Neuronenvorlesungen: methodische Aspekte

Veröffentlicht: Samstag, Mai 2, 2009 in LdL, Teaching

In dieser Woche habe ich wieder meine Vorlesungen im Sinne der Neuronenmetapher gehalten. Insgesamt muss ich sagen, dass es recht gut funktioniert. Die Studenten sind wirklich super! Sie diskutieren über die Definition des Begriffs „Funktion“, über die Pros und Contras von mathematischer Modellbildung im Unterricht, und sie machen gemeinsame Brainstormings zu Themen wie „Daten“.

Ich bin aber erst auf dem Weg – das merke ich ganz deutlich. Dabei ist es für mich ganz wichtig, meine Erfahrungen zu reflektieren und in methodische Empfehlungen münden zu lassen (sofern dies nach zwei Wochen schon möglich ist). Ich versuche hier mal, einige methodische Aspekte herauszuarbeiten, die ich für wesentlich halte.

Komplexität der vorbereitenden Texte. Die Studenten lesen Texte, die sie gemeinsam zu Beginn der Vorlesung diskutieren. Hierzu kommt ein Student nach vorne und stellt Fragen wie „Was war euch unklar am Text?“ und „Habt ihr Fragen zu Begriffen?“. Die Studenten diskutieren also ihre Fragen „unter sich“ – und da ich nicht die Diskussion leite, getrauen sie sich auch, unklare Punkte anzusprechen. Allerdings müssen die Texte, die zur nächsten Sitzung gelesen werden, auch so komplex sein, dass Fragen aufkommen können. Es müssen Texte sein, die förmlich Diskussionsbedarf „induzieren“.

Positionierung des Dozenten. Es ist wichtig, wo ich mich während der Diskussionen platziere. Wenn ich am Rand oder gar vorne im Hörsaal stehe, dann schauen mich die Studenten nach Beiträgen immer an, als wollten sie sich bei mir vergewissern, dass sie auch nichts Falsches gesagt haben. So wie es Erich Hammer macht ist es richtig: Man sitzt als Dozent hinten. So ist man aus dem Blickfeld, und die Studenten können (wie oben bereits beschrieben) „unter sich“ diskutieren. Lediglich wenn die Gruppe selbst nicht weiterkommt, darf man sich einschalten und sich dabei auch an den Rand stellen oder nach vorne laufen.

Zurückhaltung üben. Ich hatte zig mal das Gefühl, gerne etwas erklären zu wollen. Es gibt so schöne Erklärungen für die Definitionen von injektiven, surjektiven und bijektiven Funktionen. Und man ist es so sehr gewöhnt, gute Erklärungen abzugeben (oder vielleicht sollte ich sagen: solche Erklärungen, die man selbst für gut hält?). Ich musste mich extrem zurückhalten. Insbesondere das viel gescholtene Lehrerecho ist eine große Gefahr für die Umsetzung der Neuronenmetapher. Nein: Man muss als Dozent nicht das eben von einem Studenten Gesagte nochmal „richtiger“ formulieren. Es ist gut so. Und man darf sich selbst nicht so wichtig nehmen. Eine harte Übung. Aber sie heilt.

Zum Nachfragen animieren. Die Teilnehmer bleiben oft noch stumm, wenn ein Student einen Begriff nennt, der nicht gekannt wird (z.B. „Boxplot“). Die Neuronenmetapher ist natürlich noch nicht als Handlungsmuster komplett internalisiert. Hier muss man immer noch nachhaken: „Kennt jeder den Begriff? Kennen Sie ihn? Dann fragen Sie nach!“ Die Teilnehmer tun dies dann tatsächlich. Sie müssen nur unter Umständen daran erinnert werden, dass sie das dürfen. Ich denke aber, dass das in Zukunft nicht mehr notwendig sein wird. (Ich bin gespannt.)

Länge der Diskussionen. Insbesondere bei großen Teilnehmerzahlen besteht die Gefahr, dass sich bestimmte Diskussionen in die Länge ziehen, weil ganz viele Leute etwas beitragen wollen. Hier muss man ein Gespür dafür entwickeln, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, dass man zum nächsten Diskussionspunkt übergeht. Hier muss man sich eventuell einschalten, wenn man merkt, dass der Großteil der Studenten beginnt sich zu langweilen.

