LdL im Matheunterricht

Veröffentlicht: Mittwoch, März 11, 2009 in LdL

Heute waren wir (einige Teilnehmerinnen des Informatikdidaktikseminars, Lutz Berger und ich) wieder mal auf „Bildungsexpeditionsreise“: Wir haben Erich Hammer in Würzburg besucht. Erich hat dort an der FOS/BOS Kitzingen (Außenstelle Würzburg) einen Mathekurs (13. Klasse), den er nach LdL unterrichtet. Wir haben wieder gefilmt und interviewt. Die Videos werden demnächst online gestellt. Hier aber – wie immer – erst mal mein persönlicher Eindruck.

Es war eine Offenbarung für mich. Und das ist nicht übertrieben, auch wenn es so klingt. Wir haben uns zu Beginn der Stunde im Raum platziert, und alles, was ich wusste, war, dass es sich um eine Übungsstunde handelt (weil sich – so Erich – unter LdL-Einführungsstunden jeder etwas vorstellen kann, Referate und so, und eine Übungsstunde ist etwas außergewöhnlicher).

Wir haben uns also in der Klasse platziert, und Erich beginnt die Stunde mit: „Wir machen mal ein paar Ableitungen mit der Logarithmusfunktion. Wer fängt an?“ Erich setzt sich, ein Schüler steht auf und geht an die Tafel. Erich diktiert eine Funktion, der Schüler schreibt den Term an die Tafel. Mein spontaner Gedanke: „So, jetzt bildet der Schüler die Ableitung, setzt sich, und der nächste kommt dran. Was daran ist LdL?“

Dann ging’s los – und augenblicklich wandelte sich das große Fragezeichen über meinem Kopf in ein großes Ausrufezeichen. Der Schüler dreht sich um fragt die Klasse: „So, was können wir als erstes machen?“. Schüler äußern Ideen, und der Schüler setzt sie an der Tafel in die Tat um. Immer wieder stellt er Fragen, in etwa wie diese : „Können wir das noch weiter zusammenfassen?“, „Können wir hier noch kürzen? Oder sind wir schon fertig? und „Konnte jeder folgen?“ Nachdem die Ableitung bestimmt ist, setzt er sich, der nächste Schüler geht an die Tafel, Erich liest den nächsten Term vor, der Schüler dreht sich wiederum um und leitet den Klassendialog.

Wenn ein Schüler etwas nicht verstanden hat, fragt dieser sofort nach: „Wieso können wir das so umformen?“ und „Warum dürfen wir das jetzt?“ Ein anderer Schüler antwortet. Wenn Fehler entstehen, hat diesen in der Regel sofort ein Schüler entdeckt und äußert die Korrektur. Sie wird sofort in die Tat umgesetzt. Dabei handelt es sich um pures Neuronenverhalten, so wie ich es noch nie direkt erlebt habe. Die Schülerbeiträge kommen Schlag auf Schlag – ohne Eingreifen des Lehrers.

Es kam auch vor, dass Schüler einen Fehler nicht entdeckt haben. Dann griff Erich ein: „In der letzten Zeile ist auch ein beliebter Fehler. Gut, dass wir ihn gemacht haben. Wer sieht’s?“ Hier wird auch deutlich, wie Fehler gehandhabt werden: Als Lerngelegenheit. Dies haben auch die Schüler im anschließenden Interview geäußert: Sie sind froh, dass sie Fehler machen können, ja sie finden es geradezu gut, Fehler machen zu dürfen. Und: Nicht der Lehrer berichtigt dies in der Regel, sondern die anderen Schüler – ein sehr angenehmer Gedanke.

So kam es auch, dass die Schüler in dieser Stunde ganz frei ihre Gedanken geäußert und Ideen in den Raum geworfen haben. Die Aufgabe des Schülers an der Tafel besteht zum Teil im selbst durchgeführten Rechnen/Umformen/…, zum anderen (und das ist der wesentliche Teil) in der Steuerung und Moderation des Klassengesprächs.

In der zweiten Hälfte der Stunde hat die Klasse gemeinsam eine Kurvendiskussion an der Tafel durchgeführt. Dabei kamen sie immer wieder in Situationen, in denen sie sich entscheiden mussten: „Sollen wir das so notieren oder so?“ – „So ist’s besser, das ist einfacher.“ – „Aber so ist’s auch nicht falsch.“ – „Lasst uns einfach mal so weitermachen.“ Konflikt, Diskussion, Aushandlung, Einigung. Weiter geht’s.

Erich sagt, dass er auch ab und zu mal Inhalte selbst einführt, wie beispielsweise den Ableitungsbegriff und Integrale. Dann gibt es aber nur kurz Input, und schon sind die Schüler an der Reihe, das eben vernommene auf neue Fälle zu übertragen. „Wer kommt an die Tafel und probiert das mal mit dieser Funktion aus?“ Und schon übernimmt wieder „das Gehirn“ (die Klasse).

In der von uns besuchten Stunde hat Erich vielleicht 10 Sätze gesagt. Der restliche Gesprächsanteil geht auf das Konto der Schüler.

Ich kann nur sagen: Freut euch auf das Video – das muss man wirklich gesehen haben.

Kommentare
  1. Scheppler sagt:

    Ich bin sehr, sehr gespannt auf das Video.
    Mich würde freuen, wenn noch etwas genauer die Rolle des Lehrers herausgestellt werden könnte. In der Ecke sitzen und Terme diktieren? Sicher muss es mehr sein. Jean-Pol Martin wirkte in den von Euch gezeigten Stunden deutlich präsenter als Du es jetzt beschreibst.
    Ich finde wirklich stark, wie viel Ihr auch über eure Gruppe hinaus weitergebt. Das ist toller Input für mich. Merci 🙂

  2. @cspannagel
    Wow!
    @scheppler
    Hier handelt es sich um eine 13.Klasse, die schon sehr eingeübt ist. Meine Klasse war ganz am Anfang, ungeübt in LdL und sehr schüchtern. Am Anfang muss man sehr viel steuern, bis die Automatismen sich einstellen. Wie wenn der Fahrlehrer am Anfang dir die Griffe zeigt, und am Ende machst du alles allein.

  3. cspannagel sagt:

    @scheppler Die Rolle des Lehrers ist natürlich nicht „einfach nur in der Ecke sitzen“. Er ist extrem gefordert – er muss die Gedankengänge der Schüler verfolgen, mitdenken, evtl. Fehler aufspüren, geduldig warten, ob die Fehler von den Schülern entdeckt werden, ggf. eingreifen. Das ist äußerst anstrengend – auch wenn er selbst äußerlich nicht aktiv erscheint.

    In der Tat war Erich wesentlich weniger „aktiv“ als Jean-Pol. Aber das mag tatsächlich daran liegen, dass es bei dem Mathekurs wirklich von selbst lief.

    Danke auch für dein Lob – wir können gar nicht mehr anders als weitergeben = feuern. ;-)))

  4. rip sagt:

    Das klingt wirklich sehr verheißungsvoll – ich bin auch sehr neugierig auf das Video. Ich befürchte nur, dass ich als Mathe-Ignorant nicht viel verstehen werde.

  5. […] anlege – Kategorie: Für alle an LdL (Lernen durch Lehren) Interessierten lesenswert! LdL im Matheunterricht « chrisp’s virtual comments. Share this […]

  6. […] hat Christian in gewohnt präzis-perfekter Weise zusammengefaßt, der geneigte Leser möge dazu auf diesen Link klicken Hier ein erster Eindruck und ein Interview aus dem Bus, das überschattet wurde von dem Amoklauf in […]

  7. […] das gerade eben vom grandiosen Lutz Berger hochgeladene erste Vorgeschmack-Video zu unserem Unterrichtsbesuch bei Erich Hammer posten. Danke, […]

  8. mga010 sagt:

    Als Universitätslehrer würde ich mich freuen, wenn die Studenten bei uns handlungs- und kritikfreudiger ankämen. Am Anfang herrscht ein schüchternes Konsumverhalten vor, wie sie es halt aus der Schule gewohnt sind. Und das, obwohl wir Kleingruppen anbieten können. Rechnet ein Student eine Aufgabe vor, wird nicht unterbrochen, nicht nachgefragt, und nicht auf Fehler hingewiesen, allein schon, um niemanden bloszustellen. In der Vorlesung wird man rot, wenn man eine Frage stellt, die sich vielleicht als dumm heraus stellt. Es ist dann oft die letzte Frage, die dieser Student stellt.

    Es dauert mehrere Semester, bis genügend Selbstvertrauen für eine echte Diskussion aufgebaut ist.

  9. cspannagel sagt:

    @mga010 Genau! Und bei uns ist es noch dramatischer, weil wir Lehramtsstudierende – d.h. also zukünftige Lehrerinnen und Lehrer – ausbilden. Sie bringen dieses Konsumverhalten aus der Schule mit, werden an Hochschulen i.d.R. auch mit diesem Verhalten belohnt und gehen mit dieser Sicht auf Lernen und Lehren dann an die Schulen. Schwierig, diesen Teufelskreis aufzubrechen.

  10. Kai Nehm sagt:

    Auch unser Mathe-LK war damals für ein paar Versuche gut, z.B. das Erarbeiten von Lerninhalten in Zweierteams oder völlig freie Hausaufgaben. (rechnet mal von den Aufgaben 4-56 welche ihr wollt, Fragen bitte am Montag – und es kamen sogar Schüler aus dem zweiten LK zur Fragestunde!)
    Das waren zarte Schritte aus dem Teufelskreis.

    In einer 13. Klasse wird das herannahende Abi für genügend Disziplin sorgen, schwieriger wird es in den Stufen darunter den „Weltverbesserungsgedanken“ im Stoff zu finden.
    Leider sind die Beispiele in den Lehrbüchern oft von der Realität zu weit entfernt, um die Relevanz aufzuzeigen.

  11. cspannagel sagt:

    @Kai Die Lehrbücher werden in letzter Zeit langsam besser in dieser Hinsicht. Aber darauf sollte es eigentlich nicht ankommen. Das Lehrbuch ist ein Medium wie jedes andere auch. Es kommt darauf an, wann und wie die Lehrperson dieses Buch einsetzt, und wann sie einmal darauf verzichtet und andere Materialien / Medien / … verwendet.

  12. Lisa Rosa sagt:

    Toll!!! Und so spannend berichtet. Danke, Christian. Jetzt bin ich ganz heiß auf das Video … Meine Güte, hätte ich so einen Mathe-Unterricht gehabt, hätte ich ja vielleicht sogar selbst noch mathematisch denken gelernt. ;-(
    Gerade vordem ich hier ankam, war ich auf einer Unschooler-Seite, um mich zu erholen von all dem traditionellen Regelschulunterricht und mich in postschulischen Zukunftvisionen zu aalen. Aber wenn ich das hier lese, muss ich sagen: Vielleicht ist die Schule ja doch noch zu retten.

  13. Lisa Rosa sagt:

    off topic: übrigens … ich vermisse ein Post von Dir in Jochen Robes und Andrea Backs WissensWert Blog Carnival zum E-Learning! http://wissenswert.iwi.unisg.ch/?p=17

  14. Hallo!

    Auch ich bin schon ganz gespannt auf den Hauptfilm. Ich habe mir jetzt den Ausschnitt angesehen und Deine begeisterte Beschreibung gelesen. Und ich bekomme auch den Eindruck, dass es eine tolle Stunde war.
    Etwas Kritik darf aber doch sicherlich auch sein, oder?

    Ich finde es unheimlich toll mit welcher Begeisterung ihr LdL vertretet und voranbringt. Für meinen Geschmack fehlt mir aber ein wenig das kritische Hinterfragen der Methode, was ich jetzt hier einmal in Bezug auf die angesprochene Stunde machen möchte.
    Zunächst einige Frage:
    1.) Bestimmen die SuS selbst, wer nach vorne kommt? Trauen sich auch die schwächeren SuS?
    2.) Bestand die ganze Stunde darin Übungsaufgaben gemeinsam an der Tafel zu lösen?
    3.) Haben sich alle SuS an den Diskussionen zu den Lösungen beschäftigt?

    Ich würde mich fragen, ob diese Form der Übungsstunde wirklich für alle SuS geeignet ist. Wäre es nicht sinnvoller zunächst jedem SuS die Möglichkeit zu geben die Aufgabe für sich zu lösen, um selbst zu merken, wo er Schwierigkeiten hat? In der Klausur muss er die Aufgaben ja auch alleine lösen und hat nicht das „Gehirn“ der Klasse zur Verfügung.
    Gibt es nicht auch andere Methoden die SuS zur intensiven Kommunikation über Aufgaben zu bringen? Ich meine schon: Zunächst hat man Zeit die Aufgaben selbst zu bearbeiten und sich Schwierigkeiten zu notieren. Nach einem kurzen Abgleich mit dem Partner kommt eine Austauschphase in einer Kleingruppe (entsprechend nach Leistung strukturiert). Aufgabe ist es nun die Lösungen zu den Aufgaben zu diskutieren und sich auf eine gemeinsame zu Verständigen und diese auf einem Plakat übersichtlich zu verschriftlichen. Anschließend werden die Plakate der einzelnen Gruppen (mit verschiedenen Aufgaben drauf) im Klassenraum aufgehangen, ein Gruppenmitglied bleibt beim Plakat stehen und die restlichen gehen umher und schreiben sich die Lösungen der anderen Gruppen ab. Die Person am Plakat kann bei Nachfragen zur Hilfe stehen. Diese Methode habe ich nun schon öfter ausprobiert und auch da sind ganz tolle Diskussionen unter den SuS entstanden und jeder hatte die Möglichkeit bei Schülern nachzufragen. Ich musste eigentlich gar nichts machen und war auch so gut wie nicht präsent. Der Vorteil für die SuS war, dass sie so in relativ kurzer Zeit einen ganzen Satz von Übungsaufgaben aufnehmen konnten, welche sie zur Vorbereitung auf die Klausur nutzen konnten.

    Außerdem darf ich aus meinem Unterricht berichten, dass die SuS in der Oberstufe eig. immer nachfragen, wenn sie etwas nicht verstanden haben bzw. wenn sie bessere Lösungsideen haben. Klar gibt es auch immer wieder welche, die das nicht tun, sie sind aber deutlich in der Minderheit. Ich finde es von daher gar nicht so besonders, das SuS im Unterricht Verständnisfragen stellen. Vielleicht kommt es hierbei auch auf das richtige Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler an. Auch bei mir dürfen Fehler gemacht werden und ich beobachte, dass die SuS diese auch machen und trotzdem noch nach vorne kommen möchten um etwas vorzurechnen oder zu präsentieren.

    Kurz um: Meiner Meinung nach gibt es auch andere Methoden als LdL, um die SuS im Mathematik-Unterricht zur Diskussion anzuregen.

    Nun zum Problem LdL auch in „Einführungsstunden“ in Mathematik einzusetzen. Ich halte dies für sehr schwierig. Ich bin sehr dafür, dass – auch in der Oberstufe – die SuS möglichst viel selbst entdecken können. Bspw. finde ich es sehr wichtig, dass die SuS in der Jahrgangsstufe 11 die notwendige und hinreichende Bedingung für lokale Extremstellen mehr oder weniger selbstständig entdecken und einsehen können. Dies geht nur mit gut gestalteten Arbeitsblättern, oft geübtem grafischen Differenzieren und Arbeit an PCs. Für mich war die Entwicklung dieser Sequenz sehr viel Arbeit (Erstellung von Geogebra-Applets, Arbeitsblätter etc.). Ich glaube kaum, dass dies eine Gruppe von SuS im LdL-Unterricht leisten kann, wenn sie sich gerade erst in das Thema eingearbeitet haben. D.h. das Thema wird wahrscheinlich eher vortragsmäßig präsentiert und anschließend Übungsaufgaben zu Anwendung präsentiert. Das ist aber nicht meine Vorstellung davon wie Mathematik-Unterricht aussehen sollte…

    Meine Meinung: Um „guten“ Mathematikunterricht zu machen, muss dieser didaktisch sehr gut aufbereitet sein. Es muss viel mehr sein, als Stoff präsentiert zu bekommen. Mathematik ist eine Tätigkeit!
    Diese Aufbereitung kann ich von SuS, die sich zum ersten Mal mit dem Stoff beschäftigen, nicht erwarten.

    Ich fände es daher besser nicht den Absolutheitsanspruch zu haben, dass LdL DIE Methode für die Schule ist, sondern lediglich eine von vielen. Ich selbst habe LdL in meinem Informatikunterricht eingesetzt und es hat sehr gut funktioniert. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen den ganzen Unterricht so organisieren zu lassen.

    Nun bin ich gespannt auf die Reaktionen.

