2015 in Computereinsatz in der Schule
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Christian Ebel hat auf dem Vielfalt-Lernen-Blog zu einer Blogparade mit dem Titel Mit digitalen Medien besser lernen? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? eingeladen. Die Blogparade endet am 15. Juni. Da muss ich mich beeilen, um noch einen Beitrag rechtzeitig abliefern zu können. 🙂

Es gibt natürlich zahlreiche sinnvolle Einsatzmöglichkeiten für digitale Medien in Lehr-/Lernszenarien, genauso wie es verschiedenste gewinnbringende Einsatzmöglichkeiten für analoge Medien gibt. Die Entscheidung für ein digitales oder analoges Medium sollte dabei insbesondere didaktischen Überlegungen folgen: Welche Funktion übernimmt das Medium im Lernprozess? Digitale Medien sollten dabei additiv zu analogen gedacht werden: Digitale Medien ersetzen analoge nicht, sondern sie ergänzen sie. Mit neuen Medien entstehen neue Alternativen, für die ich mich als Lehrperson entscheiden kann (oder natürlich dagegen): Ich kann beispielsweise Schülerinnen und Schüler zunächst geometrische Konstruktionen mit Zirkel und Lineal anfertigen lassen, um die Basis-Konstruktionstechniken erfahrbar zu machen. Später im Lernprozess kann ich eine dynamische Geometriesoftware wie etwa GeoGebra einsetzen, beispielsweise um die Möglichkeiten des Experimentierens mit interaktiven Konstruktionen zu ermöglichen. Sowohl das analoge als auch das digitale Medium erfüllen ihre Funktion im Lernprozess.

Okay, so weit so gut. Auch wenn didaktische Überlegungen ganz wesentlich für die Wahl von Medien sind, möchte ich an diese Stelle nicht weiter darauf eingehen (sie sind beispielsweise in dem Artikel Mehr als eine Rechenmaschine oder dem Artikel „Digitale Medien in der Schule: in medio virtus“ [1] beschrieben). In diesem Beitrag möchte ich einen unterrichtspraktischen Aspekt betonen, also: Digitale Medien können in der Präsenzlehre einfach unglaublich praktisch sein und dadurch die Unterrichtssituation so verändern, dass Lernen besser möglich wird. Denn: Je weniger Zeit für Phasenwechsel und Umbauarbeiten drauf geht, um so mehr Lernzeit bleibt. Dabei hilft: Das Digitalfoto.

Nach Arbeitsphasen möchte man einzelne Ergebnisse von Schüler_innen oder Student_innen im Plenum besprechen. Dazu sollten aber alle die Lösungen sehen können. Wie macht man das klassischerweise? Möglichkeit 1: Die Ergebnisse werden an die Tafel geschrieben. Das dauert in der Regel lange. Abkürzen kann man das, indem man Schüler beauftragt, bereits gegen Ende der Arbeitsphase ihre Lösungswege an die Tafel zu schreiben. Nachteil: In der Regel lässt man das die guten Schüler machen, denn die sind schon früh fertig („Du bist schon fertig? Dann schreib doch dein Ergebnis mal an die Tafel!“). Trotzdem: Beim Schreiben an die Tafel entstehen Verzögerungen, und die behindern den Schwung im Unterrichtsfortgang, Unterrichtsstörungen werden wahrscheinlicher. Darüber hinaus lässt man falsche Ergebnisse eher nicht anschreiben (auch wenn diese gute Diskussionsanlässe wären), weil die Gefahr des Bloßstellens groß ist. Möglichkeit 2: Man verteilt Folien für den Overheadprojektor und lässt bestimmte Schüler ihre Lösungswege auf Folie übertragen oder gleich von Anfang an drauf schreiben. Auch wenn analoge Medien weiterhin berechtigt sind: Das wirkt nun in der Tat ziemlich anachronistisch.

Mal wieder von Michael Gieding (wie so oft) abgeschaut hab ich mir folgende praktische, total naheliegende weitere Möglichkeit, die nun digitale Technologien nutzt: Fotografiere Lösungen mit dem Smartphone oder Tablet und präsentiere sie über den Beamer. Beim Herumlaufen im Klassenzimmer oder Hörsaal kann man Lösungen fotografieren, die gute Diskussionsanlässe sind: richtige Lösungen, Lösungen mit typischen Fehlern, verschiedene Lösungsansätze usw.

Das Smartphone kann man dann beispielsweise per USB-Kabel an einen Rechner, an dem ein Beamer hängt, anschließen und dann die Fotos über den Beamer präsentieren, oder man holt die Speicherkarte aus dem Smartphone und steckt sie in einen Kartenleser, oder man hat einen VGA- oder HDMI-Adapter für sein Handy. Ich verwende mittlerweile zur Präsentation mein iPad in Kombination mit einem Apple-TV: damit kann ich sofort wireless meine Bilder an die Wand werfen, ohne groß umstöpseln zu müssen. Dadurch wird der Unterrichtsfluss praktisch nicht gestört und wir können sofort die Ergebnisse besprechen.