Absolute Stille. Eine wichtige Aufgabe des Dozenten ist es, für Ruhe zu sorgen, und zwar für absolute Stille. Insbesondere in großen Hörsälen ist es sonst schwierig, die Beiträge einzelner Teilnehmer zu verstehen. Jean-Pol Martin berichtet dies aber auch für wesentlich kleinere Schulklassen. Der Dozent ist der Garant für die richtige Atmosphäre. Wenn es laut wird, muss er sich sofort einschalten (und bei Bedarf erklären, warum Stille wichtig ist).

Paare vorne. Ein einzelner Student vorne kann zu wenig sein, insbesondere wenn dieser an der Tafel auch noch die Diskussionspunkte festhalten soll. Während er schreibt, stockt die Diskussion. Folgendes Modell erscheint mir sinnvoller: Es stehen zwei Studenten vorne; einer leitet die Diskussion, der andere schreibt. Wenn ein Punkt abgeschlossen ist und der „Schreiber“ diesen an der Tafel festhält, kann der „Moderator“ bereits die Diskussion weiterführen.

Tafelbilder abfotografieren. Ich fotografiere die Tafelbilder ab und stelle sie den Studierenden im E-Learning-System zur Verfügung. Dadurch müssen die Teilnehmer nicht mitschreiben und können sich besser an den Diskussionen beteiligen.

Schwierige Vorbereitung. Ich empfinde die Vorbereitung der einzelnen Sitzungen als sehr schwierig im Vergleich zu Vorlesungen, in denen man das Skript vorträgt. Ich muss mir überlegen, welche Aufgaben die Studierenden begeistern können und welche Aufgaben gute Diskussionen versprechen. Aufgaben mit klarem Lösungsweg und eindeutigem Ergebnis sind eher ungeeignet. Gut sind Aufgaben, die polarisieren. So habe ich die Teilnehmer in meiner Didaktik-Veranstaltung in zwei Hälften geteilt: Die einen sollten sich Pro-Argumente für mathematische Modellbildung im Unterricht überlegen, die anderen Contra-Argumente (5 Minuten). Anschließend sollte im Hörsaal ein Streitgespräch zwischen beiden Seiten geführt werden. (Zu Beginn ein bisschen schleppend, beim Einsatz von zwei Personen vorne dann flüssiger.) Außerdem zwingt einen das Konzept dazu, verschiedene Methoden und Medien einzusetzen…

Vielfalt. Ich bereite keine Folienpräsentationen mehr vor, sondern eher zwei, drei einzelne Folien, die Diskussionsanregungen bieten. Ergebnisse werden stichpunktartig an der Tafel festgehalten. Die Studenten blicken dabei zeitgleich in ihr Skript oder in ihr Buch. Darüber hinaus finden Partnergespräche und Gruppendiskussionen statt, und manchmal erkläre ich auch ein bisschen was. Ich glaube, dass sich ganz große Chancen für die Vielfalt von Methoden, Medien und Sozialformen bieten, wenn man sich selbst aus der Standardrolle des Vermittlers herausnimmt. Das ist sicherlich keine neue Erkenntnis. Was mir aber vorher nicht klar war: Es kann auch in Vorlesungen mit vielen Teilnehmern funktionieren.

Brainstorming. Aktivierung von Vorwissen ist eine altbekannte methodische Strategie, die das Erlernen von Neuem vorbereiten kann. Daher ist es gut, wenn man in den letzten 10 Minuten die Studenten ein Brainstorming zu demjenigen Thema machen lässt, dass sie in Vorbereitung auf die nächste Woche lesen sollen. Hier muss wieder ein Student vorne stehen und die Diskussion leiten – damit die Hemmschwelle gesenkt wird und die Studierenden einfach etwas äußern oder nachfragen. Der Dozent sitzt hinten und beobachtet.

Insgesamt lässt sich als Fazit sagen: Es ist aufregend, etwas an seinen Veranstaltungen radikal zu ändern und dann zu schauen, wie man selbst mit dieser geänderten Situation umgeht. Man wirft sich selbst als Dozent in eine Situation der totalen Unsicherheit – um diese in Sicherheit zu verwandeln. Und dadurch entsteht ja bekanntlich Flow. Es macht Spaß.