    Viele Grüße

    Nils vdB

  15. cspannagel sagt:

    Hi Nils,

    vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Hier meine Antworten:

    Zu deinen ersten Fragen:

    1) Die Schüler haben sich selbst die Regel auferlegt, einfach der Reihe nach aufzustehen. Es kommt also jeder dran.
    2) Ja – es war eine Stunde, die als Übungsstunde deklariert war.
    3) Manche mehr, manche weniger. Ich hatte aber den Eindruck, dass alle „mit dabei“ waren.

    Die Schüler lösen natürlich auch alleine Aufgaben – nämlich zum Beispiel zu Hause (also dort, wo sie auch alleine sind. 😉

    Mir geht es übrigens nicht um einen Alleinstellungsanspruch der Methode. LdL ist nicht nur Methode, sondern vor allem auch Grundhaltung. Insofern würde ich das Szenario, das du beschreibst (erst selbst, dann Kleingruppe, dann Plakat) ebenfalls als LdL bezeichnen: die Schüler erarbeiten selbst Lösungen, handeln diese untereinander aus und stellen sie sich gegenseitig vor. Vermutlich hast du eine enge Sicht von LdL?

    Zu den Einführungsstunden: D’accord. Deswegen kann man als Lehrer ja durchaus den Schülern auch die Materialien (Geogebra-Applets usw.) zur Vorbereitung geben und sie dabei unterstützen, diese in ihren Einführungsstunden adäquat einzusetzen.

    Du schreibst: „Es muss viel mehr sein, als Stoff präsentiert zu bekommen. Mathematik ist eine Tätigkeit!“ Genau. Wir haben 60 Minuten pure Tätigkeit gesehen. Stoff wurde überhaupt nicht präsentiert. Und auch sonst gilt sowieso: LdL ist nicht „Referate halten“, sondern bedeutet, dass Schüler zur „gemeinsamen Wissenskonstruktion“ angeregt werden. Und damit das in einer angstfreien Atmosphäre geschieht (wegen Fehlerkultur usw.), übernimmt ein Schüler dabei die Lehrerrolle.

  16. cspannagel sagt:

    @Lisa Klar ist die Schule noch zu retten. Hast du jemals daran gezweifelt? 😉

    Und: Vielen Dank für den Hinweis auf die Blogparade. Ich hatte erst gestern davon erfahren. Ich muss mal schauen, ob ich etwas beitragen kann…

  17. Hier direkt die Antwort:
    Nun, ich würde meine geschilderte Methode eher als „selbstständiges Arbeiten“ bezeichnen. Aber wenn Du diese auch als LdL bezeichnest, umso besser. Allerdings habe ich vom dem was ich bisher gelesen und gesehen habe, doch einen etwas anderen Eindruck von LdL.

    Material für Einführungsstunden: Ich sehe aber nicht direkt den Vorteil, warum ich zunächst SuS von meinem Materialien überzeugen sollte, dann kann ich sie doch auch direkt selbst erinsetzen und darauf achten, dass die Kommunikation zwischen den SuS mit Hilfe meiner Materialien stattfindet.

    „Wir haben 60 Minuten pure Tätigkeit gesehen. Stoff wurde überhaupt nicht präsentiert.“ Ja, weil ihr eine Übungsstunde gesehen habt. Ich mache jetzt seit einer Woche Stationen lernen in einer 7. Klasse. Dort sind auch 45 Minuten Tätigkeit zu sehen (ich müsste eig. gar nicht anwesend sein). Die Diskussionen zwischen den SuS entstehen, weil die Arbeitsmaterialien zum Nachdenken anregen…

    „angstfreien Atmosphäre“: Ich behaupte jetzt einmal ganz frech: In meinem Unterricht herrscht eine angsfreie Atmosphäre. Belegen kann ich das natürlich nicht, aber Evaluationen bei den SuS und Rückmeldungen von Beobachtern bestätigen dies eigentlich…

    „LdL ist nicht “Referate halten”, sondern bedeutet, dass Schüler zur “gemeinsamen Wissenskonstruktion” angeregt werden.“ Das habe ich soweit auch begriffen :-). Wenn ich mich allerdings an das Video aus Eichstätt erinnere war dort für meinen Geschmack das „Lehren“ aus LdL doch deutlich zu erkennen.

    Viele Grüße!

    P.S.: Nicht falsch verstehen: Ich finde die LdL-Idee auch klasse. Mag sein, dass ich sie noch nicht ganz verstanden habe…

  18. Itari sagt:

    Ohne jetzt den Film gesehen zu haben (werde ich auch gleich machen), erinnert mich der Unterricht ein wenig an Nachhilfegruppen. Die waren auch immer zu 4 oder 5 und liefen in etwa so ab. Scheints wissen die Nachhilfelehrer wohl intuitiv, wie man ‚lernintensiven‘ Unterricht gibt. Oder lernt man das auch als angehender Lehrer an der Hochschule? 😉 Ich meine Didaktik und Methodiik für die normale Schulstunde und dann die Variante für den Nachhilfeunterricht. Schließlich soll der Nachhilfe unterricht ja ein wenig besser sein als der ’normale‘, denn sonst würde man ja den nicht erfolgreich und bezahlt machen können.

    Wie ist denn zu Zeit so das Verhältnis der Arbeitszeit eines Lehrers? Also wie viele Stunden gehen auf regulären Unterricht und wie viele auf Nachhilfe drauf?

    Itari

    PS. Ich hab als Primaner auch Mathestudenten Nachhilfe für ihre Examensprüfungen gegeben. Ist das heutzutage auch noch so?

  19. cspannagel sagt:

    @Nils Es kommt darauf an, mit welcher Grundhaltung du das selbstständige Arbeiten umsetzt. Schüler selbstständig arbeiten lassen ist in der Tat noch nicht LdL. LdL hat ein recht großes Theoriegebäude im Hintergrund (Klasse als Gehirn, Neuronenmetapher, Bedürfnisorientierung, entsprechendes Menschenbild, …). Wenn du als Lehrer diese Theorie verinnerlicht hast, eine entsprechende Grundhaltung angenommen hast und die entsprechende Atmosphäre im Klassenzimmer etabliert hast, dann würde ich das selbstständige Lernen, so wie du es beschrieben hast, auch unter LdL fassen. Von außen und oberflächlich gesehen wirkt selbstständiges Lernen mit und ohne LdL vermutlich identisch. Aber: Der Lehrer schaut mit anderen Augen auf die Lernsituation. Und die Schüler schauen mit anderen Augen auf die Lernsituation. Darauf kommts an!

    Zum Materialeinsatz: Natürlich gibt es erhebliche Vorteile, wenn nicht du das Material einsetzt, sondern die Schüler. Wenn ein Schüler es schafft, die Einführungsstunde zu gestalten, das Material einzusetzen und dabei sieht, wie seine Mitschüler durch sein Vorgehen zu Erkenntnissen kommen: Wie geil ist dass den für diesen Schüler? LdL baut das Selbstvertrauen und die Selbstwirksamkeit der Schüler auf. Und die anderen Schüler haben geringere Hemmungen, bei Unverständnis nachzufragen (im „Standardmatheunterricht“; dass das bei dir anders ist, kann ich gut nachvollziehen). Rein mathematikdidaktisch betrachtet könntest du Recht haben. Aber im Unterricht geht’s um mehr als das.

    Klar: Auch Stationenlernen kannst du im Rahmen von LdL-Unterricht machen. Du kannst jede beliebige Methode im Rahmen von LdL einsetzen. Entscheidend ist, wie sich die Schüler ihre Rolle begreifen: Sie verstehen sich als „Gehirn“, das gemeinsam lernt. Und entscheidend ist, wie der Lehrer seine eigene Rolle begreift und wie er die Klasse sieht. Ich weiß, dass das so klingt wie jeder beliebige konstruktivistische Ansatz. Entscheidend ist aber, wie gesagt, die Theorie, auf der LdL beruht. Die Theorie muss die Basis sein.

    Zur angstfreien Atmosphäre: Das glaube ich dir gerne, dass das bei dir so ist. Bei wie vielen Mathelehrern ist es denn noch so? Ich habe diejenigen Studierenden bei mir in den Lehrveranstaltungen sitzen, die Mathematik nicht als Fach belegt haben, aber dennoch ein Modul Mathematik studieren müssen. Ich lasse sie am Anfang der Semesters immer Bilder über ihren Mathematikunterricht malen. Was dabei rauskommt, ist alles andere als angstfrei. Mathematik ist für viele Schüler ein Angstfach. Und leider unterstützen viele Lehrer auch diese Haltung. Sie holen Schüler an die Tafel und lassen sie dort so lange stehen, bis sie heulen und wieder an den Platz gehen. Das ist der Kontrast, zu dem man den Unterricht, den ich oben beschrieben habe, sehen muss. Nicht dein Unterricht bildet den Kontrast. Solchen Lehrern muss du zeigen, wie man es besser macht. Nicht dir.

    Eichstätt unterscheidet sich von Würzburg dadurch, dass die Schüler dort sehr zurückhaltend und schüchtern sind. Daher das häufige Agieren von Jean-Pol. Wie LdL abläuft, hängt stark von der Bereitschaft der Klasse ab, sich darauf einzulassen.

  20. cspannagel sagt:

    @Itari Zu deinen Fragen, wie sich das mit Nachhilfe heute verhält, kann ich leider nix sagen – ich weiß es schlichtweg nicht. Vielleicht weiß es jemand anders?

  21. Lisa Rosa sagt:

    @mga010: Das ist eine schöne Beschreibung der Unkompetenzen, zu denen die derzeitige Schule generell erzieht. Es ist überhaupt ein Wunder, dass Schüler trotzdem was lernen! Ich werde Deine Beschreibung als Zitat (eines Uniprofs) mitnehmen in einen Vortrag, den ich demnächst abliefern muss über die zukünftige selbstreflexive Lerngesellschaft – in die es die Schule als System vielleicht nicht schaffen wird. Danke!!!

    @ LdL-Methode: Sie eignet sich offenbar sehr gut, um gerade in Fächern wie Mathe und Sprachen, die traditionell am meisten Lehrgangs- und Trainingsmäßig vermittelt werden, überzugehen zu einem selbstgesteuerten Lernen von Problemlösungs-Methodologien. Der Lehrer hat hier sehr professionell die Rolle eines Coaches für selbstgesteuertes Lernen übernommen. Chapeau! Ein Lehrer, der sich zu engagiert zu viel selbst einbringt mit Steuerung und eigenen Inputs, verfehlt diese Rolle. Zurückhaltung und soetwas wie optimistische „Kompetenzvermutung“ bei den Lernenden durch den Lehrer ist unbedingt zu trainieren. Wir unterschätzen in der Regel die potentenziellen Fähigkeiten der Schüler, weil wir sie generell als inkompetent definieren. (Das gehört zum Systemdefekt der Schule.)Kompetenzen entstehen jedoch in der selbstständigen Tätigkeit – und nicht im Belehrtwerden. Diese Coaching-Rolle ist auch die Rolle, die der Lehrer bei selbstbestimmten Projektlernen einnehmen muss. Übrigens hat der Lehrer in diesem Mathebeispiel einfach nichts weiter getan (und trotzdem ist es ein für die Schule ungeheurer Schritt!), als organisiert etwas zuzulassen und zu unterstützen, was Schüler in Mathe sowieso tun – wenn man sie läßt: nämlich sich peer-to-peer mit Erklärungen gegenseitig zu helfen, die der Lehrer nicht liefern kann, weil er zu weit weg ist von den Verständnisproblemen der Schüler. Normalerweise ist aber diese p2p-Selbstorganisation im Unterricht veboten – denn sie „stört“ den Lehrgang und das abhängige Training im Belehrungsunterricht, in dem die Schüler bloß Zuhörer und Konsumenten und abhängig Trainierende statt Produzenten ihres eigenen Wissens sind.
    LdL ist aber nicht der Königsweg bei Gegenständen komplexerer Art, wie sie in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern an der Tagesordnung sind. Dort ist das Projektlernen mit einer komplexen weiten Fragestellung als Rahmen unbedingt vorzuziehen. Im Rahmen eines „Erkundungsprojekts“ z.B. kann dann jedoch durchaus auch ein LdL-Element mal eine wichtige Rolle spielen.

  22. cspannagel sagt:

    @Lisa Das finde ich jetzt interessant, dass du der Meinung bist, dass sich LdL ganz besonders gut für Mathe eignet. Wir waren das ganze Semester sehr unsicher diesbezüglich gewesen. Seit dem Besuch bei Erich ist mir jetzt auch klar, dass sich LdL für Mathe genauso eignet wie für Französisch. Vorher war mirs gar nicht klar. 🙂

    Zu den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern: Das kann ich jetzt gar nicht verstehen! Weshalb willst du „LdL-Elemente“ in Erkundungsprojekte einbringen? Ich würde sagen: Führe Erkundungsprojekte im Rahmen von LdL durch. Lass die Schüler an komplexen Fragestellungen arbeiten und dabei selbst Planungs-, Diskussions- und Durchführungsphasen organisieren. Wenn beispielsweise verschiedene Projekte in einer Klasse durchgeführt werden sollen: Lass die Schüler die Themenvergabe besprechen. Wenn der Stand der Projekte in der Klasse reflektiert werden soll: Lass einen Schüler die entsprechende Diskussion moderieren. usw. Insgesamt würde ich sagen: Projekte innerhalb von LdL sind die Krönung. 🙂

    Wer LdL als Grundhaltung verinnerlicht hat, kann nich „Elemente“ in Unterricht einbringen. Man kann sozusagen nicht Elemente einer Grundhaltung hier und Elemente einer anderen Grundhaltung dort einbringen. Es gibt sowas wie Methodenvielfalt (die in LdL ja bekanntermaßen möglich ist), nicht aber Grundhaltungsvielfalt. 😉

  23. mccab99 sagt:

    Bitte lasst uns einen Fehler nicht machen, der m.E. seit Jahren Fortschritte im Schulsystem dieses Landes verhindert – ich meine die Ideologisierung von Methoden oder auch gar nur von Bezeichnungen dafür.

    Dazu eine Geschichte:
    Ich habe einem Kollegen von LdL und der gesehenen Mathestunde erzählt. Er fand das fürchterlich, Zitat: „Es hat schon seinen Grund, warum wir Lehrer das studieren.“ Im Anschluss erzählte er mir begeistert von Methoden schüleraktivierendem Lernens, die er in seinen Unterricht durchführt und die – wie man bei uns sagt – wie Arsch auf Eimer zum Menschenbild von LdL passten.

    LdL ist doch methodisch in meinen Augen noch gar nicht definiert genug. Die dahinterstehende Sicht auf den Menschen ist nicht neu – danach erfolgte schon meine damalige Ausbildung zum Jugendleiter. Die Gehirnmetapher frischt doch – tschuldigung – die „Ich bin ok – du bist ok“-Geschichte zeitgemäß auf und erweitert sie dergestalt, dass sie unseren veränderten Gegebenheiten (nicht nur Web 2.0) in der Welt Rechnung trägt. Erstaunlicherweise ist Web 2.0 mit allen ihren generierenden Mechanismen m.E. der gesellschaftlichen Entwicklung oft voraus – aber lassen wir das.

    Fazit für mich:
    Nennen wir es LdL, nennen wir es schüleraktivierende Unterrichtsform oder wie auch immer. Lassen wir notfalls jedem Bundesland sein eigenes Wort dafür.
    Ich möchte mich hüten vor dogmatischen oder ideologisierenden Auslegungen – das macht hier zum Glück bis jetzt ja auch keiner.

    Es darf nicht so weit kommen, dass ideologische Gleichungen entstehen wie:

    Gesamtschule = linke Bildungspolitik
    Gymnasium = rechte Bildungspolitik

    LdL = ?