Bei dieser Methode bietet es sich übrigens an, mit Arbeitsblättern zu arbeiten, die ausgefüllt werden, denn: Wenn jeder seine Lösung in das Arbeitsblatt einträgt, dann sehen die per Foto präsentierten Ergebnisse strukturell alle gleich aus. Jeder im Raum findet sich sofort auf dem projizierten Arbeitsblatt zurecht. Andernfalls hat man eher „Kraut-und-Rüben-Darstellungen“, die man von ihrer Struktur erst mal durchblicken muss.

Alternativ könnte man natürlich eine Dokumentenkamera einsetzen. Drei Nachteile: Erstens muss man diese haben oder kaufen (ein Smartphone hat man ja in der Regel schon), zweitens muss man sie in jedem Raum haben (oder mitschleppen), und drittens müssen die Arbeitsergebnisse nach vorne getragen werden. Auch das könnte den Unterrichtsfluss wieder behindern.

Speziell in der Mathematik sind Digitalfotos auch noch in einem anderen Bereich extrem praktisch: in Online-Lernumgebungen, in denen sich Student_innen aktiv beteiligen sollen. Jeder kennt das folgende Problem aus Mathematikforen: Wie teilt man anderen die Überlegungen per Formel mit? Formeln werden irgendwie kryptisch mit Hilfe der auf der Tastatur verfügbaren Zeichen reingehackt, oder man muss LaTeX beherrschen. Egal wie: Das Abtippen an sich ist schon ein Umstand, denn man hat ja oft zuvor die Lösung bereits auf Papier entwickelt. Schwierig sind auch Skizzen und Zeichnungen: Will man die nochmal abmalen? Nein. Einfacher geht’s, wenn man die Lösung auf dem Papier einfach abfotografiert oder einscannt und dann das Foto hochlädt. Diese Technik bieten wir seit einigen Semestern in unserem Mathe-MOOC an, und das hat sich wirklich bewährt: Viele, die ihre Lösungen einstellen, machen dies per Foto. Gäbe es die Möglichkeit nicht, dann würden diese Personen ihre Lösungen vermutlich gar nicht einstellen, weil es einfach umständlich wäre.

Das alles klingt fast trivial, aber Digitalfotografie in den oben beschriebenen Szenarien ist wirklich ein mächtiges Werkzeug, gerade weil das so einfach und überzeugend ist: Arbeitsergebnisse von Schüler_innen oder Student_innen lassen sich so wendiger präsentieren und diskutieren, ohne das Zeit verloren geht. Zeit zum Phasenwechsel lässt sich so in Lernzeit umwandeln. Insofern mein Fazit: Danke Digitalfoto, dass es dich gibt!

[1] Spannagel, C. (2015). Digitale Medien in der Schule: in medio virtus. LOG IN, 180, 22-27.

Kommentare
  1. AlexanderS sagt:

    Sehr schöner Artikel und ich hoffe sehr das an meiner Hochschule eventuell auch mal ein Versuch damit gewagt wird. Außerdem vielen Dank für Ihre Youtube Videos, die helfen mir immer sehr in meinem Informatikstudium.

  2. […] Spektrum reicht vom Hilfsmittel, das eher punktuell eingesetzt wird (vgl. etwa Christian Spannagels Beitrag zu digitalen Fotos als Mittel zur Präsentation und Diskussion von Arbeitsergebnissen), bis hin zu einer umfassenderen […]

  3. […] EduVote. Eine weitere Idee, um einen Blick auf Lösungen zu werfen, findet ihr im Beitrag  “Danke Digitalfoto!” Die schwierigen Punkte, die wie auch immer identifiziert wurden, lassen sich dann […]

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  5. […] Dokumentenkamera Mit einer Dokumentenkamera ist es möglich, etwa Seiten aus Büchern auf eine Leinwand zu projizieren. Die Dinger sind aber vergleichsweise teuer, wenn man bedenkt, dass sie nur diesen einen Zweck erfüllen. Mit einer Halterung lässt sich das ebenso mit einem Smartphone erledigen. Es geht aber auch noch spannender! Wenn Studierende schriftliche Lösungen auf Papier erarbeiten (Rechnungen, Zeichnungen, usw.), können diese exemplarisch auch sehr einfach für alle sichtbar gemacht werden: Als Lehrender herumgehen, von einer passenden Lösung ein Foto machen, projizieren, fertig. Das macht beispielsweise Michael Gieding in Heidelberg. […]

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