Kommentare
  1. rip sagt:

    Zuallererst mal: Gratuliere zum erfreulichen Verlauf deines Experiments! Und vielen Dank für die ausführliche Darstellung; so kann man sich das Ganze ziemlich gut vorstellen.
    Was mich an der Überschrift (und an der Ankündigung auf Twitter) stutzig gemacht hat: der Begriff „Neuronenvorlesung“ ist etwas kryptisch … und etwas unlogisch (die Neuronen halten ja keine Vorlesung).
    Mir wäre eine Bezeichnung, die näher am tatsächlichen Geschehen ist, lieber. Man könnte beispielsweise schicke Akronyme basteln – so etwas wie „Rezipientenaktivierende Vorlesungsalternative“ (RAVA) oder „Zuhörer machen’s selbst“ (ZUMAS) oder „Martins Methode“ (MM). Einfach mal so in die Kommentarbox gefeuert 😉

  2. cspannagel sagt:

    @rip Genau das soll der Begriff auch bewirken: Er soll stutzig machen. 🙂 Das Paradoxe ist gewollt. Der Begriff „Vorlesung“ hat durchaus seine Berechtigung: Als solche steht nämlich die Veranstaltung im Vorlesungsverzeichnis. Ich nehme den Veranstaltungstyp, modifiziere ihn und mache das Ganze dadurch paradox. Ist doch witzig!

    Und: „Neuronenvorlesung“ ist meiner Ansicht nach „leichter“ als „rezipientenaktivierende Vorlesungsalternative“. 🙂

  3. @Christian
    Respekt! Wirklich toll, deine Hartnäckigkeit und dein Mut!
    Eine kleine Prognose:
    „Die Teilnehmer tun dies dann tatsächlich. Sie müssen nur unter Umständen daran erinnert werden, dass sie das dürfen. Ich denke aber, dass das in Zukunft nicht mehr notwendig sein wird. (Ich bin gespannt.)“
    – Doch, du wirst immer deine Teilnehmer daran erinnern müssen, dass sie spontan feuern sollen. Irgendwann wirst du nicht mehr warten, bis sie es tun, sondern wartende Neuronen selbst erkennen und aufrufen. Aber alles andere wird wohl so bleiben, wie du es oben beschrieben hast.

  4. Andreas Kalt sagt:

    Danke für die weitere Erläuterung. Das hat es mir jetzt deutlich leichter gemacht, die nächste LdL Stunde für morgen zu planen. Nach der ersten offenen Diskussionsrunde war mir nämlich nicht so klar, wie es methodisch weiter gehen könnte. Das hast Du hiermit behoben.

  5. KPKluge sagt:

    Eine Frage die für mich beim Lesen aufkommt: Woher kommt „neues Wissen“ in die Gruppe. Wird dies im Skript geleistet und die Vorlesung ist quasi eine riesige Arbeitsgruppe in der das aus dem Skript gelernt refelktiert (und evtl erst wirklich verstanden) wird?

  6. Uli sagt:

    @rip @cspannagel: ich verweise hier an meinen Vorschlag „aktives Plenum“, vgl. http://ldl.mixxt.de/networks/forum/thread.9370:1#posting_9370_41754

  7. cspannagel sagt:

    @Andreas Prima, dass dir das weiterhilft. Ich freue mich natürlich auch über deine Erfahrungen und Tipps & Tricks!

    @Uli Genau – aktives Plenum. 🙂 Mir gefällt allerdings die Sache mit den Neuronen noch besser, weil sie direkt dem einzelnen zeigt, wie er handeln soll. Im aktiven Plenum kann ich mich als einzelner auch verstecken.

    @KPKluge Genau: Neues Wissen erarbeiten sich „die Neuronen“ zu Hause aus dem Skript/Buch. In der Vorlesung werden dann Fragen und Probleme gemeinsam besprochen, die beim Lesen aufgekommen sind.

  8. rip sagt:

    > soll stutzig machen

    Dann kann man natürlich auch ein bisschen poetischer werden und ein romantisierendes Motto dazu stellen. Vielleicht „Wenn süß das Mondlicht auf den Axonhügeln schläft …“ oder „Space Odyssey – Das wundersame Leben der Neuronauten“.
    🙂

  9. cspannagel sagt:

    @rip Cool – poetische Elemente hatte ich noch gar nicht reingebracht. Vielleicht könnte man noch verlangen, dass die Neuronenbeiträge gereimt sein müssen? Nur so zur Abwechslung. 🙂

  10. herr larbig sagt:

    Auch von mir: Respekt, dass du das so reflektiert angehst und auch noch zur Diskussion stellst!