    LdL hat für mich einen festen Platz in meinem Gehirn. MIr ist es egal, ob dieser Platz sich didaktisch oder methodisch oider sonstwie auswirkt. Und der Frontalunterricht – um in Extreme zu gehen – wird bei mir auch weiterhin einen anderen Platz haben (und viel, was dazwischen liegt, auch…)

  24. Lisa Rosa sagt:

    Projekt und LdL

    Was ist Rahmen, was ist Element?
    Lernen durch Lehren ist m. E. eine hervorragende Möglichkeit, peer2peer-Lernen, kooperatives Lernen zu motivieren. Es kann innerhalb eines Forschungs- oder Erkundungsprojekts- oder auch eines anderen Lernprojekts eine Etappe bilden oder auch zu seinem Präsentationsprodukt werden. Wenn Du Projektlernen nicht als „Methödchen“ verstehst, wie es üblich ist, sondern Methodologie der Lernorganisation, als generelle Lernorganisation überhaupt (Dewey nennt es „natürliches“ Lernen, ein heute etwas gewagter Begriff, weil er biologistische Geister weckt), dann bildet „Projekt“ den großen Lernrahmen – das „Vorhaben“, in dem das eigentliche Lernmotiv steckt, und unter diesem Rahmen sind dann evt. Lehrganssequenzen, Trainings, LdL-Phasen usw. situativ sinnvoll.) Ein Beispiel aus dem Leben gegriffen (denn Lernen dürfen wir uns nicht mehr nur als systematisches schulisches Lernen im Unterricht vorstellen):
    Wenn ich einen Marathon laufen lernen will, dann ist das ein Projekt. Ich möchte z.B. unbedingt nächstes Jahr am NY-Marathon teilnehmen und selbst laufend im Stadion ankommen. (Ich nicht, das ist nur ein Beispiel). Laufen lernen ist dann diesem sinngebenden Motiv (ankommen im NY-Stadion) verpflichtet, will heißen: Aller Lehrgang (wie läuft man eigentlich richtig, was ißt man, usw.) und alle Trainingsprogramme sind dann diesem Projekt und seinem Sinn untergeordnet. Wenn ich laufen lernen will, weil ich gesund bleiben möchte, dann ist das ein ganz anderes Projekt, mit einem anderen sinngebenden Motiv. Der Lehrgangsinhalt und der Trainingsplan sind vollkommen anders! Und trotzdem ist beides: „Laufen lernen“. Das ist, was ich unter Projektrahmen verstehe! Und das gilt auch für alles andere Lernen – auch für Mathematik. Wenn Du Mathematik lernen willst, weil Du mathematisch denken lernen willst, dann musst Du etwas ganz anderes und auf ganz andere Weise lernen, als wenn Du Mathe lernen willst, weil Dein Projkekt heißt, ein gutes Abi zu machen. Denn zum guten Abi gehört, sich in der Schule anzupassen, das zu bieten, was der Lehrer hören will, Fehler zu verbergen, sich systemschlau zu verhalten … usw. ) Das Mathelernen wird dann etwas ganz anderes und hat andere Ergebnisse (Kompetenzen) zur Folge. Zum mathematisch denken lernen gehört genau das Gegenteil, wie Du weißt: Fragen aufwerfen, Fehler machen, den Lehrer mit anderen Lösungswegen nerven, den Unterricht mit lautem Denken stören … usw.
    Erst wenn wir begreifen, dass jedes größere Lernvorhaben – ob bewusst oder nicht, spielt dabei gar keine Rolle -, eine immanente Projektstruktur hat mit den projektspezifischen Gesetzmäßigkeiten – dann können wir Lernen wirklich professionell organisieren. Wenn Du Deinen Garten gestalten willst, dann ist das Wissen über bestimmte Pflanzen ein kleiner Teil davon. Aber es ist nicht das ganze Gartengestaltungsprojekt! Die Erarbeitung des Wissens über Pflanzen – die kann man aber gut LdL-mäßig organisieren natürlich.
    Projekt als große übergreifende Lernorganisationsform läuft z.B. auch ab, wenn ein Kind sprechen lernt. Es ist eines der ersten großen Lern-Projekte, die selbstgesteuert ablaufen, und deren Ergebnisse hochgradig von der „Lernumgebung“ (den kulturhistorischen sozialen Bedingungen) abhängig sind. Dass es einer Projektorganisation folgt – wenn auch unbewusst – bleibt uns in der Regel verboren, weil wir Sozialisationslernen und systematisches Unterrichtslernen trennen, wie das die überholte Industriekultur-Schule eben tut. Und nur Biologisten glauben, Sprechen lernen sei ein biologischer Reifungsprozess, den „das Gehirn macht“.
    Projektlernen ist eine ganze Wissenschaft über die Methodologie der Lernorganisation.

  25. Vielen Dank für den super Beitrag und die Diskussion! Meine Essenz daraus, ein Zitat C. Spannagel:

    Wer LdL als Grundhaltung verinnerlicht hat, kann nicht “Elemente” in Unterricht einbringen. Man kann sozusagen nicht Elemente einer Grundhaltung hier und Elemente einer anderen Grundhaltung dort einbringen. Es gibt sowas wie Methodenvielfalt (die in LdL ja bekanntermaßen möglich ist), nicht aber Grundhaltungsvielfalt.

    Genau das ist es! Die Grundhaltung bleibt immer die Gleiche – das macht das Modell (oder andere) so erfolgreich! Das Menschenbild…

  26. Lisa Rosa sagt:

    ach ja, um einem Missverständnis vorzubeugen: Natürlich sind Projekt selbstgesteuert. Das Projektmotiv bestimmt der Lerner. Keiner kann es an seiner Statt oktroyieren. Also taugen Projekte in der Schule – also in intentionalen Lernzusammenhängen – auch nur, wenn die Lerner das Projekt durch ihre Tätigkeit im Projekt selbst machen. ich kann also meine Schüler nicht „ein Projekt durchführen LASSEN“. Ich bin Coach und organisiere den Prozess, indem ich Strukturen und Instrumente bereitstelle und an den laufenden Prozess anpassen, und selbst diese stehen u.U. zur Debatte. Inhalt, Ziele, Fragestellungen, Aufgabendefinitionen sind Sache der Projektlernenden. In diesem Sinne LdL- verstanden, trifft sich da was, ganz allgemein die Absicht, die Schüler etwas selbst bestimmen und selbst machen zu lassen. Aber was? M.E. ist ist es nicht so wichtig, dass die Schüler selbst eine Diskussion moderieren, wie dass die DiskussionsINHALTE von den Schülern bestimmt werden. (Natürlich ist es auch gut, wenn sie moderieren lernen, und ja, natürlich kann man, wenn die Aufgabe heißt: Moderier das, mehr Lust beim Lernen der Inhalte erreichen, weil ohne sie die Moderation daneben geht, und man will ja nicht blöd dastehen als Moderator.) So wie ich vermute, macht es LdL umgekehrt wie ich: Die Inhalte (Ziele, Fragen, Aufgaben) sind bei LdL vorgegeben, aber die Schüler dürfen die Strukturen (Moderation, Instrumente) selbst managen (damit sie besser lernen, es ist wie ein Trick). Das ist m.E. auch, was in der derzeitigen „Reform“ mit Kompetenzrastern passiert: Der Lernweg wird gnädig den Schülern überlassen (egal wie, hauptsache, ihr lernt, was ich möchte, dass ihr lernt), aber das Eigentliche, nämlich WAS gelernt werden darf und zu welchem Sinn und Zweck, das sagt uns der Lehrer oder der Lehrplan oder die Schuladministration. Damit kann man aber nicht gut die Kompetenzen lernen, die heute schon und in Zukunft sowieso gebraucht werden. H.W.Erdmann fasst sie so zusammen: „reflexive wertkonstituierende Urteils- und Sinnbildungs-Kompetenz“, die kann man nur lernen, indem man sie ausübt.

  27. @ Lisa Rosa:
    „M.E. ist ist es nicht so wichtig, dass die Schüler selbst eine Diskussion moderieren, wie dass die DiskussionsINHALTE von den Schülern bestimmt werden.“

    Sehr gut! Ganz meine Meinung! Wir setzen bedingt durch (so empfundenen) Lehrplandruck den Schülerinnen und Schülern viel zu viel Stoff vor. Ganz selten hat man nur die Möglichkeit zu schauen, was denn den Schülerinnen und Schülern Spaß macht und ich welche Richtung sie gerne weiterdenken würden. Dies müssen wir viel mehr schaffen. Schüler nicht als Konsumenten, sondern als Produzenten und Regisseure.

  28. Tamim sagt:

    Schön ist dass die Kommentare länger sind als der Blogpost. Sehr schön. 🙂

  29. ekirlu sagt:

    Für LdL in dieser Übungsstunde spricht eindeutig, dass diese Schüler etwas gelernt haben. Sie sind mit einem Mehrwert aus dieser Stunde gegangen.
    Sie haben darüber diskustiert, welche Schreibweise richtig ist, warum dies ein Fehler war, wenn es an anderer Stelle richtig war usw. Sie haben gelernt. So wie wir Studenten lernen, wenn wir uns in unserer Freizeit treffen. Aktiv, mit Hirn auf „On“.
    Wir haben die Schüler in einer Art Klassenkonferenz im Anschluss befragt. Sie haben hervorgehoben, dass diese Art des Übens oft Fehler ans Licht bringt, die sie sonst erst in der Klassenarbeit machen. Wenn ein Lehrer Fehler von vorherein unterbindet, in dem er zum Beispiel Aufgaben richtig vorrechnet oder Fehler nicht an der Tafel stehen, weil er sofort eingreift, können die Schüler die Fehler nicht begreifen, nicht nachvollziehen. So aber, werden während des Lernens schon fast alle Fehler entdeckt und geklärt. Das zieht Erfolgserlebnisse nach sich: In Noten und in Form von Begreifen.

    Zum Einführen von neuen Inhalten ist noch ein Aspekt bisher kaum/nicht angesprochen worden: Wenn ein Schüler(-team) sich Stoff aneignet und dann vermittelt, dann hat es den eigenen Verstehensprozess noch unmittelbar im Gedächtnis. Diese Schülerlehrer verstehen die „Stolpersteine“, bauen Eselsbrücken an Stellen, die ein routinierter Lehrer nicht mehr unbedingt auf dem Plan hat.
    Darüber hinaus hat Erich Hammer berichtet, er gibt kleine Inputs und übergibt dann sofort an die Schüler. Diese diskutieren dann das Neue so intensiv wie das gehabte. Da alle Schüler unterschiedlich sind und jeder eine andere Sicht auf die Dinge hat, werden die verschiedensten Aspekte einer Sache besprochen und so entsteht nicht nur tiefes sondern auch breites Kollektivwissen.

    Sicher gibt es an jeder Methode/Art zu unterrichten immer Kritik und immer wieder funktioniert es mal hier mal da nicht. Aber alles was ich bisher von LdL gesehen habe, hatte wesentlich mehr Positives als Negatives.

  30. […] Teilnehmerinnen des Informatikdidaktikseminars und ich – und damit schalte ich in den O-Ton von Christians Blogbeitrag um, der sich mit rund 30 Kommentaren zu einem virtueller Schulstunde in Sachen LdL entwickelt hat, […]

  31. fred elzen sagt:

    Es ist begeisternd, wie Crisp Studenten motiviert, über Unterricht nachzudenken.

    LdL riecht aber für mich bei ihm doch ein bißchen zu viel nach Ideologie, als dass nicht noch mehr Kritik als die von
    Nils van den Boom angebracht werden könnte.

    Crisps ideologischer Überbau ist schon beim ersten Punkt erschreckend: „(Klasse als Gehirn, …)“ Wer Klassen unterrichten will, denkt vielleicht zu wenig über das Lernen von SuS nach.

    Das unterstreicht Crisp noch mit seinem Kommentar an Lisa:
    @Lisa Klar ist die Schule noch zu retten.
    Will Crisp tatsächlich die Schule retten. Lisa scheint mit schon viel weiter zu sein:

    „Lisa Rosa
    @mga010: Das ist eine schöne Beschreibung der Unkompetenzen, zu denen die derzeitige Schule generell erzieht. Es ist überhaupt ein Wunder, dass Schüler trotzdem was lernen!“

    Sollte man nicht mehr darüber nachdenken, dass Lernen mit oder ohne LdL immer noch wie im 19. Jahrhundert organisiert wird?
    Nochmals Lisa
    „Wir unterschätzen in der Regel die potentenziellen Fähigkeiten der Schüler, weil wir sie generell als inkompetent definieren.“ Die Intelligenz der Lernenden ist in der Regelschule in der Regel unerwünscht; sie stört das Selbstbild der Lehrkraft, die auch heute noch nicht dazu erzogen wird, Lernmöglichkeiten zu schaffen, sondern dazu, vierzig Jahre lang das, was sie in vier Jahren Studium erfasst hat, nach bestem Wissen und Gewissen an die Lernenden weiterzugeben. Dieses Selbstbild könnte auch die Ursache dafür sein, dass Lehrkräfte zum Beispiel glaubten, dass man ihnen den Umgang mit dem Computer lehren müsse, während die Lernenden in selbstorganisierter Anstrengung vielfach ihre Lehrer übertroffen hatten. Lisa ist da doch schon weit darüber hinausgewachsen, auch mit
    „Das Projektmotiv bestimmt der Lerner. Keiner kann es an seiner Statt oktroyieren.“

    Nochmals zwei Gedankensplitter für Crisp:
    Vogel (Logarithmentafel) hat in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts Dutzende von Referandaren mit einem Vorgehen wie jetzt von Hammer konfrontiert. Keiner von denen hat das später in seinem eigenen Unterrricht umgesetzt.
    Aus den Sechzigerjahren finden wir einen Bericht über einen zweijährigen Unterrichtsversuch mit selbständigem Arbeiten der Schüler unter
    http://www.bildungsoptionen.de/allgemein/aula.htm

    Zum Schluss noch eine Unterstreichung einer Äußerung von Crisp
    „Mathematik ist für viele Schüler ein Angstfach. Und leider unterstützen viele Lehrer auch diese Haltung. Sie holen Schüler an die Tafel und lassen sie dort so lange stehen, bis sie heulen und wieder an den Platz gehen.“ Erzieht man so nicht künftige Amokschützen? Wer selbst mehrfach solche demütigenden Erfahrungen in Mathematik oder einem anderen Fach gemacht hat, kann das nachvollziehen!

  32. Schlimm, wie Dr.Christian Spannagel als Juniorprofessor naiv sein kann. LdL gab es immer schon, und richtig funktioniert hat es nie. Das kann man auch hier nachlesen:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Lernen_durch_Lehren
    Aber Spannagel befindet sich in guter Gesellschaft, denn auch die jetzige Rektorin der Pädagogischen Hochschule Weingarten, Frau Dr.Margret Ruep ist der Meinung, dass LdL ein „Königsweg“ unter den Methoden ist. Und sie hat LdL konsequent jahrzehntelang praktiziert:

    Klicke, um auf fragebogen_1.pdf zuzugreifen

    Die Statements von Lehrern, die ganz normal ihre 24 Wochenstunden in der Schule schieben und ebenfalls seit jahrzehnten LdL erfolgreich anwenden sind hier zu lesen:
    http://www.ku-eichstaett.de/Forschung/forschungsprojekte/ldl/
    Alles ideologisch befallene Kolleginnen und Kollegen?
    Natürlich gibt es viele neue Methoden und Ansätze, die den Weg in die Zukunft zeigen. Aber warum nicht eine Methode aufgreifen, deren Erfolg breit belegt ist und die Schüler besonders fordern und verlangen (seit 30 Jahren halte ich konsequent in allen meinen Klassen LdL-Unterricht und die Schüler wollen das unbedingt). Allein, dass die Schüler auf LdL scharf drauf sind, müsste den hier Mitdiskutierenden Argument genug sein, um LdL zu verbreiten, auch wenn es andere erfolgreiche Ansätze als LdL gibt!

  33. mccab99 sagt:

    Was geschieht hier? Hier setzen sich verschiedene Personen miteinander auseinander, die Unterricht reflektieren und entwickeln wollen.

    Wie lässt sich diese minimale Gemeinsamkeit produktiv nutzen?
    Wie lässt sich diese notwendige Diskussion in die Schulen tragen?
    Lässt sich auch nur eines der Konzepte „verordnen“?
    Ist sichergestellt, dass genau eines der Konzepte den Erfolg dieses Landes sicher garantiert?

    Erziehung ist wie Börse. Hinterher ist man immer schlauer und die Rechnung kommt Jahrzehnte später.

    Die Lehr- und Lernmethoden in der Sek I in Indien und China folgen diesen Ideen übrigens nicht…

    Ich mag Vielfalt. Ich mag lieber tun als reden. Was tun wir?

  34. @fred
    Christian ist sehr weit davon entfernt ein Ideologe in Sachen LdL zu sein. Seit mehr als einem halben Jahr beschäftigen wir uns mit der Metamethode und hatten unsere Zweifel, ob Mathematik und LdL überhaupt zusammenfinden könnten. Nach der Stunde von Erich Hammer spürt man hier nun die Begeisterung, dass es funktioniert! Er berichtet euphorisch und das ist gut so, denn nur das transparente Dokumentieren kann zur Diffundierung beitragen.
    Als Hochschuldozent in der Lehrerausbildung sitzt er an der Schnittstelle zwischen Lehren und Lernen. Nur wenige schaffen es die Studierenden so zu aktivieren wie er. Er ist Pragmatiker, durch und durch.