    Ich schließe mich @rip an: Warum »Neuronenvorlesung«, wo es doch gar keine Vorlesung mehr ist? Eine »rezipientenaktivierende Vorlesungsalternative« ist – und Tusch: ein Seminar 😉 – zumindest so, wie ich Seminare an Unis kennengelernt habe: Es wird Zuhause (und in Arbeitsgruppen) neues Wissen erarbeitet und im Seminar dann vertieft, mit anderem Wissen verknüpft, es werden offene Fragen geklärt, Fragen diskutiert etc.

    Im Prinzip ist der Titel »Vorlesung« für die hier beschriebene Veranstaltung in der üblichen semantischen Bedeutung fehlt am Platz, das wird auch durch »Neuronen-Vorlesung« nicht besser.

    Ja, du vermittelst den Studierenden, so wie es hier dargestellt wird, etwas ganz wichtiges. Nur diese Begriffsspielereien, die gar nicht nötig sind und mal wieder dein Eindruck erwecken, wir Pädagogen machten doch eh seit Jahrzehnten immer das Gleiche, würden es nur anders nennen, kommen zumindest bei mir aus genannten Gründen nicht gut an. Und die Begründung, dass der Name stutzig machen soll, überzeugt mich naja, zumindenstens halb, da Irritationen ja durchaus das Lernen fördern können.

  11. cspannagel sagt:

    „Und die Begründung, dass der Name stutzig machen soll, überzeugt mich naja, zumindenstens halb, da Irritationen ja durchaus das Lernen fördern können.“

    Genau das ist der einzige Grund: Perturbationen auslösen. Die Leute lesen „Neuronenvorlesung“, was ist denn das? Und dann beschäftigt man sich damit. So die Hoffnung. 🙂

    Aber eigentlich ist es auch nicht wirklich fruchtbar, über die Namen zu diskutieren. Es geht ja schließlich ums Konzept. 🙂

  12. Jonathan sagt:

    „Zurückhaltung üben. Ich hatte zig mal das Gefühl, gerne etwas erklären zu wollen. Es gibt so schöne Erklärungen für die Definitionen von injektiven, surjektiven und bijektiven Funktionen.“

    Ich versteh schon, dass man sich als Lehrer oder Dozent in Zurückhaltung üben muss, gerade wenn man selbst an LdL noch nicht so gewöhnt ist. Aber ist es nicht manchmal auch bei LdL Aufgabe des Dozenten, eine möglicherweise hilfreiche Erklärung als Input in die Diskussion zu geben?

    Wenn die Studenten z.B. versuchen zu verstehen, was eine injketive Funktion ist, aber nicht weiter kommen… Man kann sagen: Lass sie einfach weiter feuern, irgendwann kriegen sie es schon raus. Aber wenn das mal nicht der Fall ist?

    Oder anders gefragt: Was macht man als Dozent? „Nur“ dafür sorgen, dass permanent gefeuert und in angebrachter Atmosphäre gearbeitet wird? Oder manchmal auch das Gespräch in eine bestimmte Richtung lenken, z.B. indem man kurz eine mögliche Erklärung vorstellt. Was wäre das Problem dabei? Dass sich dann keiner mehr traut nachzufragen, weil die Erklärung vom Dozenten kam? Velleicht hilft die Erklärung dem ein oder anderen Studenten ja wirklich weiter…

  13. cspannagel sagt:

    @Jonathan Es ist genau so wie du vorschlägst: Selbstverständlich gibt man auch mal einen solchen Input. Das ungewöhnliche ist nur, dass man sich länger als sonst zurückhält bzw. eine Diskussion dazu erst mal zulässt und nicht gleich die Erklärung gibt. Und schwierig ist es auch, wenn ein Student eine richtige Erklärung gibt und man die Tendenz hat, das Ganze nochmal „etwas richtiger“ zu sagen.

    Man schaltet sich dann ein, wenn eine gewissen Zeit lang die Diskussion zu nichts geführt hat. Hier hab ich schon zwei Möglichkeiten ausprobiert:

    1. Man gibt eine Hilfe, verweist auf Diskussionsbeiträge, die bereits in die richtige Richtung gingen, oder gibt einfach die Erklärung.

    2. Man gibt Rechercheaufträge auf, welche die Studenten zu Hause durchführen sollen („Wir konnten das hier gemeinsam nicht klären. Schauen Sie alle im Web nach und tragen Sie Ihre Ergebnisse im Forum/Wiki/… zusammen.“)

    Und man darf auch nicht vergessen: Es gibt in diesem Konzept jede Menge Input (das Lesen des Skripts auf die nächste Woche). Das heißt: Die Studenten fischen nicht im Dunkeln, sondern diskutieren auf einer inhaltlichen Basis!

  14. Jonathan sagt:

    @cspannagel Gut. So langsam verstehe ich, wie das funktioniert… 🙂

  15. Jonathan sagt:

    Fragen über Fragen, mir geht das ja nicht aus dem Kopf:
    Auf dem Flyer zum LdL-Tag steht: „Die SuS vermitteln sich gegenseitig die Inhalte, die sie selbst methodisch und didaktisch aufbereitet haben.“

    Mhm, ist das bei Dir eigentlich auch so? Also bereiten sich die Studierenden darauf vor, dass sie in der Veranstaltung an der Tafel stehen und das Gespräch moderieren oder machen die das spontan? Falls nicht: Soll das irgendwann mal so sein oder geht das in so einer großen Gruppe vielleicht gar nicht so gut?

  16. cspannagel sagt:

    Nein, bei mir ist das nicht so. So, wie es im Flyer steht, ist es „originär LdL“, und das bezieht sich überwiegend auf das Einführen neuer Inhalte in der Schule, bei denen in der Tat die Schüler Stunden vorbereiten.

    In der großen Gruppe halte ich das nicht für sinnvoll, weil hier schon rein rechnerisch nur ein kleiner Teil „drankommen“ würde. Insofern habe ich ein anderes Setting gewählt, das ich aber trotzdem noch LdL zuschreiben würde, weil LdL-spezifische Vorgehensweisen (wie die Neuronenmetapher) hier eine zentrale Rolle spielen.

  17. ekirlu sagt:

    Ein älterer Artikel von mir passt hier m.E. in doppelter Hinsicht.

    http://ekirlu.wordpress.com/2009/03/11/wenn-das-wissen-vom-kopf-in-den-bauch-sickert/

    Zum einen habe ich das Gefühl, dass das was @csapanngel hier beschreibt, genau dieser Vorgang ist. Das Wissen, das wir im letzten Semester rein kognitiv diskutiert haben, sickert nun in den Bauch. Was er beschreibt, ist das was Jean-Pol auch beschrieben hat. Das findet nun im Großem Anwendung. So entsteht Intuition und Gespür für das was richtig ist! Lernen durch Lehren für alle Beteiligten 😉

    Weiter so! und: Danke für die Berichte!

    Zum anderen passt er als Antwort auf @KPKluge. Ja, diese „Vorlesung“ ist eine reisige Arbeitsgruppe! Und wie geil ist dass das funktioniert!

  18. cspannagel sagt:

    @ekirlu „es sickert in den Bauch“ – na hoffentlich wird uns nicht schlecht. 🙂

  19. […] unsere Neuron Gedanken gehalten ( The class as brain / “neuron metapher” ) und an den methodische Aspekte einer Neuronenvorlesung von Christian […]

  20. […] und beseitigen können. Ich habe mich nun zudem entschlossen, aufgrund verschiedener Diskussionen hier und hier und hier diese Vorlesungsform nicht Neuronenvorlesung, sondern Aktives Plenum zu nennen […]

  21. […] kurzem hat Christian Spannagel in einer Vorlesung mit 120 Teilnehmern die Neuronen-Technik eingeführt. Ein mutiges, gewagtes Experiment. Und er hat sich ein Feed-Back geben lassen! Viel […]

  22. […] auch: Wir müssen uns hochschuldidaktisch engagieren, adäquate Lehrkonzepte und Methoden (z.B. für große Gruppen) entwickeln und unsere eigene Lehre genau so reflektieren, wie wir dies auch von den Studenten z.B. […]

  23. […] “Elementare Funktionen” von den Studierenden ein Feedback zum Einsatz der Methode LdL in Form des aktiven Plenums eingeholt. Neben den zahlreichen positiven Anmerkungen gab es auch mehrere Kritikpunkte und […]