    „Erzieht man so nicht künftige Amokschützen? Wer selbst mehrfach solche demütigenden Erfahrungen in Mathematik oder einem anderen Fach gemacht hat, kann das nachvollziehen!“

    Amokschützen erziehen? und das nachvollziehen? Entschuldige, aber das ist im Bezug auf LdL ganz großer Nonsens. Es geht um eine freie Fehlerkultur, keine Demütigung, sondern eine Lernchance! Wenn die Klasse sich begreift als großes Gehirn, dann geht das nicht mit der von dir definierten Demütigung einher, sondern mit der gemeinsamen Wissenskonstruktion, die dazu ermutigt, das eigene Gehirn auch zu benutzen und weiterzudenken. Wenn sich die Schüler als Teil der Gesellschaft verstehen, dann können sie auch Verantwortung dafür empfinden. Rückgratlose Egoisten haben wir über die Jahre genug angehäuft.

    LdL-Kritik:
    @Nils
    Wir haben LdL in allen möglichen Facetten beleuchtet, in unserem Seminar sitzen echte Kritiker… und viele Kritikpunkte sind deshalb abgearbeitet, weil wir uns getraut haben in die Tiefe zu gehen. Oberflächenanalyse ist nur am Anfang sinnvoll. Wer wahrlich interessiert ist, wird sich immer wieder selbst überprüfen. Christian berichtete an anderer Stelle davon, welche falschen Vorstellungen wir teilweise von LdL selbst angehäuft hatten, bevor wir live dabei sein konnten.

  35. Nachdem ich diese spannende Diskussion verfolgt haben, habe ich dazugelernt.

    „LdL als Grundhaltung“ ist für mich das Schlüsselwort. Die Klasse soll gemeinsam lernen.
    Auch in meinem Unterricht habe ich immer wieder Situationen bei denen ich Schüler an die Tafel hole, welche die Lösung einer Aufgabe moderieren. Dies würde dann also auch zum LdL-Gedanken wie oben geschildert passen. Wunderbar!

    Ich denke, dass der Name „Lernen duch Lehren“ dann aber etwas unglücklich (und zu einschränkend) gewählt ist, oder? Ich würde einen Namen wie „Die Klasse als Gehirn“ dann doch eher bevorzugen, weil er mehr über die Grundhaltung aussagt, oder?

  36. Lisa Rosa sagt:

    Dass das Gehirn ein soziales Organ ist, und nicht bloß ein biologisches, sagt uns schon der Neurophysiologe Roth. Leider wurde aus dieser Erkenntnis bisher äußerst wenig gemacht. Die ganze Tragweite dieser Kenntnis zu erkennen, in Praxishandeln umzusetzen (was bedeutet, aus dem derzeitigen Erziehungssystem ein intelligentes System, eine lernende Organisation zu machen), halte ich für eine der wichtigsten Aufgaben für „Lernen 2.0“. Die Methode LdL stellt nur einen kleinen Umsetzungsteil dafür bereit. Es ist ihr trotzdem unbedingt zu wünschen, dass sie sich verbreitet. Chrisp sei dank!
    An LdL gibt es gar nichts zu „kritisieren“ und darum müssen sich deren Promoter auch nicht rechtfertigen oder etwas verteidigen. Schon gar nicht, weil dieses Unterrichts“modell“ praxiserwiesenermaßen wirklich viel besser funktioniert als das bisherige.
    Nicht verwechseln darf man m.E. aber diese Erfolge mit der Vorstellung, man hätte damit das tool, mit dem man das Erziehungssystem auf die Stufe „Lernen 2.0“ bringen könnte. Dazu gehört m.E. viel mehr. Natürlich ist es schon ein Fortschritt, wenn „das Gehirn der Klasse“ sich um einen Lerngegenstand bemüht, anstatt bloß die vereinzelten Schüler vor sich hinmümmeln zu lassen! Wir müssen aber aus dem „classroom“ (= Unterricht) hinaus ins „Freie“ der Netzgesellschaft! Und die Erkenntnis dieser Aufgabe der Umwälzung der gesamten Lernorganisation im 21. Jh. (= die radikale Umformung des historischen Erziehungssystems des 19. Jh.) wird uns ein bisschen verstellt, wenn wir das LdL zu sehr ideologisieren. Damit verbleiben wir dann in der „Reformpädagogik“ d.h in der bloßen „Verbesserung“ des Industriezeitalter-Schulsystems. Dieses gilt es jedoch nicht bloß zu „verbessern“, sondern in ein ganz neues System zu transformieren. Denn: „Die Pferdekutsche läßt sich nicht einfach zum Auto weiterentwickeln – Das Auto folgt einer anderen (System-) Logik.“ (J.W.Erdmann)

  37. cspannagel sagt:

    Hallo zusammen,

    ich bin momentan auf einem Seminar und habe leider gerade keine Zeit, ausführlich zu antworten. Ich bin begeistert von der Diskussion, die hier geführt wird, und ich freue mich über die vielen Kommentare! Wenn ich wieder im „Normalmodus“ bin, werde ich ausführlich antworten.

    Nur eins zum Ideologiekommentar: Ich bin wirklich weit davon entfernt, ideologisch zu arbeiten. Mir gefällt LdL, mir gefallen Metaphern wie beispielsweise die „Klasse als Gehirn“, mir gefällt die Theorie hinter LdL (Theorie, nicht ideologischer Überbau). Wir (nicht ich alleine) waren sehr kritisch in unserem Seminar, beispielsweise was LdL im Fach Mathematik anbelangt. Daher fahren wir durch die Gegend, filmen Klassen und berichten darüber. Die Euphorie kommt daher, dass der Unterricht, den wir gesehen haben, wirklich ausgesprochen überzeugend war. Und wir stellen es hier öffentlich zur Diskussion (!). Ideologen arbeiten anders. 😉

  38. […] ZUM-Wiki-Seminar und erlebe anregende Diskussionen über Wikis und Twitter. Parallel findet eine intensive Diskussion über LdL statt (an der ich mich momentan leider kaum beteiligen kann, weil die […]

  39. […] bis dahin: Viel Vergnügen und stay tuned! Ausserdem sei auf die äusserst lebhafte Diskussion auf Christian Spannagels Blog verwiesen, wo LdL und die entsprechenden Bildungsexpeditionen ausführlich beschrieben, kommentiert […]

  40. saarlodri sagt:

    Ganz, ganz tolle Sache. Ich freue mich riesig auf das Video!

  41. @mccab99
    „Ich mag Vielfalt. Ich mag lieber tun als reden. Was tun wir?“
    – Du könntest helfen, den Kreis der Leute, die sich mit LdL befassen, stark zu erhöhen, bis wir eine kritische Menge von Diskutanten erreichen. Das würde eine Dynamik in Gang setzen, die Spannagel, Lutz Berger und mich etwas entlasten würde, denn wir müssten nicht mehr immer wieder mit großer Kraft die Diskussion anschieben.
    Vielleicht würde am Ende herauskommen, dass es ganz andere Möglichkeiten gibt zu unterrichten, die noch viel erfolgreicher sind, und alle hätten etwas davon. Das würde uns alle aus dem engen Diskussionszirkel befreien: „LdL ist gut“ vs. „LdL ist gut, aber…“. LdL wäre nur ein Einstiegsinstrument, um viele Menschen über Methodik diskutieren zu lassen (wie in einem Gehirn).
    Diffundiere also doch bitte dieses Video in alle communities, die du erreichen kannst:
    http://www.lutzlandblog.de/2009/03/auf-kaffeepause-mit-erich-hammer/

    @Lisa Rosa
    Das gilt auch für dich. Wenn du ernsthaft an einer Diskussion über Methoden (auch über LdL) interessiert bist, dann diffundiere doch in alle deine communities dieses Video und schaue, was daraus entsteht, LdL hin oder her:
    http://www.lutzlandblog.de/2009/03/auf-kaffeepause-mit-erich-hammer/

  42. Ergänzend zu meinem Statement:
    Natürlich freue ich mich persönlich, wenn LdL thematisiert und diskutiert wird. Aber nach einer Phase der – auch kontroversen – Auseinandersetzung mit dieser Methode, sollte man doch die nächste Ebene ansteuern und überlegen, wie man eine breitere Reflexion über Methoden anregt. Und der Weg ist bereits vorgezeichnet: wir sollten die von Lutz Berger, Christian Spannagel und seine Studenten sowie von Larbig und Maik umfangreich zusammengestellten Materilialien und Berichte nutzen, um alle erreichbaren Lehrer, Pädagogen und an Bildung interessierten zu perturbieren. LdL wäre also ein Perturbationsinstrument, das eingesetzt wird, um eine breite kollektive Reflexion auszulösen.
    Ganz (radikal-)konstruktivistisch gedacht sollten wir also:
    1. Das LdL-Parturbationsinstrument benutzen, um
    2. die Aufmerksamkeit einer kritischen Menge von Interessierten zu erregen, die
    3 als Neuronen interagieren und am Problem „Unterricht“ laborieren, so dass am Ende
    4. Lösungen emergieren, an die bisher kein einzelner Mensch denken konnte, weil einzelne Neuronen weniger Lösungen generieren können als tausende interagierenden.
    Und ob LdL dann in dieser Lösung eingeschlossen ist oder nicht, das werden wir schon sehen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass die Diskussion hier droht unproduktiv zu werden.
    Der nächste Schritt ist, dass alle hier, die gerne ausführlich, teilweise lähmend argumentieren, uns produktiv helfen, indem sie diesen Link überall einspeisen:
    http://www.lutzlandblog.de/2009/03/auf-kaffeepause-mit-erich-hammer/

  43. Und falls es noch Informationsbedarf gibt:
    Keine methode, in der geschichte der pädagogik, ist so breit dokumentiert worden, wie LdL in den letzten 30 Jahren.
    1. Filmdokumentationen seit 1984 (Fernsehen):
    http://tinyurl.com/bfugtj
    2. Referendarrabeiten seit 1985 (mehr als 100):
    http://www.ldl.de/material/bericht.htm
    3. Aufsätze seit 1982:
    http://tinyurl.com/avrupf

  44. Lisa Rosa sagt:

    „Wenn du ernsthaft an einer Diskussion über Methoden (auch über LdL) interessiert bist, dann diffundiere doch in alle deine communities dieses Video und schaue, was daraus entsteht, LdL hin oder her:
    http://www.lutzlandblog.de/2009/03/auf-kaffeepause-mit-erich-hammer/

    Tja, das ist, womit ich Schwierigkeiten habe: Diese Missionierungseuphorie und etwas, was ich fast eine Nötigung nennen würde. Denn wenn ich nun nicht diffundiere, sondern mich nach einer interessanten Diskussion wieder mit meinen eigenen Arbeiten beschäftige, dann bin ich ja offenbar nicht „ernsthaft an einer Diskussion über Methoden (auch über LDL) interessiert.“ Wieso denn nicht? Ich habe schon viel Zeit damit verbracht. Aber ich möchte nicht gedrängt werden, zur Verbreitung mitzusorgen, wo ich diskutieren und nachdenken möchte. Dieser Druck erinnert mich ein bißchen an die 70er: Wenn du keine Flugblätter vor dem Fabriktor verteilst, dann bist du nicht „ernsthaft“ an der Emanzipation der Gesellschaft „interessiert“! Bä. Wer mag sich denn sowas gerne vorwerfen lassen? Also auf ans Fabriktor! ;-)) Immer noch gilt für Autonomie: I do it my way!

  45. Lisa Rosa sagt:

    Chrisp hat hier ausdrücklich davon gesprochen, dass es sich bei LdL nicht um Ideologie sondern um eine Theorie handelt. Nun bin ich gerne in der Theoriearbeit beschäftigt und diskutiere daher auch gerne auf der Theorieebene. Was mich jedoch verwundert, ist, wenn die – ähm – Bestandteile aus Metaphern und normativen Einstellungen bestehen (Neuronenmetapher; Klasse als Gehirn, „Grundhaltung“ usw.) Auch wird Analytisches dabei mit Normativem vermischt. Bei LdL handelt es sich daher um ein unterrichtsdidaktisches Modell bzw. ein Konzept. Es ist keine Lerntheorie und keine Theorie zur Erfassung dessen, was kollektive Wissenskonstruktion sein könnte. Eine Theorie braucht eine ganz andere wissenschaftliche Ebene. Das weiß Christian sicher, wahrscheinlich, hoffentlich? aus seiner Fachwissenschaft auch. Diese strengen Regeln einer wissenschaftlichen Theorie gelten jedoch nicht nur für Naturwissenschaften, Informatik und Mathematik, sondern selbstverständlich auch für Lerntheorie. Theorien werden nicht mit Metaphern gebaut, sondern aus einem in sich stimmigen System aufeinander bezogener wohldefinierter Kategorien und Begriffe. Das sagt alles nichts gegen die praktischen Vorzüge der Unterrichtsmethode LdL – um es noch einmal zu betonen. Wenn ich jedoch den „Theorierahmen“ hinterfrage und auf theoretische Defizite hinweise, dann wird mir die funktionierende Praxis entgegengehalten. Theorie (oder das, was als solche benannt oder ausgegeben wird) muss aber auf der Ebene der Theorie und auf der Ebene der wissenschaftlichen methodologisch einwandfreien Theoriebildung diskutierbar sein. Und ich glaube, das ist es, was ein wenig stört: Dass einerseits eine brauchbare innovative Unterrichtsmethode, die ein wenig mit Konzeptvorstellung alsHintergrund angereichert wird, zu einer Theorie hochstilisiert wird, andererseits diese Theorie nicht in ihrer Tragfähigkeit als Theorie diskutiert werden darf. Da ist schon was Ideologisches dran. Auf Communities mit Sektencharakter bin ich aber nicht mehr so scharf. Wenn LdL sich also als mehr als nur in einer erprobten Praxis als brauchbar erweisen soll, dann reicht weder Euphorie noch tolle Metapher. Dann wäre es tatsächlich interessant, sich um die Theoriebildung zu bemühen, um das Vermutete abzusichern. Diese ist jedoch nicht ein Ergebnis von Twitter-Feedbacks der „Weisheit der Vielen“ oder Blogdiskussion sondern harte wissenschaftliche (Theorie-)Arbeit.

  46. cspannagel sagt:

    So, ich beginne jetzt mal mit Antworten (mal schauen, wie weit ich komme)

    @Lisa: Mit Theorie meine nicht natürlich nicht die Metaphern. Deswegen habe ich auch geschrieben „ich mag die Metaphern, ich mag die Theorie“. Mit Theorie meine ich Motivationstheorien und -modelle, Theorien zu Selbst und Selbstwirksamkeit, Theorien zu Flow, Theorien zum Problemlösen, konstruktivistische Lerntheorien usw., die alle bei LdL eine wichtige Rolle spielen. Danke aber für die Belehrung, was wissenschaftlich heißt. 😉

    Eine theoretische Basis ist wichtig – Metaphern aber auch. Sie haben nur eine andere Funktion. Beispielsweise helfen Sie dabei, komplexe Information im Bild verdichtet zu vermitteln und zu denken.

    Ich hätte noch eine Rückfrage an dich: Was verstehst du unter Lernen 2.0, das nach dem „Industriezeitalterschulsystem“ kommen sollte? Und weshalb kann LdL davon nur ein kleiner Teil sein? Bzw.: Was fehlt dann noch? Wenn du das benennen kannst: Das wäre sehr interessant – ich bin sehr neugierig! 🙂

    Ist es das Projektlernen, das du oben beschreibst? Schüler bestimmen Ihre Lerninhalte komplett selber? Das klingt meines Erachtens sehr idealistisch, um nicht zu sagen weltfremd. Inhalte dürfen nicht nur aus Schülersicht definiert werden. Auch die Gesellschaft hat ein Interesse daran, dass Schüler bestimmte Inhalte kennen lernen und ein gewisses „Standardrepertoire“ erwerben. Können wir davon ausgehen, dass die Projektziele, die sich die Schüler über ihren Schulzeitraum hinweg selbst setzen, automatisch alle wichtigen Inhalte und Kompetenzen abdecken?

    Nicht falsch verstehen: Ich halte es für wichtig, dass Schüler sich selbst Ziele setzen können und auch Wahlfreiheit in gewissem Rahmen haben. (Das ist im übrigen auch bei LdL möglich – ich weiß nicht, wie du auf die Idee kommst, dass bei LdL nur die Methoden gewählt werden). Aber es gibt auch gesellschaftliche Anforderungen, zurzeit in Form von Lehrplänen bzw. Bildungsstandards. Das halte ich für vernüftig – allerdings sehe ich nicht, wie dies mit Projektunterricht in deinem Sinne vereinbar ist.

  47. cspannagel sagt:

    @Nils Ich denke auch, dass viele Missverständnisse auf dem Namen „Lernen durch Lehren“ beruhen. Viele verstehen darunter „Referate halten“. Es trifft aber natürlich schon: Das Zentrale an LdL ist, dass Schüler in die Rolle des Lehrers schlüpfen und Unterrichtsfunktionen übernehmen. Aber es zählt eben noch einiges mehr dazu (wie beispielsweise Aspekte, die unter die Neuronenmetapher fallen). Allerdings ist LdL schon sehr lange unter diesem Begriff bekannt. Insofern denke ich, dass auch eine Umbenennung nicht sinnvoll wäre. Vielleicht helfen die Videos und die Diskussionen im Web dabei, die Missverständnisse auszuräumen.