  24. […] aufgeworfen und geklärt, und es wird gemeinsam an Aufgaben gearbeitet. Ich setze ein solches Konzept seit ein paar Wochen um, und ich finde es klappt ganz gut (außer in einem Fall) und macht zudem […]

  25. […] Neuronenvorlesungen: methodische Aspekte « chrisp’s virtual comments – If education is to contribute to the sustainability of global economies, its institutions will face the same pressure to adapt as the governments, businesses, and communities it serves. Educators will need to face uncertainty in order to embrace the future. In doing so, they will need to create a context for what is known, or thought to be known, as well as a means to explore a wide range of possibilities for what cannot be known. Scenario planning, a strategic process of exploring uncertainty, is a technique designed to challenge assumptions, identify contingencies, anticipate game-changing events, spur creativity, and, most importantly, identify actionable implications that make plans more robust and resilient. […]

  26. Oliver Tacke sagt:

    Sehr interessant! Wie gehst du damit um, wenn (fast) niemand vorgearbeitet hat? Oder wenn niemand „feuern“ will?

    Meine Kollegen und ich – allesamt wissenschaftliche Mitarbeiter und damit Didaktik-Laien – haben im vergangenen Semester folgendes in einer BWL-Übung (rund 30 Leute) ausprobiert – ich sehe Parallelen zu deiner Vorlesung:

    1. Fallstudien samt Fragen ausgeben, die zu Hause von allen bearbeitet (mindestens gelesen) werden sollen.

    2. Jeweils zwei bis drei Studierende stellen zu Beginn der Übung das Thema vor, auf das die Fragen zu den Fallstudien hinauslaufen. Der Stoff aus den Vorlesungen soll dadurch wiederholt und vertieft werden, weil in der Regel bisher unbekannte Aspekte dazukommen.

    3. Die Studierenden stellen ihren Bearbeitungsvorschlag vor, der dann gemeinsam diskutiert werden soll. Wer kommt zu anderen Ergebnissen? Woran könnte das liegen? Und so weiter.

    Problem Nummer 1 war, dass die meisten die Fallstudien zuvor nicht einmal gelesen hatten. Problem Nummer 2 war, dass die Beteiligung bei den Diskussionen sehr mager war. Im Laufe der Zeit lief es besser, aber das mag daran gelegen haben, dass die meisten „Stillen“ der Übung gleich ferngeblieben sind.

    Mein Erklärungsansatz ist zum einen, dass in den Unis der Dialog viel zu kurz kommt, Studierende so etwas gar nicht gewohnt sind bzw. verlernt haben. Kommt ihnen „komisch“ vor. Er bestehen Hemmungen.
    Zum anderen – erfuhr ich auf Nachfrage – besteht bei vielen Studierenden die Meinung, dass das schlechter auf die Klausuren vorbereite. Vielen wäre es lieber, der Dozent würde einfach das Wichtigste noch einmal wie in der Vorlesung runterbeten – mit dem Gedanken: Übungsstoff = wichtig für die Klausur, das kommt dran, das muss ich lernen. Die Übung wird nicht als Möglichkeit zum Üben wahrgenommen, sondern als Indikator für Relevantes, um den Lernaufwand für die Klausur zu reduzieren.

    Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie würdest du das angehen?

  27. Hallo Oliver,

    vielen Dank für deinen Kommentar! Sehr interessant, dass du ähnliche Probleme siehst wie ich. Auch ich denke, dass es daran liegt, dass es ungewohnt für die Studierenden ist. Sicher haben auch einige die Texte nicht gelesen, und manchmal war es auch so, dass ganz viele den Text nicht gelesen hatten. Es gibt aber auch zahlreiche Studierende, die gesagt haben, dass es gerade gut so ist, dass man „gezwungen“ wird, den Text vorher zu lesen, weil man sonst nicht richtig mitmachen kann.

    Ich persönlich kontrolliere nicht, ob der Text gelesen wurde oder nicht, und ich frage auch nichts ab oder lasse nichts präsentieren, was zu Hause vorbereitet wurde. Würde ich den Text nochmal besprechen, dann würde mit Sicherheit keiner mehr lesen; ich gebe allenfalls ein kurze Zusammenfassung zu Beginn und nenne die Dinge, die ich am Text für relevant halte.