  48. Sollte der Eindruck eines Theoriedefizits im Bereich der LdL-Methode entstehen, empfehle ich ausdrücklich die Lektüre von:
    „Zum Aufbau didaktischer Teilkompetenzen beim Schüler – Fremdsprachenunterricht auf der lerntheoretischen Basis des Informationsverarbeitungsansatzes“, Gunter Narr: Tübingen 1985 und
    „Vorschlag eines anthropologisch begründeten Curriculums für den Fremdsprachenunterricht“, Gunter Narr: Tübingen 1994.
    Beide Werke befassen sich ausschließlich mit der theoretischen Begründung der Methode Lernen durch Lehren.
    Ferner wurde seit 1994 kontinuierlich über LdL in angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert. Alles Theorie!:-))

  49. Lisa Rosa sagt:

    @chrisp:

    „Können wir davon ausgehen, dass die Projektziele, die sich die Schüler über ihren Schulzeitraum hinweg selbst setzen, automatisch alle wichtigen Inhalte und Kompetenzen abdecken?“ – Wenn man sich noch einmal die Klage des Mathematikprofessors mga010 hier im Thread anschaut, dann wird evident, dass eben mit dieser gegenwärtigen Schule, die Inhalte, Stoffe und Ziele in Lehrplänen genau vorschreibt, wohl die VON DER GESELLSCHAFT verlangten Kompetenzen eben gerade nicht erworben werden. Und das auf hoch systematische Weise nicht.
    Bisher – und ein Ende ist noch nicht abzusehen – hat das Bildungssystem den Schülern gar nichts zum Definieren gegeben (eine Wahl zwischen drei vom Lehrer formulierten Themen ändert daran doch überhaupt nichts.)
    Die Gesellschaft braucht etwas ganz anderes: Sie braucht selbstständig denkende, urteilende, entscheidungsfähige, ihren Sinn und Werte konstituierende Menschen.

    „Inhalte dürfen nicht nur aus Schülersicht definiert werden. Auch die Gesellschaft hat ein Interesse daran, dass Schüler bestimmte Inhalte kennen lernen und ein gewisses “Standardrepertoire” erwerben. “ –
    Es geht nicht um Inhalte und ein schon bekanntes Standardrepertoire. Es geht um Kompetenzen, die geeignet sind, Probleme zu lösen, die wir noch gar nicht kennen, und dies mit Instrumenten, die die jetzt in Schule befindlichen Generationen selbst erst konstruieren müssen. Und dazu müssen wir JETZT bilden und ausbilden. Ich glaube nicht, dass diese Kompetenzen mit den vorgegebenen bekannten „Inhalten“ und einem Standardrepertoire zu erwerben sind.
    Demgegenüber haben verschiedene lang erprobte Konzepte der Lernorganisation in der Praxis gezeigt, dass KEIN Kind freiwillig auf den Erwerb von Literacy verzichtet – es sei denn, man hindert es daran (indem man den Zugang dazu verweigert). Es liegt daran, dass der Hauptmotor des Lernens beim Menschen darin besteht, an der menschlichen Gesellschaft autonom zu partizipieren.

    „Aber es gibt auch gesellschaftliche Anforderungen, zurzeit in Form von Lehrplänen bzw. Bildungsstandards.“
    Ja, die gibt es. Aber sie bilden eben nicht die oben genannten Kompetenzen ab, die die Gesellschaft DRINGEND braucht.

    Die Angst unter Lehrern, Schüler könnten das für sie und für die Gesellschaft Wichtige zu lernen verpassen, ist weit verbreitet und hat ihre Wurzeln in im Funktionssystem Schule. Merkwürdigerweise paart sich diese Angst immer mit der Einbildung, das Schulsystem würde wissen und liefern, was die Schüler brauchen.
    Dass Schüler schon längst einen Großteil dessen, was sie UND die Gesellschaft brauchen, AUSSERHALB der Schule lernen (müssen), z.B. den selbstbestimmten Umgang mit Medien, weil die Schule das Web 2.0, das die gesellschaftlich notwendigen Kompetenzen an Selbstbestimmung und Kreativität usw. bisher nicht nur nicht einbezogen, sondern sogar notorisch ausgeschlossen hat … das muss doch zu denken geben. Bis vor Kurzem war die Informationsaufnahme durch Wikipedia in der Schule VERBOTEN – von Selbst-Schreiben in Wikis gar nicht erst zur reden!
    Gerade jüngst ließ der CEO Rolf Schmidt-Holz auf der CeBit 2009 verlauten: „Lernen und Bildung sind ins Alltagsleben eingebettet; ihr primärer Ort sind die Netzwerke des Social Web.“ Jupp! Und dies gilt mitnichten nur für die Weiterbildung von Erwachsenen. Wir dürfen aber nicht nur die tools in den alten Unterricht hineinholen, indem wir sie wieder „didaktisch-methodisch“ zurichten, damit sie in unser altes Unterrichtssystem passen. Wir müssen auch ihren Geist mithinein nehmen (nicht zuletzt den der Selbststeuerung und Selbstbestimmung). Wenn wir das aber endlich tun, dann wird sich Schule wahrscheinlich dermaßen gründlich verändern, dass wir sie gar nicht wiedererkennen werden. Vermutlich nennen wir diesen Ort dann auch nicht mehr Schule. Die heutigen Wortneubildungen weisen schon darauf hin: „Häuser des Lernens“, „Lernwerkstätten“, „Bildungslandschaften …“ Wo sie – wenigstens als Absichtserklärung – schon Praxis sind, da spielt Projektlernen immer eine dominierende Rolle in der Lernorganisation.

  50. fred elzen sagt:

    @lisa und @crisp – und an alle anderen Leser

    Vielen Dank, Lisa, für Deine klärenden Hinweise und Dank an Crisp für den Versuch einer Antwort.

    Mit „Communities mit Sektencharakter“ wird auch mein Eindruck benennbar gemacht. Crisps Verdienst liegt in meinen Augen vornehmlich in der überdurchschnittlichen Motivation der Studierenden, die er mit seinem Ansatz zu erreichen scheint. Um Lisa noch zu steigern: Die Überhöhung von LdL ist sicher eine gute Marketingmasche, und Marketing ist in meinen Augen unverzichtbar, wenn man Kinder und Jugendliche an erfolgreiches Lernen gegen die Konkurrenz vieler anderer Möglichkeiten, mit der die Jugendlichen ihre Zeit verbringen können, heranführen will. Das entschuldigt auch die Vorstellung, dass man Metaphern als Grundlage einer Theorie benützen möchte.

    Vielleicht sollte man vorläufig auch nicht von Theorie sondern nur von Hypothesen sprechen. Dass Hypothesen in der Wissenschaft eine große Rolle spielen können, zeigt das Beispiel von CERN: Mit der Vermutung, dass man durch Aufweisen eines Higgs-Teilchens eine Theorie bestätigen oder widerlegen könne, ist der größte und teuerste physikalische Versuch der Welt begründet worden. Wenn die Kinderkrankheiten bei der CERN-Maschine überwunden sind, wird unter Umständen aus einer Hypothese eine Theorie. Es kann natürlich auch sein, dass man zur Entscheidung eine noch größere Maschine bauen muss. So viel als Vorrede (Vorschreibe).

    Zwischen Lisa und Crisp sehe ich eine zweite wichtige Differenz. Lisa formuliert

    „Natürlich sind Projekt selbstgesteuert. Das Projektmotiv bestimmt der Lerner. Keiner kann es an seiner Statt oktroyieren.“,

    während Crisp mit
    „Schüler bestimmen Ihre Lerninhalte komplett selber? Das klingt meines Erachtens sehr idealistisch, um nicht zu sagen weltfremd.“
    doch sehr an der alten Obrigkeitsschule und deren Weisheit zu hängen scheint. Wir sollten den Lernern dabei helfen, sich aus dieser Sklaverei zu befreien.

    Lisa hat dagegen mit „Wir müssen aber aus dem “classroom” (= Unterricht) hinaus ins “Freie” der Netzgesellschaft!“ in meinen Augen schon ein wichtiges Kennzeichen von ‚Lernen 2.0‘ genannt und wir sollten uns wohl um eine haltbare Definition von ‚Lernen 2.0‘ kümmern. Wikipedia hat dafür, wenn ich nicht zu dumm zum Finden war, noch keinen Eintrag (…, Keine Seite verlinkt auf „’lernen 2.0’“). In einem Blog zu „learning, e-learning, …“ sollte wohl ‚Lernen 2.0‘ unbedingt einen breiten Raum einnehmen, denn LdL scheint mir nur ein Zwischenschritt zwischen der „Unterrichts“-Metapher der Vergangenheit und zeitgemäßen Lernformen der Netzgesellschaft zu sein.

    Was also müsste in einer Definition von ‚Lernen 2.0‘ stehen? Hier eine noch unvollständige und bisher nicht evaluierte Liste von Gesichtspunkten:
    – Unterricht (im classroom) ist eine wenig effektive Form der Lernorganisation. (PISA, Vorsemester an den Unis; „Stoff“ ab Klasse 6 muss zur Sicherung der Studierfähigkeit nochmals vermittel werden.)
    – Autonomes Lernen stärkt die „soft skills“, die im überkommenen Lernen im classroom zu wenig entwickelt werden. (LdL kann hier nur in sehr begrenztem Maß Abhilfe schaffen.)
    – Ziele können frei gewählt werden. Damit diese Auswahl rational begründet werden kann, müssen die Ziele tranparent sein und inhaltlich bewertet werden. Dabei können unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Bewertungen vornehmen. Hierzu sind ‚Twitter-Feedbacks der “Weisheit der Vielen”‘ nicht ungeeignet.

    – Das Wissen der Lehrkraft ist zweitrangig; das Wissen im Netz ist in der Regel aktueller.
    – Stoffvermittlung gehört nicht mehr zum Aufgabengebiet der Lehrkraft; die neue Funktion des LERNHELFERs steht im Vordergrund (Vergleich Weberei vor zweihundert Jahren und heute, die Methoden zur Herstellung von Stoffen haben sich grundsätzlich geändert.).
    – Die Lernenden bekommen auf Wunsch Rückmeldungen über ihren Lernerfolg unverzüglich aus dem Netz. Dabei wird zwischen nicht zertifizierbaren Rückmeldungen während des Lernvorgangs und zertifizierbaren Rückmeldungen zur Bestätigung des Lernerfolgs zum Nachweis bei Dritten unterschieden.
    – Die herkömmlichen Klassenarbeiten (Schulaufgaben) und Prüfungen werden ersetzt durch zertifizierte Lernerfolge.

    Noch eine kritische Frage zum Schluss: Wie weit hat Crisp seine Vorlesungen (nicht nur das Seminar) schon auf LdL umgestellt?

  51. fred elzen sagt:

    @Lisa
    Du warst schneller! Ich unterstreiche alles und würde nur noch gern eine Quelle für das Verbot von Wikipedia erfahren.

  52. Lisa Rosa sagt:

    @fred elzen:
    Ein offizielles schriftlich erteiltes formelles Wikipedia-Verbot gab es natürlich nicht. Das war auch nicht nötig, denn die Lehrer haben mit ihrem Buchgesellschafts-Habitus und ihrer Ignoranz alles dessen, was außerhalb der Schule sich an Lerngesellschaft entwickelt, sowie mit ihren lange Zeit heftigen Affekten gegen Computer und Internet überhaupt dieses Verbot intern als ungeschriebens Gesetz aufrechterhalten. Selbst unter Medienpädagogen und E-Learning-Experten sind Wikipedia & Co lange und zuweilen sogar bis heute „Bäbä“ und als Informations- und Lernmedium jedenfalls für Schüler nicht geeignet. Schau mal in die Diskussion bei Mandy Schiefner zur Glaubwürdigkeit von social Media gegenüber Printmedien:
    http://2headz.ch/blog/2008/12/jim-2008-glaubwuerdigkeit-von-informationen/
    Ein Großteil der hiesigen (Schul-)Medienpädagogen verstehen immer noch unter Medienkompetenz vor allem die Abwehr von Gefahren aus dem alle positiven Werte verschlingenden kinderbedrohlichen Netz, sodass die Medienpädagogik zu großen Teilen vor allem noch in „Präventionsmaßnahmen“ besteht. Dass die Social Media stattdessen DIE Lernmedien der Gegenwart und Zukunft sind und dringend ins Zentrum auch des institutionellen Lernens (von 12 Jahren Leben verbringen mit Schule) gerückt werden müssen, ist eine rare Einschätzung – sie wird bisweilen von klugen Leuten in der Weiterbildung und Wirtschaft geäußert. Als ich neulich mit meinen Referendaren Weblogs für den Einsatz in der Schule erkunden ließ, stellte sich heraus, dass keiner unter den 15 Teilnehmern, die dieses Seminar gewählt hatten, ein eigenes Blog hatte und bisher einen Sinn fürs eigene Lernen in diesem Medium gesehen hatte.
    Daher mein nur verhalten optimistischer Pessimismus, ob die Schule als Institution eine Zukunft hat ;-(

  53. cspannagel sagt:

    Hallo zusammen,

    wahnsinn, dass die Diskussion hier nicht abbricht. Dennoch habe ich das Gefühl, dass jetzt parallel sehr viele neue potenzielle Diskussionsstränge aufgemacht werden, die alle für sich sehr interessant sind und eigentlich eigene Artikel benötigen würden. Insofern werde ich (eure Erlaubnis vorausgesetzt ;-)) mal auf die Punkte antworten, die sich direkt auf den Weblogbeitrag beziehen – alles andere, so denke ich, werden wir in den nächsten Wochen und Monaten weiter diskutieren!

    @Lisa Mit „Inhalte“ und „Standardrepertoire“ sollten eigentlich auch Kompetenzen gemeint sein. Bildungsstandards werden doch immer stärker in diesem Sinne formuliert. Das wir noch nicht die Super-Bildungspläne haben, ist klar. Trotzdem brauchen wir sie. Meine Hoffnung besteht darin, dass Bildungsstandards noch kompetenzorientierter ausgestaltet werden (auch im Sinne „weicher“ Kompetenzen).

    @Fred Du schreibst: „Das entschuldigt auch die Vorstellung, dass man Metaphern als Grundlage einer Theorie benützen möchte.“ Genau so ist es nicht, und das habe ich oben auch beschrieben. Lies dir doch einfach mal meinen entsprechenden Kommentar richtig durch. Vielleicht wird dann der „Versuch einer Antwort“ auch für dich zu einer „Antwort“.

    @Fred Zu deiner Frage am Schluss: Seit ich mich intensiv mit LdL beschäftige, hatte ich keine Vorlesungen mehr, sondern nur Seminare. Im nächsten Semester habe ich aber wieder drei Vorlesungen, und genau dieses Feld werde ich nutzen, um LdL in Vorlesungen (die dann keine mehr sind) umzusetzen. Das wird nicht einfach (>= 100 Teilnehmer), aber ich werd’s einfach mal versuchen.

    Zur „Lernen 2.0“-Diskussion: Es ist sicher gut, solche Visionen zu entwickeln, und wir können gerne auch weiterhin hier darüber diskutieren. Ich persönlich gehe aber lieber vom Jetzt-Zustand aus und überlege, wie ich konkret Unterricht und Hochschulveranstaltungen verbessern kann. Da erscheint mir LdL eine pragmatische Lösung zu sein, die man direkt umsetzen kann. „Lernen 2.0“-Visionen helfen hier erst mal nicht direkt weiter – obwohl (wie gesagt) auch diese Visionen ganz wichtig sind.

  54. Lisa Rosa sagt:

    Hier sind wir zu Gast bei Chrisp und sollten drauf hören, was er hier langfristig haben möchte. Denn das muss man respektieren. Also den eher pragmatischen Blick.
    Danke Christian für die Anregung zur Diskussion und die Bereitstellung der Plattform! 🙂

    @ fred elzen: Ich finde Deine erste Elemente-Sammlung für „Lernen 2.0“ sehr interessant und brauchbar. Wenn es keinen Wiki-Artikel dazu gibt – dann auf! Lass uns zusammen einen schreiben. Das wird allerdings ein Projekt! 😉 Wenn Du Interesse daran hast, dann schreib mir mal an meine E-Mail (im Impressum von shift).

  55. cspannagel sagt:

    @Lisa Jetzt hast du mich aber missverstanden – ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn hier über „Lernen 2.0“ diskutiert wird! Das dürft ihr gerne machen – meine Gäste dürfen (fast) alles schreiben!