    Ich habe mittlerweile folgende Best Practice herausgearbeitet:

    * Die Studierenden lesen einen Text, um sich inhaltlich auf die nächste Woche vorzubereiten.
    * In der Stunde selbst bekommen sie Aufgaben / Fragen zur Diskussion / …, die neu sind (d.h. die nicht vorbereitet wurden), für die die Vorbereitung aber sehr nützlich ist. Trotzdem kann jeder mitmachen, auch diejenigen, die den Text nicht gelesen haben. Dann ist es nur schwieriger – aber es liegt in der Selbstverantwortung der Studierenden, und das will ich ja erreichen.
    * Diese Aufgaben / Fragen werden dann diskutiert, und zwar immer nach dem Prinzip, dass ein Student nach vorne kommt, dieser aber nicht die Lösung vorstellen soll, sondern lediglich moderieren soll.

    In deinem Fall könnte ich mir analog vorstellen, dass die Studierenden zu Hause einen Fachtext lesen und du sie in der nächsten Stunde dann mit einem Fall konfrontierst, der zur Diskussion anregt, und zu dessen Beurteilung der Text notwendig ist. Dann kommt ein Student nach vorne und leitet die Diskussion dazu („Also, wie wollen wir anfangen? Wer hat Ideen?“…).

    Richtig LdL wäre es, wenn die Studierenden in Zweier-/Dreiergruppen das Ganze derart vorbereiten, also: einen Text überlegen, den die anderen zu Hause lesen sollen; einen Fall überlegen, mit dem sie die anderen in der Stunde konfrontieren; …

    Zur Klausurvorbereitung: Ich argumentiere immer so: Das wichtigste ist, dass sie lernen, (mathematisch) zu denken. Die Klausur/ die Prüfung wird so sein, dass Sie sich in eine Aufgabe hineindenken müssen und argumentieren/begründen/… müssen. Diese Prozesse lernt man im Wesentlichen, indem man sie selbst durchführt. Sie müssen also so viel wie möglich argumentieren/begründen/… – und dafür ist dieses Konzept sehr gut.

    Wenn die Diskussionen schleppen, habe ich bislang noch keine gute Lösung gefunden. Manchmal spreche ich Studierende direkt an und frage Sie, ob sie das verstanden haben, und wenn nein, warum sie nicht nachfragen, und fordere sie auf, nachzufragen usw. (sozusagen „Diskussionscoaching“). Wirklich zufrieden bin ich mit dieser Lösung aber noch nicht. Ich stehe selbst am Anfang. Ich denke aber weiterhin, dass das der richtige Weg ist, und ich werde ihn weiter beschreiten, auch wenn er steinig ist.

    Vielleicht können wir uns gegenseitig erfolgreiche Strategien rückmelden?

    Viele Grüße,

    Christian

  28. Noch etwas: Das wichtigste ist, dass die Studierenden eine anregende, motivierende Aufgabe zu Beginn der Stunde bekommen. Deshalb anregende, spannende, kontrovers zu diskutierende Fälle präsentieren, die NEU sind. Kurz in kleinen Gruppen andiskutieren lassen, dann die Plenumsdiskussion.

    Wenn alle den Fall schon kennen, dann ist nichts anregendes mehr dabei. Dann kann ich mir vorstellen, dass es eher schleppt…

  29. Und noch was. 🙂 Die Stunden nicht immer gleich gestalten, sondern methodische Abwechslung reinbringen. Ansonsten wirds auch schnell sehr eintönig.

  30. Und nicht vergessen: der Dozent ist ja zugegen und muss immer wieder erkennen, wo Widersprüche entstehen, die er formulieren und ins Plenum zurückgeben kann. In der Form: „Sie (ganz vorne) haben behauptet, dass Menschen sich nach Klarheit sehnen, Sie (ganz hinten), meinten in einem anderen Kontext, dass wir gerne Unklarheiten aufsuchen. Wie passt das zusammen?“
    Der Dozent kann seinen Überblick ausnützen und spannende Konflikte im Ansatz erkennen und heraufbeschwören.

  31. @jeanpol Genau – das würde ich als „anstacheln“ bezeichnen. 🙂

  32. Oliver Tacke sagt:

    Vielen Dank für die umfangreichen Antworten!