    Ich meinte nur, dass ich mich jetzt nicht dazu äußern möchte, weil ich persönlich eher den pragmatischen Blick habe. Ich wollte die Diskussion damit aber keinesfalls abwürgen.

  56. Als derjenige, der diese Diskussion hier ein wenig ins Rollen gebracht hat, habe ich einen Vorschlag für einen runden Abschluss 🙂 :

    Auch wenn ich zunächst mal wieder sekptisch war, bin ich ja willig etwas neues zu lernen. Also meinen Schülern heute in der Doppelstunde Mathematik (Stufe 11) gesagt, wie die Besprechung der Hausaufgaben und der Übungsaufgaben zu laufen hat: Eine kommt nach vorne, moderiert, kommentiert und schreibt die Vorschläge an der Tafel an. Der Rest äußert sich dazu. Und, was soll ich sagen: Es war spitze!!! Toll, so werde ich Aufgaben ab sofort immer lösen/besprechen lassen. Alle Probleme sind gelöst worden, die SuS haben gut diskutiert (wenn sich auch die schwächeren sehr zurückgezogen haben – die müssen sich erst daran gewöhnen) und ein Schülerkommentar am Schluss war „Doch, das sollten wir öfter so machen – war sehr produktiv“.
    Und das beste an dem Ganzen: Ich habe vielleicht nur 15 Sätze in 90 Minuten sagen müssen – angenehmer kann Unterricht gar nicht sein :-).
    Also, ich probiere das am Donnerstag in dem anderen Kurs auch noch aus. Wenn es dann auch so gut läuft, dann habt ihr mich überzeugt :-).

    Viele Grüße aus Bonn!

  57. cspannagel sagt:

    @Nils Das finde ich ja jetzt echt irre gut! Bitte berichte hier auf jeden Fall davon!

  58. Lutz Berger sagt:

    57 kommentare so far – runde sache, das! auch wenn sie mich manchmal an den mühsamen übergang von der kutsche zum automobil erinnern (die ersten autos sahen aus wie kutschen). will sagen: die theoretische debatte über etwas, das man nicht/kaum kennt, ersetzt nicht das tun. ldl und web 2.0 nähert man sich nur bedingt durch den diskurs, sondern eher durch gelebte praxis, hinfalle, aufstehen und feedback, feedback, feedback.

    aber ich will mich da nicht weiter in die nesseln setzen, nur eins noch: begeisterung und freiwillige feldversuche haben nichts, aber auch gar nichts mit sektiererei zu tun.

    die gruppe die ich begleitete und die menschen die ich dabei traf, sind vom missionieren himmelweit entfernt. wer da die keule schwingt, bekommt von mir die rote karte und muss zurück auf start!

    es ist vielmehr der liebenswerte zug des forschers, des pre-experten und des amateurs (lat. amare, remember?), der rote backen kriegt: schau mal, das klassenzimmer fliegt tatsächlich! in den worten von george soros, experte für prozese in zeiten des ungleichgewichts:

    „Ich bin der Archetyp des Amateurs. Ich bin wie ein Stammeshäuptling, der nicht lesen und schreiben kann … Aber es ist eine gute Position, zu früh da zu sein. Da zu sein, bevor die Profis, die Experten alles an sich gerissen haben.

    Ich bin ein Pre-Experte. Und ich befinde mich in keiner schlechten Gesellschaft, denn viele große Entdeckungen des 19. Jahrhunderts wurden von Amateuren vollbracht. Als die Entdeckungen da waren, dann erst kamen die Professionellen, die richtigen Experten. Ich liebe diese frühe Phase, die Phase der ursprünglichen Entdeckungen. In dieser Zeit ist der Wettbewerb sehrt gering und man kann mit wenigen Mitteln sehr große Erfolge erzielen.“

    und jetzt: hitzefrei!

  59. cspannagel sagt:

    @lutzland „die theoretische debatte über etwas, das man nicht/kaum kennt, ersetzt nicht das tun“

    Ich krempel schon mal die Ärmel hoch! 😉

  60. @Lutzland
    Ja, genauso ist es. Gestern erlebte ich einen (kleinen) Konflikt mit einem Schüler, heute nacht habe ich Alpträume gehabt, heute früh eine Lösung zum Problem. Ohne Alptraum, kein Druck, ohne Druck kein intensives Nachdenken über eine mögliche Lösung. Das muss alles existentiell sein. Wann träumt ein „Experte“ von einem 17 jährigen Schüler, den er vorübergehend meinte, nicht „im Griff“ zu haben (Panik vor Kontrollverlust).
    Und ich erlaube mir zu behaupten, dass ich als Habilitierter Professor dennoch nicht ganz ahnungslos bin, was Theorie angeht. Allerdings: Theorie dient bei mir lediglich der Optimierung der Praxis. Die Qualität der Praxis hat vorrang.

  61. fred elzen sagt:

    @nils (16.3., 1852): „wie die Besprechung der Hausaufgaben und der Übungsaufgaben zu laufen hat“ stößt mir hart auf, weil mir diese Sprache sehr autoritär zu sein scheint. Vielleicht war es nicht so gemeint. Dass Du zu diesem Ansatz durch Crisp gebracht werden musstest, weist auf ein Defizit Deiner Beschäftigung mit der Geschichte der Pädagogik hin; das kann man aber zu beliebiger Zeit nachholen. Das zeigt ja schon die Reaktion Deiner Schüler.

    @Rosa (16.3.,16.00): Geht es darum, Wünsche von Crisp zu erfüllen, oder dürfen wir in eine Diskussion der Cripschen LdL-Initiative Gedanken aus der Vergangenheit oder für die Zukunft einbringen. Crisp hat das um 18.40 Uhr ausdrücklich zugelassen.

    @ Jean-Pol (16.3., 7.56): Den Hinweis auf die Arbeiten von Narr halte ich für wichtig. LdL ist nicht erst in diesem Jahrtausend vom Himmel gefallen sondern fängt schon bei Seneca an, der üblicherweise in der vereinfachten Form von „docendo discimus“ zitiert wird. Eine weitere wichtige Wurzel von LdL dürfte die in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts die damals vielgeschmähte Einklassenschule, also das fast vollkommen individualisierte Lernen sein. Die Auseinandersetzung damit beugt der Gefahr vor, dass in missverstandenem LdL die Indoktrination durch die Lehrkraft durch die kurzfristige, vom Lehrer zunächst oktroyierte Indoktrination durch Mitschüler ersetzt wird. („Wie … zu laufen hat“). Dass die Schüler diesen Freiraum sofort ausfüllen, zeigt das Bedürfnis nach einer neuen „Grundhaltung“ der Lehrkraft. Dann kann LdL starten.

    @ Crisp: Es ist nach wie vor faszinierend, wie es Dir gelingt, das Thema LdL an die Studierenden heranzutragen. Der Pragmatismus, den Studierenden eine kleine Evolution durch den Umweg über einzelne Lehrkräfte vor Augen zu führen, zeigt diesen den Freiraum, den sie im derzeitigen System besitzen und nutzen können. Ich räume ein, dass die Hemmschwellen für Lernen 2.0 wesentlich höher sind.

    Wie hieß es doch jüngst: „Weiter so“

  62. […] Beschreibung ist so schön, sie entspricht sosehr meinem wissenschaftlichen Credo, dass ich sie von Christian Spannagels Blog hierher einkopieren: Lutz […]

  63. @Fred elsen
    Danke für deine Hinweise auf Seneca und die anderen Wurzeln von LdL. Es ist immer erfrischend für mich, wenn junge Menschen mir voller Freude erklären, woher LdL stammt. Wie du bestimmt weißt, ist der erste Schritt bei wissenschaftlichen Arbeiten, dass man die Literatur sichtet und nach den historischen Vorstufen der eigenen Ansätze forscht. Das habe ich auch im Rahmen meiner Dissertation 1985 getan, und dann immer wieder, insbesondere als ich den Wikipedia-Artikel zu Lernen durch Lehren verfasst habe. Ich kann dir diesen Artikel nur empfehlen. Die Rezeption dieses Artikels würde vielen Mitdiskutanten hier Umwege ersparen. Natürlich kann ich nicht erwarten, dass unsere Dokumentationen und Texte seit 30 Jahren gesichtet werden. Aber bevor jemand sich zu LdL äußerst, sollte er sich die Mühe machen, sich darüber kurz zu informieren. Deshalb habe ich (zusammen mit vielen anderen) den WP-Artikel verfasst:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Lernen_durch_Lehren

  64. Itari sagt:

    die Schule … der Unterricht … die Lehrer ………….. und im Mittelpunkt stehen die Schüler oder die Methode.

    Ob sich irgendwann die Schüler ihre Schule, ihren Unterricht, ihre Klasse, ihren Lehrer/ihre Lehrerin aussuchen dürfen (so jeden Tag eine andere …)? Muss Unterricht für alle Spaß machen oder muss er erfolgreich sein? Hat Unterricht und Schule etwas mit Lernen zu tun oder könnte man auf diesen Zusammenhang auch verzichten? Reicht nicht das Können, Wissen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten aus, wenn sie einfach da sind, egal wie entstanden, Hauptsache da? Ist das Ergebnis nicht wichtiger als der Weg dorthin? Und ist das Gelernte nicht eh in wenigen Jahren wieder überholt? Oder ist der Weg das Ziel?

    Woran mag man sich eigentlich gerne zurückerinnern, wenn man an die Schulzeit denkt? Dass die Schulzeit eine schöne Zeit war? Dass man viel erlebt hat und sich eigentlich kaum mehr daran erinnern mag, ob und was man gelernt hat? Oder dass man diese Zeit gehasst hat, weil sie verschwendet war, weil sie das Gefühl der Geringwertigkeit vermittelt hat?

    Werden mit LdL aus Schülerinnen einmal gute Lehrerinnen/Professorinnen oder gute Ehefrauen, die ihre Kinder erziehen können? Sind LdL-Lehrer gute Ehemänner und Väter? Ach wieso komm ich immer auf solche Gedanken.

  65. @Itari
    Zur Zeit beschäftigen wir uns im Unterricht mit Europa: die EU-Organe und Gremien, die 27 Länder und ihre jeweiligen Interessen, die bevorstehende Europawahl, die Gegensätze zwischen Federalisten und Unionisten, die Geburt Europas (Rom-Verträge), die Entscheidungsmodi (Einstimmigkeit bzw. qualifizierte Mehrheit) usw. Das steht nicht im Lehrplan und das haben sich die Schüler nicht gewünscht. Das war einzig und allein meine Entscheidung. Ich habe den Schülern gesagt, dass diese Themen einerseits sehr spröde sind, und dass niemand sich freiwillig – auch nicht ich – detailliert damit befassen würde, aber dass dieses Wissen sehr bedeutsam für uns alle sei. Ich habe betont, dass gerade weil diese Wissensinhalte so spröde sind, die Schule ein guter Ort ist, wo man sie mit Hilfe des Lehrers und motiviert durch eine Gruppe, aufnehmen und verinnerlichen kann. Allein und außerhalb der Schule wäre das fast aussichtslos. Als eine Art Gefängnis ist die Schule gut, weil man hier Lernaufgaben, die für die Zukunft von Bedeutung aber sehr anstrengend und öde sind, unter erträglichen Bedingungen und ohne Ablenkung erledigen kann.

  66. Lisa Rosa sagt:

    @ Jean-Pol: Kann man das – Wissensinhalte aufnehmen und verinnerlichen? Weil der Lehrer sagt, sie seien so überaus wichtig? – Ich glaube, dass wir nur wirklich etwas lernen können, mit dem wir etwas anfangen können in Form von Kompetenzen, wenn es uns selbst wichtig ist, wozu wir unsere ganz individuelle Beziehung gewinnen, das, was „persönlicher Sinn“ ist. Wenn Deine Schüler Informationen über etwas „aufnehmen“ (Schwamm-Metapher), was für sie selbst keinen weiteren Sinn macht, als den, dem Lehrer zu folgen, der diesen Sinn behauptet – dann werden daraus keine Kompetenzen. Wenn Deine Schüler bereit sind, „Wissensinhalte zu verinnerlichen“, wie Du es nennst, dann sind sie daran gewöhnt, Dir zu gehorchen. Das ist das Übliche im Schulsystem (jedenfalls für die Angepassten). Die eigentliche Aufgabe, die alle Kinder und Jugendlichen – und auch die Erwachsenen! – für ihr Leben lösen müssen, nämlich selbst Sinn zu bilden, kann daran nicht gelernt werden. Sie lernen stattdessen, von jemandem abhängig zu sein, der ihnen sagt, was für sie wichtig ist.
    Obwohl ich ja selbst Politiklehrerin bin, macht es für mich z.B. keinen Sinn, alle EU- Länder und „ihre Interessen“ – welche sind diese? – zu „kennen“, es sei denn, diese Informationen sind eingebettet in ein Lernvorhaben, das ich selbst mir gestellt habe. Z.B. so: „Ich möchte wissen, welche aktuellen Möglichkeiten bestehen, aus dem Zeitalter des Nationalstaats in ein Zeitalter der Weltrepublik zu shiften.“ Es kann sich dabei als wichtig herausstellen, den Fokus auf bestimmte EU-Länder und ihre Probleme zu richten. Muss aber nicht. Und wenn nicht, dann ist es Zeitverschwendung. Lernen auf Vorrat und ohne eigene Fragestellung? Oh no! – Für solchen Luxus in den besten Lebensjahren haben wir keine Zeit (mehr).

    Ich fände es überhaupt sehr interessant, warum Du selbst Dich nicht freiwillig mit etwas beschäftigen würdest, obwohl Du es so überaus wichtig findest. (Und eigentlich hätten die Schüler Dich genau danach fragen müssen.) Bloß, weil es „spröde“ ist? Was ist Sprödigkeit? Ich glaube, diese Empfindung über irgendeinem Gegenstand entsteht dann, wenn man glaubt, „MAN müsse soetwas halt wissen“, aber wenn man es eigentlich gar nicht wirklich wissen will, weil es nicht wirklich etwas mit einem selbst zu tun hat, oder man keinen solchen Zusammenhang herstellen kann.
    Du hast brave Schüler. Sie kaufen Dir offenbar alles ab. Die meisten Schüler in den meisten Schulen tun dies tiefinnerlich schon längst nicht mehr und „lernen“, wenn überhaupt, dann höchstens äußerlich für ein gutes Testergebnis und um den Lehrer zufrieden zu stellen, damit er freundlich bleibt. Bist Du ganz sicher, dass Deine Schüler etwas anderes tun als eben dies? Und wenn es sich herausstellte, dass es nur eben dieses wäre – wärest Du dann immer noch zufrieden mit Deiner Lehrertätigkeit?

  67. @Lisa
    Als 3 meiner Schüler und ich am letzten Samstag in Erlangen waren und meine Schüler ein 90 minütiges Workshop mit 100 Leuten durchführten, zeigten wir die Liste der Themen, die wir in den letzten 6 Monaten behandelt hatten. Es waren beispielsweise das Palästina-Problem, Indien/Pakistan/Kashmir, die Funktionsweise und die Aufgabe der UNO, Nietzsches Glückstheorie im Vergleich zu den Stoikern, Napoleon, der Wiener Kongress, usw…
    Lauter Themen, die kein Schüler sich jemals gewünscht hatte. Natürlich wurde von den Teilnehmern sofort moniert, dass ich diese Themen aufgezwungen hatte. Die Schüler aber sagten, dass genau diese Themen angemessen seien und ihnen helfen würden, die Welt besser zu begreifen. Sie würden seit sie bei mir sind die Zeitung mit großem Interesse lesen und die Nachrichten verfolgen. Das nahmen ihnen die Teilnehmer nicht ab, und das ärgerte meine Schüler sehr: „Man kann viel an Herrn Martin kritisieren, aber die Inhalte sind sehr sinnvoll, da sind wir uns in der Klasse alle einig.“
    Du fragst, warum ich mich nicht freiwillig mit der Funktionsweise der UNO oder der EU befassen würde. Weil es spröde Fakten sind und weil ich zu faul wäre, um das ohne zusätzliche Motivation zu memorieren. Andererseits bin ich sehr froh, wenn ich weiß, was die Europäische Kommission ist, welche Aufgaben sie hat und wie lange sie im Amt bleibt. Dadurch bin ich beispielsweise besser auf die Wahl im Juni vorbereitet. Und das sind meine Schüler auch.

  68. cspannagel sagt:

    @Itari Dein Beitrag ist wirklich erfrischend – viele Fragen, keine Antworten! 😉

  69. Lisa Rosa sagt:

    @Jean-Pol: Ich glaube Dir unbedingt die Begeisterung Deiner Schüler und beglückwünsche Dich ehrlich dazu. Aber sag mal: Warum musst Du facts memorieren, wo es doch die besten Speicher außerhalb des Gehirns gibt? Kommt es denn aufs Memorieren von Fakten an? Es kommt doch – auch sicher Dir! – auf die Einsichten und die Bewertung/Bedeutung, den Kontext, die Schlussfolgerungen usw. an. Denn damit unterscheidet sich „Wissen“ von „Data und Information“. Und darum macht mich die Reduktion auf „aufgenommene“, „memorierte“ „Inhalte“ bzw. blankes Bereitstellen von Fakten in Deinen Erzählungen immer so stutzig.

  70. @Lisa
    „Warum musst Du facts memorieren, wo es doch die besten Speicher außerhalb des Gehirns gibt?“
    – Wenn man beispielsweise die Nachrichten im Fernsehen anschaut und sofort verstehen will, warum der Vertrag von Lissabon eine Erhöhung der Amtszeit des Präsidenten des Europäischen Rates auf zweieinhalb Jahre vorsieht, dann ist es günstig, wenn man im Gedächtnis gespeichert hat, dass die jetzige Amtszeit 6 Monate beträgt.

    „Es kommt doch – auch sicher Dir! – auf die Einsichten und die Bewertung/Bedeutung, den Kontext, die Schlussfolgerungen usw. an. Denn damit unterscheidet sich “Wissen” von “Data und Information”.“
    – Ja, du vermutest richtig. Mir kommt es auch darauf an.

  71. Itari sagt:

    „viele Fragen, keine Antworten“

    Die Frage ist der Schlüssel zum Wissen. Den Spruch kennst doch, gell.

    Itari

  72. @Itari
    Bin ich naiv, dass ich brav alle Fragen versuche zu beantworten, die mir hier oder woanders gestellt werden? Du erinnest dich vielleicht an meinen Ärger, wenn ich eine Frage beantworte und der andere interessiert sich gar nicht dafür („reingelegt“).

  73. Lisa Rosa sagt:

    @Jean-Pol:
    „Wenn man beispielsweise die Nachrichten im Fernsehen anschaut und sofort verstehen will, warum der Vertrag von Lissabon eine Erhöhung der Amtszeit des Präsidenten des Europäischen Rates auf zweieinhalb Jahre vorsieht, dann ist es günstig, wenn man im Gedächtnis gespeichert hat, dass die jetzige Amtszeit 6 Monate beträgt.“
    Genau: Der SINN entsteht aus der Information der Gegenwart. Von da aus fragt man, wie war es denn vorher? Und dann hat man die 6 Monate. Aber die 6 Monate zuerst zu lernen (ohne Fragestellung aus der Gegenwart), macht keinen Sinn. Erst wegen der Veränderung macht es Sinn, das zu wissen. Weil sich dann auch die Frage „weshalb“ sofort stellt.) Und deshalb konstruiert sich der Inhalt des Lernens aus den Fragestellungen der Gegenwart. (Und dann ist es auch nix Sprödes mehr, sondern eine nachgerade herzerfreuende Logik im Algorithmus des Lernens ;-))
    Du bevorzugst, was Schule konstitutiert: Systematisches Lernen. Der gegenwärtige shift beim Lernen (außerhalb der Schule – was immer wichtiger wird) prämiert kontextuelles, situiertes Lernen. Beides wird gebraucht. Aber der Sinn steckt im Kontext. Und der Sinn macht das Motiv.

  74. cspannagel sagt:

    @Itari Klar kenn ich den Spruch. Deswegen finde ich deinen Beitrag ja auch so schön erfrischend.

    @Lisa Kompetenzorientierung schön und gut – man darf dabei aber auch nicht das im Licht der Kompetenzorientierung eher fahl erscheinende Faktenwissen vernachlässigen. Früher wurden nur Inhalte gepaukt, jetzt schlägt der Zeiger in die andere Richtung und wird nur noch von Kompetenzen gesprochen. Die Mischung machts. Ansonsten haben wir lauter „kompetente“ Schüler, denen Grundlagenwissen fehlt. Dass dieses Grundwissen auf Verständnis und nicht auf Auswendiglernen beruhen sollte (zumindest in den meisten Fällen) ist klar. Aber klar ist auch: Wir brauchen Facts, und zwar parat (d.h. sofort abrufbar). Experten zeichnen sich gegenüber Novizen insbesondere dadurch aus, dass sie gut strukturiertes Wissen in einem bestimmten Bereich besitzen. Experten, die keine Facts im Hirn haben und entsprechendes Wissen immer in „Speichern außerhalb des Gehirns“ suchen, gibt es nicht.

  75. Lisa Rosa sagt:

    Nach Weinert steht Kompetenz nicht ein Gegensatz zu Kenntnissen (facts), sondern hebt diese in sich auf. Will sagen: Die Vorstellung ist nicht, dass wir Basiswissen (facts) bilden und darauf werden dann Fahigkeiten (Kompetenzen, abilities) aufgesetzt durch Anwendung dieses Wissens. Der (wiss.) Kompetenzbegriff ist ein übergreifender integrierender.
    Es geht auch nicht darum, dass „facts“ nicht gebraucht würden, oder dass sie alle in Speichern außerhalb des Gehirns liegen müssen. Die Facts werden aber nicht durch „Aneignung“ ihrer selbst ins Gehirn gespeichert, sondern konstituieren kontextualisiert zusammen mit Bedeutung und Bewertung „Wissen“, die aber nur je individuell aus der Konkretisierung des persönlichen Sinns hergestellt wird.
    Konstruktivisten sehen auch nicht, dass facts ins Gehirn eingelagert werden wie saure Gurken ins leere Glas. Die sogenannten Fakten sind ja auch nie etwas „Objektives“, das man wie einen Gegenstand unbeeinflusst zwischen Menschen hin- und herschieben kann. Wir sprechen schon lange nicht mehr von Fakten und ihrer Anwendung, sondern arbeiten besser mit den Begriffen „Daten“, „Information“ und „Wissen“. In der Schule werden leider viele (an sich sinnlose) Daten gesammelt und memoriert. Erst wenn aus Daten Informationen, und aus Informationen Wissen konstruiert wird (was immer Bewertung/Bedeutung/Sinn) einschließt, kann man etwas damit anfangen.

  76. @Lisa
    „Wir sprechen schon lange nicht mehr von Fakten und ihrer Anwendung, sondern arbeiten besser mit den Begriffen “Daten”, “Information” und “Wissen”.
    – Richtig. Darüber habe ich auch unter anderem 2002 einen Aufsatz geschrieben:

    Klicke, um auf aufsatz2002.pdf zuzugreifen

  77. Itari sagt:

    Schüler müssen lernen auch unbequeme und unbeantwortbare Fragen zu stellen. Denn damit kann man später gutes Geld verdienen. Apropo Geld verdienen. Der ganz Quatsch, den man in der Schule lernt, macht erst Sinn, wenn man dafür später Geld sieht. Also zum Beispiel einen guten Job bekommt oder eine Firma erbt und pleite gehen lässt oder kapiert hat, dass man mit der Unfähigkeit der Anderen sich die Abende vergolden kann (also Rechtsverdreher, Steuerberater, Makler, Politiker, Schönheitschirurg, Fernsehmoderator, Beamter oder Künstler wird).

    Allerdings muss man auch lernen (ja wo eigentlich), dass man nicht die falschen Fragen stellt, denn das wird auch nicht so gerne gesehen. Ganz schlimm wird es, wie JP ja feststellt, wenn man die richtigen guten Fragen beantwortet, aber sie niemand zur Kenntnis nimmt oder nehmen will.

    Ach da wäre noch ein Rückfrage meinerseits an Chris: Wann war eigentlich „Früher wurden nur Inhalte gepaukt“? Da ich mich ein wenig mit früher auskenne, würde ich einfach mal vergleichen wollen, ob meine Erinnerungen noch aktuell sind.

    Itari

  78. @Itari
    „Der ganz Quatsch, den man in der Schule lernt“
    – Wie du weißt, sind die Vorgänge in der Schule für mich existentiell. Anders ausgedrückt: unterrichten gibt meinem Leben einen Sinn (falls deine Texte mich als Adressaten einschließen). Ich finde sehr lustig, wie in diesem Blog und woanders permanent zwischen brutalem Zynismus und Gutmenschentum geswitscht wird. Gut, dass keiner/keine hier den anderen/die andere ernst nimmt. Oder ist dein Satz poetisch gemeint?

  79. Lisa Rosa sagt:

    brutaler Zynismus / Gutmenschentum? Wo? Nicht gefunden.

  80. cspannagel sagt:

    @Lisa Ich mag den Kompetenzbegriff von Weinert nicht so sehr. Ich stehe eher auf Erpenbeck und Sauter (2007). Weinert zielt mir zu sehr auf Problemlösen ab – dabei ist Problemlösen nur eine von vielen Tätigkeiten, die im Kontext von Prozessorientierung (Parker & Rubin, 1966; Costa & Liebmann, 1997) bzw. im Rahmen des „Teaching Thinking“-Ansatzes (Baron & Sternberg, 1987; Barell, 1995; Costa, 2001; Crawford, Saul, Mathews, & Makinster, 2005; Bowkett, 2006; Marzano & Kendall, 2007; Brady, 2008) diskutiert werden.

    Die begriffliche Trennung von Daten, Wissen und Information ist natürlich sinnvoll (Ackoff, 1989; Ahsan & Shah, 2006; Rowley, 2006). Dennoch denke ich, dass der Begriff „Faktum“ immer noch eine Berechtigung hat. „Die Hauptstadt von Frankreich ist Paris“ ist ein Faktum. Wenn du lieber „Daten“ dazu sagst, von mir aus. Dann fangen wir aber an, mit Begriffen zu jonglieren, was meiner Ansicht nach nichts bringt.

    „Wir sprechen schon lange nicht mehr von Fakten“ – Wen meinst du eigentlich mit „wir“? Dich und die Konstruktivisten? Oder uns?

    Zu den ganzen Literaturangaben in meinem Kommentar: Normalerweise fahre ich diesen Stil natürlich nicht in Weblog-Kommentaren, das soll ein bisschen Ironie sein. Ich werde nur den Eindruck nicht los, dass du uns bezüglich Theorie irgendwie enorm unterschätzt. Liegt das an der Tatsache, dass wir nicht mit „Weinert sagt“ u.ä. argumentieren? Du darfst mir gerne den Kopf zurechtrücken, wenn ich hier falsch liege.

    @Itari Ich nehme das „nur“ aus der Aussage zurück und ersetze es durch „in größerem Maße“ und gebe auch gerne zu, dass dies eine naive Vorstellung sein mag. Ich bin zu jung, um es erlebt zu haben. Mir haben es die Konstruktivisten erzählt.

  81. @Spannagel
    „(Ackoff, 1989; Ahsan & Shah, 2006; Rowley, 2006).“
    – Danke für den Tipp! Die merke ich mir unbedingt!

  82. @Lisa
    Du hast keinen Zynismus gesehen? Itari mag ich sehr gerne, aber immer wieder schreibt sie Texte wie folgenden:

    „Der ganz Quatsch, den man in der Schule lernt, macht erst Sinn, wenn man dafür später Geld sieht. Also zum Beispiel einen guten Job bekommt oder eine Firma erbt und pleite gehen lässt oder kapiert hat, dass man mit der Unfähigkeit der Anderen sich die Abende vergolden kann (also Rechtsverdreher, Steuerberater, Makler, Politiker, Schönheitschirurg, Fernsehmoderator, Beamter oder Künstler wird).“

    Auch wenn das nicht ganz ernst gemeint ist, sie zeichnet ein Bild von Menschen, das traurig stimmt. Und ich denke an hundert tausend von Lehrer-Kolleginnen, die bestimmt nicht lustig fänden, wenn man ihre sehr harte Arbeit so beschreiben würde. Auch wenn Itari diesen Text nur aus einer Laune verfasst hat.

  83. Lisa Rosa sagt:

    @ Theorie: Oje. Nein, missverstanden. Es geht nicht drum alle möglichen Leute zu zitieren und Nachweise zu liefern wie in einem wissenschaftlichen Aufsatz. Aber die Tragfähigkeit von Erklärungsrahmen und den einzelnen Bestandteilen, muss doch diskutierbar sein. Ich finde nicht richtig, dass meine Zustimmung zu den Erfolgen eines verbesserten Unterrichts durch LdL gleichgesetzt werden soll damit, dass ich das Verständniskonzept von Lernen, was ihr dahinter habt, mittragen muss. Didaktik ist eine Wissenschaft von Unterrichtstechnologie. Gebunden an Schule und Unterricht als kulturhistorische Erscheinung. Lernen und Entwicklung (der Menschheit) ist doch nicht an diese historische Form der gesellschaftlichen Lernorganisation gebunden! (Das sehen wir mit Web 2.0 – wenn wir es sehen.)
    Ich stehe auf Weinerts Definition. Problemlösen und Sinnbildung sind die Hauptkompetenzen der Wissensgesellschaft. Die anderen Dinge – wie Informationen sammeln und auswerten – werden dadurch nicht unwichtig, sie bekommen aber einen anderen Systemplatz: sie ordnen sich unter.
    Mich stört z.B. die Vermischung von Normativität und Analyse in eurem didaktischen Konzept. Ich glaube außerdem, dass wir weit mehr brauchen als neue didaktiksche Konzepte. Wir müssen über diese Ebene der Praxisreflexion hinaus zu einer neuen Theorie des Lernens, die die realen Transformations-Entwicklungen in der Gesellschaft, die wir right know beobachten können, erklären können, und damit auch die Merkmale aufzeigen können, die wir beachten müssen, um auf der Stufe der Wissensgesellschaft das Lernen in der adäquaten Form gesellschaftlich zu organisieren.

  84. Lisa Rosa sagt:

    Zynismus? sehe ich in dem Zitat von Itari nicht. Ich glaube, es ist ziemlich deutlich ausgedrückt, was ein Teil der Realität ist. Auch hier Jean-Pol, finde ich es nicht nützlich, wieder Normatives mit Analytischem zu vermengen. Es stimmt doch, dass die derzeitige Schule den gesellschaftlichen Anforderungen nicht gewachsen ist. Und das kann man so deutlich klar machen, wie bspw. Atari. Da braucht man nicht gleich an die Decke gehen und sich als begeisterter und engagierter Lehrer (bin ich ja auch) in Frage gestellt zu sehen, zu rechtfertigen und abzuwehren. Du Jean-Pol bist ja selbst heftig daran beteiligt Schule verbessern zu wollen – doch sicher nicht, weil Du mit ihrer derzeitigen Zustand zufrieden bist? 😉 Ich halte also die schnelle Beurteilung, jemand hätte ein zynisches oder sonstwie nicht pc-Menschenbild, weil er vielleicht zugespitzt den Finger auf ein Systemproblem legt, für voreilig.
    Auch sehr hilfreich – neben der Unterscheidung zwischen Normativität und Analyse – finde ich daher die Unterscheidung zwischen (sozialen) Systemen und Personen. Den ganzen Quatsch mit dem Lehrerbashing/Lehrerrechtfertigen kann man sich nämlich sparen, wenn man das Problem der Schule als Systemproblem sieht. (Es ist schon oft beschrieben worden, und ich nenne hier niemanden, damit ich nicht wieder geschimpft kriege. Aber ohne die Erkenntnisse der Systemtheorie komme ich jedenfalls nicht mehr aus.)

  85. @Lisa
    OK. Ich habe deinen Text gelesen. Ich denke, es war keine Frage dabei. Aber ich antworte gerne, falls dir etwas an unserem Konzept noch nicht klar ist.

  86. cspannagel sagt:

    @Lisa „Mich stört z.B. die Vermischung von Normativität und Analyse in eurem didaktischen Konzept.“

    Ich sehe das Problem nicht – also, wirklich nicht. Es gibt eine theoretische Basis (Motivationstheorien usw., siehe oben). Daraus wird eine Methode bzw. eine bestimmte praktische Vorgehensweise abgeleitet. Und um LdL möglichst deutlich und handlungsinduzierend zu kommunizieren, werden Metaphern verwendet. An welcher Stelle liegt hier genau das Problem?

    @Lisa „Wir müssen über diese Ebene der Praxisreflexion hinaus zu einer neuen Theorie des Lernens, die die realen Transformations-Entwicklungen in der Gesellschaft, die wir right know beobachten können, erklären können, und damit auch die Merkmale aufzeigen können, die wir beachten müssen, um auf der Stufe der Wissensgesellschaft das Lernen in der adäquaten Form gesellschaftlich zu organisieren.“

    Das klingt ja alles schön und gut – aber was genau hilft mir das bei der Vorbereitung meines Unterrichts morgen?

    Du sagst: LdL ist schön und gut, aber es verändert das System nicht. Wir brauchen ein ganz neues System. Mich würde interessieren, wie du das erreichen willst.