    Wir (wir haben uns zu dritt abgewechselt) haben auch nicht kontrolliert, wer den Text tatsächlich gelesen hat – nur anfangs angemerkt, dass der Lerneffekt dann höher ausfällt. Wir setzen da auch auf Eigenverantwortung.
    Deine Anregungen werde ich meinen Kollegen mal vorschlagen und hierher verweisen, ich bin in die Übung im kommenden Semester nicht involviert.
    Habe dafür drei andere Veranstaltungen, deren Konzept und Aufbau ich vorab auf der Wikiversity-Seite festhalten und zur Diskussion stellen werde. Die Studierenden will ich dort auch einbinden. Habe vor, dort selbst regelmäßig meine Eindrücke abzugeben – meine Studierenden dürfen und sollen das ebenso tun, wenn sie möchten, dann kann ich bei Bedarf darauf eingehen. Dann lernen beide Seiten etwas und interessierte Leser vielleicht auch.

    Zum Thema Diskussionen: Ja, Jean-Pol, das mit den Widersprüchen klappt schon ganz gut – wenn man dorthin kommt. Mir fehlt noch das nötige Geschick, eine Diskussion erst einmal richtig in Gang zu bekommen. Ich versuche häufig, mit einer einfachen Frage anzufangen und dann Schritt für Schritt über die Antworten und Folgefragen zum Problem/Widerspruch zu kommen. Das klappt noch nicht immer gut. Mal frage ich wohl zu ungeschickt, mal scheint einfach niemand antworten zu wollen – oder das hängt zusammen :-). Das Anstacheln muss ich also noch üben. Wenn ich eine gute Strategie entdecken sollte, gebe ich die gerne bekannt.

  33. @Oliver
    „Ich versuche häufig, mit einer einfachen Frage anzufangen und dann Schritt für Schritt über die Antworten und Folgefragen zum Problem/Widerspruch zu kommen.“
    – Ich glaube, der umgekehrte Weg ist besser. Man sollte vielleicht mit der schwierigsten Frage überhaupt anfangen. Man unterschätzt oft die Denkfähigkeit der Studenten. Oft reagieren sie nicht, weil die Fragen zu simple sind und zu wenig kontrovers. Auch 11.Klässler fangen erst dann mitzumachen, wenn sie mit sehr schwierigen Fragen konfrontiert werden, die mir selbst zu schaffen machen und die ich dann ins Plenum gebe, damit die Leute mir helfen, sie zu lösen. Ich suche also immer Texte, die ich gerade noch verstehe…

  34. @jeanpol Ich gebe dir vollkommen recht – mit einer möglichst komplexen Frage einsteigen, die aber so interessant ist, dass sich alle bereitwillig auf die Komplexität einlassen!

  35. Oliver Tacke sagt:

    Danke! Dann habe ich zumindest schon einmal einen Anhaltspunkt, was ich ändern sollte.

  36. Oliver Tacke sagt:

    Kurzes Feedback zum Thema Positionierung: Einer meiner Kollegen hat kürzlich die Methode ausprobiert und sich lediglich an den Rand gesetzt. Funktioniert dann in der Tat nicht gut – genau wie Christian das beschrieben hat. Die Studierenden versuchen ständig, sich per Blick „rückzuversichern“.

  37. cspannagel sagt:

    Genau – aus dem Blickfeld gehen! Aber natürlich trotzdem präsent sein – gar nicht so einfach!

  38. […] Mathematik, Informatik und deren Didaktik lehrt. Ich habe ihn besucht und mir sein “Aktives Plenum” in drei verschiedenen Vorlesungen angesehen. Wie muss man sich das […]

  39. Adi Kreft sagt:

    Wie erzeugt man Themen, die bei Studierenden Feuer entzünden?
    Durch gute Vorbereitung des Dozenten?
    Und wo bleibt die Individualität?
    Hier paßt es mir gar nicht. Gefällt mir nicht.
    Ich möchte zur INDIVIDUALITÄT.
    Wie geht das?
    Ausschließlich durch Projekte 1 bis n….die die Studierenden sich aussuchen nach Hitzegrad. Projekte, die ggf. über Wochen oder Monate gehen und ein WOW-Projekt darstellen. in diesem Fall LDL einzusetzen mit einem Mix von Profiwissen begeistert mich.
    Klar muß man dann den Begriff Vorlesung abschaffen. Schlimm?
    Heute ja. Morgen nicht.

    Grüße

    Adi

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