    Wir sagen: Wir kümmern uns darum, den eigenen Unterricht innerhalb des Systems besser zu machen. Das können wir. Und wenn sich viele um die Verbesserung von Unterricht kümmern, dann wird sich das vielleicht auch irgendwann im System niederschlagen. Wenn nicht, ists auch nicht schlimm.

  87. fred elzen sagt:

    @Itari
    Deine Fragen
    „Reicht nicht das Können, Wissen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten aus, wenn sie einfach da sind, egal wie entstanden, Hauptsache da? Ist das Ergebnis nicht wichtiger als der Weg dorthin?“
    sollten in meinen Augen intensiver diskutiert werden.

    Bekanntermaßen trägt die Schule zu einem abnehmenden Teil zur Bildung der Heranwachsenden bei. Wo lernen zum Beispiel Hauptschüler(innen) einen Umgang mit dem Handy und übertreffen mit dem Ergebnis viele Erwachsene? Vielleicht lernen sie die Handynutzung tatsächlich in der Schule, aber nicht im Unterricht sondern in den Pausen, in selbstorganisiertem Lernen, gestützt durch das soziale Miteinander. Natürlich kann man darüber streiten, ob der Umgang mit dem Handy etwas mit Bildung zu tun hat. Ob er etwas mit Lernen zu tun hat, ist dagegen unstrittig.

    Weil die Schule – mit oder ohne LdL – das Lern- und Bildungspotential ihrer „Opfer“ oft nicht ausschöpft, suchen die Lernenden Alternativen und finden sie zum Beispiel bei Computerspielen. Da verschwindet bei vielen das ADS-Syndrom, während die Schule es zwar diagnostiziert, die Betroffenen dann aber in der Regel allein lässt.

    Ist also LdL nur ein Weg, den Lehrkräften die Arbeit zu erleichtern („angenehmer kann Unterricht gar nicht sein“; Nils am 16.3., 18.52)?

    Was meinen denn die Schüler von JP, wenn sie sagen “Man kann viel an Herrn Martin kritisieren, …“ ?

  88. Lisa Rosa sagt:

    Leider habe ich momentan so tierisch wenig Zeit, obwohl mit Chrisps Fragen an mich eigentlich die Diskussion anfängt, die ich gerne führen möchte. Die Normativ/Analytisch-Diskussion müsste ich leider weiter ausholen. Das ist vielleicht hier nicht gewünscht. (Mal ganz abgesehen davon, dass Jean-Pol offenbar nur Verständnisfragen zulässt, keine Statements – ganz genau wie eben das Schul- und Hochschullehre- System es bisher verlangt.
    Aber ich versuch mal wenigstens auf mir diese oft entgegengehaltenen Satz zu reagieren:

    „Das klingt ja alles schön und gut – aber was genau hilft mir das bei der Vorbereitung meines Unterrichts morgen?“
    Ja. Natürlich nichts! Das ist aber eine „Totschlagfrage“ der Pragmatisten. Denn wenn wir nichts weiter denken modellieren, selbstreflexiv dazulernen können würden, als das, was uns in der bestehenden Praxis kurzfristig das Überleben sichert – dann wären keine systemtransformierenden Veränderungen möglich, sondern immer nur Varianten des Bestehenden. (Die Geschichte zeigt: Es gibt etwas anderes. Denn Funktionssystem der Gesellschaft – wie z.B. das Bildungssystem in der gegenwärtigen Form „Schule“ eines ist, entstehen und vergehen, transformieren sich oder werden komplett ersetzt. Das geht aber nicht von selbst, sondern muss gemacht werden. Eine Vorstellung, das Bestehende bestehen bleiben zu lassen und bloß zu verbessern, ist schön – zum wiederholten Male begrüße ich LdL! – . Aber angesichts der Lage müssen wir darüber hinaus. (fred gibt in seinem Handy-Beitrag wichtige Hinweise, warum und in welche Richtung.)

    Und wenn Du mich fragst, wie ich es mir vorstelle? Ja Heilandsack, ich weiß es doch auch nicht genau! Aber eins weiß ich: Mit der Vorbereitung des „Unterrichts von morgen früh um 8“, den ich ja auch habe genau wie Du, Christian, und den ich auch nur IM BESTEHENDEN System machen kann – allerdings mit vielen Widersprüchen und Spannungserlebnissen – mit dieser laufenden Praxisverschönerung mag ich mich nicht zufrieden geben. Ich möchte gleichzeitig am selbstreflexiven Lernen des Systems beteiligt sein, das – ja – sozusagen zur Überwindung seiner selbst führen muss. Und für dieses reflexive Lernen muss ich mir Zeit nehmen, in der ich eben NICHT frage: Was nützt es mir für die Praxis morgen früh. Und es ist keine didaktische Frage. Denn die Didaktik gehört als Reflexionsformat zum System Schule. Sie unterliegt also immer auch dem Systemdefizit das dem System Schule inhärent ist.

    „Und wenn sich viele um die Verbesserung von Unterricht kümmern, dann wird sich das vielleicht auch irgendwann im System niederschlagen.“
    100 Jahre „Reformpädagogik“ hat so gedacht. Und nichts bewirkt.

    „Wenn nicht, ists auch nicht schlimm.“
    Ja dann … Ich glaube, manchmal muss man eben feststellen, dass man nicht weiter kommt in der Diskussion. Ich gebe es vorerst auf, mich verständlich zu machen zu versuchen. Unsere Vorstellungen von dem, was ansteht, sind zu unterschiedlich. Das ist schade, aber auch in Ordnung und ganz normal. Wir sollten uns also nicht weiter darin verbeißen.

  89. cspannagel sagt:

    @lisa „Die Normativ/Analytisch-Diskussion müsste ich leider weiter ausholen.“ Genau das würde mich aber stark interessieren. Wenn du mal Zeit und Lust hast, wäre es schön, wenn du diesen Punkt ausführen könntest.

  90. […] März 21, 2009 von cspannagel Am Donnerstag hab ich Lutz in Heidelberg besucht, um die Schulstunde von Erich Hammer und die Schülerinterviews, die wir im Rahmen unserer Bildungsexpedition geführt […]

  91. @Lisa
    „Mal ganz abgesehen davon, dass Jean-Pol offenbar nur Verständnisfragen zulässt…“
    – Ich habe lange überlegt, wie ich dir meine Haltung in diesem Gespräch verständlich machen kann. Natürlich könnte ich deine Bemerkung unbeantwortet lassen, aber es wäre kein humaner Stil, denn wir wollen ja wahrgenommen werden. Also versuche ich es: ich sehe deutlich, dass die Themen, die du hier mit uns besprechen willst, dich sehr beschäftigen: Deskription oder Präskription, Theorie oder Praxis, die heutige Schule verändern oder schon jetzt den radikalen Bruch betreiben. Aus meiner Sicht muss man unbedingt beides tun, permanent. Theorie ohne enge Verschränkung mit Praxis, Deskription ohne Präskription, heute verändern ohne gleichzeitig an morgen zu denken hat keinen Sinn und funktioniert nicht. Das ist für mich schon längst geklärt (dafür wurde ich 30 Jahre als Wissenschaftler bezahlt, ich musste also diese Fragen intensiv und kontinuierlich angehen und darüber auch stetig publizieren). Ich behaupte nicht, dass diese Fragen unnütz sind oder nicht weitergedacht werden sollen. Aber für mich besteht kein weiterer Reflexionsbedarf, es sei denn, die Gespräche zeigen plötzlich ganz neue Aspekte, an die ich nicht gedacht hatte. Das war bisher aber hier nicht der Fall. Das ist der Grund, warum ich bei allem Respekt für dich, mich aus diesen Diskussionen heraushalten möchte.

  92. fred elzen sagt:

    Es gibt offenbar eine bestimmte Gruppe unter den Lehrkräften, die etwas gegen die Verbindung der Begriffe „transparent“ und „content“ haben. (1.4. um die Mittagszeit im Spannagelgezwitscher).

    Das heißt, die Geheimnistuerei mancher Lehrer (und Hochschullehrer) über ihre Lehrziele wird hier auch noch verteidigt: Opium für die Lernenden? In meinen Augen brauchen die Lernenden volle Transparenz dessen, was die Erwachsenen ihnen vermitteln wollen.

    Fred hätte selbst immer noch Transparenz darüber, was die Lernenden an Jean Paul zu kritisieren haben. Das Schweigen darüber erinnert an das als Schimpfwort und drohende „Nicht“, das vielfach in der Erziehung die zu Erziehenden mundtot machen soll. Unter LdL möchte ich mir gern eine offenere und TRANSPARENTE Atmosphäre vorstellen können.

  93. fred elzen sagt:

    Korrektur 3.4. 8.48

    Fred hätte selbst immer noch GERN Transparenz darüber, was die Lernenden an Jean Paul zu kritisieren haben.

  94. cspannagel sagt:

    Lieber Fred,

    du hast mich gehörig missverstanden. Ich trete für absolute Offenheit und für das, was du Transparenz nennst, ein (daher ja auch öffentliche Wissenschaft usw.). Ich meinte allerdings, dass mir das Wort „transparent“ dabei nicht gefällt, weil (wie auch Jean-Pol gezwitschert hat) ich dabei eher „durchsichtig“ und nicht „offen“ verstehe.

  95. @Fred
    „Fred hätte selbst immer noch Transparenz darüber, was die Lernenden an Jean Paul zu kritisieren haben. Das Schweigen darüber erinnert an das als Schimpfwort und drohende “Nicht”, das vielfach in der Erziehung die zu Erziehenden mundtot machen soll. Unter LdL möchte ich mir gern eine offenere und TRANSPARENTE Atmosphäre vorstellen können.“
    – Ich weiß nicht, was meine Schüler zu kritisieren haben. Ich habe auch nicht gefragt. Die Schülerin Lena, die freiwillig nach Erlangen fuhr, um meinen Unterricht vor 100 Lehrern vorzustellen und die ihn gegen Angriffen sehr überzeugend verteidigte, sagte lediglich „es gibt vieles am Unterricht von Herrn Martin zu kritisieren, aber die Inhalte sind auf jeden Fall gut.“
    Es wäre albern von mir gewesen, wenn ich nach der Veranstaltung Lena gefragt hätte, was sie zu kritisieren hat. Vielleicht hätte sie gesagt, dass sie durch diesen Hinweis zeigen wollte, dass sie mir gegenüber nicht unkritisch sei. Wenn die Stimmung im Unterricht nicht gut ist, dann frage ich natürlich, was los ist. Aber wenn sie wie zur Zeit sehr angenehm ist, dann lasse ich es sein. So wichtig sind die Kritikpunkte nicht, sonst würden die Schüler schon sagen, was ihnen nicht passt. Gelegentlich ist es schon mal passiert, dass ich eine ganz harte Mail von einer Schülerin erhalten habe, beispielsweise weil ich in den Computerraum gegangen bin anstelle Grammatik zu machen. Also streng sind die Schüler schon zu mir.

  96. @Fred
    Und weil du als offener Mensch und Lernwilliger bestimmt nichts gegen einen kleinen Hinweis bezüglich deines Kommunikationsstils einwänden wirst: fällt dir auf, dass unser Diskurs assymetrisch verläuft? Wir bemühen uns sehr um Freundlichkeit, du dagegen pflegst einen Ton, der noch zahlreiche Unebenheiten aufweist. Bitte versuche, wenn du weitere Fragen hast, diese denotativ zu formulieren.

  97. fred elzen sagt:

    @Jean Paul
    vielen Dank, Jean Paul, für Deine Hinweise zu meiner Erziehungsbedürftigkeit. Da sehe ich selbst immer noch Verbesserungsmöglichkeiten für meinen Kommunikationsstil.
    Deshalb ist Dein Hinweis sicher wichtig und richtig. Ich will mich bessern. Auch habe ich mich gleich bei Wikipedia schlau gemacht, was „Denotativ“ im Zusammenhang mit Fragen bedeuten kann.

    Freilich sind da manche Eindrücke auch subjektiv. Ich hatte es – natürlich (?) – als Assymetrie empfunden, wenn sich jemand über mich als unerfahrenen jungen Schnösel lustig macht (17.3.). („Es ist immer erfrischend für mich, wenn junge Menschen mir voller Freude erklären, woher LdL stammt.“)
    Auch bin ich kein „Universitätslehrer“ wie mga010 (12.3.) – und vielleicht doch manchmal respektlos Autoritäten gegenüber.

    Wenn mich jemand kritisiert, dann möchte ich das aufklären. Deshalb hätte ich unbedingt die Schülerin unter vier Augen gefragt, was sie am mir zu kritisieren hat. Wenn sich es nicht tue, kann ich ja nichts ändern, wenn mir die Kritik einleuchtet.

    Sofern das Thema dieses Forums die Verbesserung des Lernens ist, müßte in meinen Augen konnotativ der Hinweis von Lisa Rosa gewertet werden, dass das Lernen in der Schule nicht a priori konstruktiv ist. Sollten also als denotative Fragen nur solche diskutiert werden, die die Vorzüge von LdL betonen, dann ist die Konnotation Lernen 2.0 ausgeschlossen. Dann entfällt (@Crisp) die Notwendigkeit, ‚offen‘ ‚transparent‘ und ‚durchsichtig‘ denotativ und konnotativ zu präzisieren. Könnte es nicht sein, dass LdL in lernenden jungen Menschen Neuronen aktiviert, die hierarchisches Handeln als Modell implantiert?

    mfg Fred

  98. @Fred
    Wie ich sehe, hast du meine Terminologie gut begriffen und du kannst sie auch gekonnt anwenden. Ich stelle auch mit Freude fest, dass du – was den meisten nicht gelingt – die Orthographie „denotativ“ bzw. „konnotativ“ scharf unterscheidest. Auch meine kleine Spitze „Es ist immer erfrischend…“ war dir nicht verborgen geblieben.
    Und nun zur Sache:
    „Sollten also als denotative Fragen nur solche diskutiert werden, die die Vorzüge von LdL betonen, dann ist die Konnotation Lernen 2.0 ausgeschlossen.“
    – Ich nehme mir das Recht, nur solche Themen zu diskutieren, die mich interessieren. Vermutlich wirst du dieses Recht auch für dich in Anspruch nehmen. Ähnliches habe ich versucht, in einem vorangehenden Eintrag Lisa zu vermitteln. Wenn du einmal konkret LdL im Unterricht einsetzt und auf Probleme stößt, werde ich dir sofort mit Rat zur Seite stehen. Hypothetische Fragen über Probleme, die sich in der Realität nicht stellen, lasse ich in der Regel unbeantwortet.

  99. fred elzen sagt:

    @Jean Pol
    Keine Regel ohne Ausnahme. Ich würde mich freuen, wenn die spanischen Stiefel, in die Du die Diskussion einschnüren möchtest, noch wenigstens einen kleinen Platz für die Bedürfnisse der Lernenden hätten.

    In der Diskussion habe ich – vielleicht liegt es natürlich wieder an mir – nur gefunden, dass die Schüler(in) zwar die von Dir in die Klasse getragenen Themen für wichtig hält, aber anderes, zum Beispiel die dabei verwendete Methode, durchaus für kritikwürdig hält. Leider habe ich im Augenblock keine Möglichkeit, mich von dir bei der Anwendung von LdL in der Klasse an die Hand nehmen zu lassen.

    Mich würde die Rezeption von LdL durch die Schüler außerordentlich interessieren. Das ließe sich ja ganz einfach mit einem Minifragebogen erheben, in denen auf einer Leiste zwischen extremen Aussagen angekreuzt werden kann:
    „Wenn ein Mitschüler etwas erklärt, kann man das besser verstehen als was der Lehrer erklärt.“, „Wenn ein Mitschüler etwas erklärt, kann ich mich besser konzentrieren. „, „Wenn Mitschüler den Unterricht steuern, gibt es weniger Störungen durch Disziplinprobleme.“, …

    Natürlich kann man in der klassischen Schule die Bedürfnisse der Schüler ganz ausklammern (und das geschieht ja landauf landab gar nicht selten). Sind diese für Dich ganz ohne Interesse, oder kann ein Eingehen darauf sogar der Verankerung von LdL in der Realität der heutigen Schule nützen?

    mfg Fred

  100. […] Gemeinsam mit Lutz Berger war er in Würzburg, um sich Mathematikunterricht anzuschauen. Ein zusammenfassender Bereicht über die Erfahrungen vor Ort findet sich in Christian Spannagels…. Die Lektüre dieses Berichtes sollte dem folgenden Video möglicherweise vorausgehen, auch […]

  101. […] ein paar andere da draußen – bewegen. Ich verstehe mich dabei übrigens als Pre-Expertin – wie es Lutz Berger in einem Kommentar im Blog von Christian Spannagel so treffend formuliert hat -, die gern genau so behandelt werden […]

  102. […] LdL im Matheunterricht, (Christian Spannagel, mit Kommentaren von Lisa Rosa et al. | BestOfThread) […]

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