Erster Versuch eines Stufenmodells für Seminare

Veröffentlicht: Sonntag, April 12, 2009 in Computereinsatz in der Schule, Didaktik des Informatikunterrichts, LdL, LdLChronologie, Maschendraht, OeffentlicherWissenschaftler, Teaching, Web 2.0

Vor ca. einem Jahr hat das erste EduCamp in Ilmenau stattgefunden. Am nächsten Wochenende steht das nächste EduCamp, ebenfalls in Ilmenau, an. In der Zwischenzeit hat sich unglaublich viel getan – insbesondere in meiner eigenen Auffassung vom Lernen. Neuronenmetapher, Öffentliche Wissenschaft, Dynamik des Netzes, Maschendraht-Community, LdL – das alles sind Konzepte, die mich stark geprägt haben. An dieser Stelle möchte ich einmal ganz ausdrücklich Jean-Pol Martin danken, der einen ganz großen Teil dazu beigesteuert hat. Ebenfalls möchte ich meinem Informatikdidaktik-Seminar vom letzten Semester danken, die ebenfalls ganz wesentlich zu meiner eigenen Entwicklung beigetragen haben. Und natürlich: Lutz Berger, der geniale Inspirator und mit großer Ausdauer gesegnete Begleiter.

Gravierend geändert hat sich für mich meine eigene Auffassung von der Gestaltung von Lehrveranstaltungen. Mittlerweile verdichtet sich für mich ein Bild vom Lernen in Seminaren (d.h. Lehrveranstaltungen mit kleiner Teilnehmerzahl), das ich in einem ersten Versuch in drei Stufen darstellen möchte. Dabei kennzeichnen die Stufen auch die Entwicklung in meinen eigenen Seminaren. Vorausschicken möchte ich, dass ich diese Stufen immer mit Blick auf das Lehramtsstudium betrachte – inwieweit das auf andere Studiengänge übertragbar ist, könnt ihr ja selbst entscheiden.

Stufe 0: Theoretische Vortragsseminare. Studierende bereiten alleine oder in Zweierteams einen Vortrag vor, und zwar in der Regel anhand eines Texts, den sie zuvor vom Dozenten erhalten haben. Dieser Vortrag wird in einer Sitzung gehalten (und bei größerer Teilnehmerzahl wird die Sitzung für zwei Vorträge halbiert). Die Teilnehmer, die gerade keinen Vortrag halten, hören zu und dürfen (bei genügend Zeit) am Ende Frage stellen.

Diese Form des Seminars ist für mich mittlerweile inakzeptabel geworden. Wir erzählen Studierenden in unseren Didaktik-Veranstaltungen, dass der Wechsel von Sozialformen, Methoden und Medien im Unterricht wichtig ist. Dann können wir sie doch in unseren Seminaren nicht reinen Frontalunterricht halten lassen. Etwas inkonsequenteres als das ist nur schwer zu finden. Daher auch „Stufe 0“: Das ist der traditionelle „böse“ Weg. Fragt man Studierende, können sie einem in 15 Minuten erzählen, was man daran alles besser machen könnte – und erfinden dabei etwas, was Stufe 1 ähnelt.

Stufe 1: LdL-Seminare erster Stufe. In diesen Seminaren halten die Studierenden nicht Vorträge, sondern sie bereiten Unterricht vor. D.h. sie planen die Seminarsitzung unter Berücksichtigung verschiedener Sozialformen und sie setzen unterschiedliche Methoden ein. Sie gestalten z.B. Aufgaben für die anderen Teilnehmer, die in Gruppen bearbeitet werden müssen. Anschließend leiten sie die Diskussion zu den Arbeitsergebnissen. Wesentlicher Unterschied zu Stufe 0 ist die Aktivierung aller Teilnehmenden. Und kognitive Aktivität ist bekanntermaßen ein ganz guter Prädiktor für Lernerfolg.

Wichtig für diese Stufe ist die Neuronenmetapher: Die Teilnehmer werden als Neuronen betrachtet, die miteinander interagieren. Die gesamte Seminargruppe bildet ein „Gehirn“. Es muss eine Atmosphäre herrschen, in der Studierende einfach ihre Ideen, Anregungen, Fragen äußern können, ohne dass sie Angst haben müssen, dass eine fehlerhafte Äußerung zu einem Nachteil führen könnte. Der Dozent ist in diesem Kontext im wahrsten Sinne des Wortes ein Coach – er unterstützt und begleitet die Studierenden durch das Semester hindurch bei der Vorbereitung und Durchführung der einzelnen Einheiten.

Stufe 2: LdL-Seminare zweiter Stufe. Andere mögliche Namen für diese Form von Seminaren sind: öffentliche Projektseminare, Weltverbesserungsseminare oder Seminare und der Rest der Welt. Auf dieser Stufe wird die Begrenztheit der Bildungsinstitution aufgegeben. Studierende führen „Weltverbesserungsprojekte“ mit Menschen außerhalb der Institution durch (beispielsweise in Zweier- oder Dreierteams jeweils mit einem Projektpartner von außen). Die Inhalte, die auf Stufe 0 noch vorgetragen wurden, erarbeiten sich die Studierenden im Kontext der Projekte – weil sie ohne dieses Wissen die Projekte nicht erfolgreich durchführen können.

Das mag zwar unsystematischer und unsicherer wirken als auf Stufe 0. Das ist vermutlich auch so. Vergessen darf man dabei aber nicht, dass Studenten praktisch nichts aus Seminaren der Stufe 0 mitnehmen. Dafür sehen sie in diesem Kontext (Stufe 2) erstmals einen echten Sinn, warum diese Inhalte wichtig sind. Neben der Sinnhaftigkeit unterscheidet sich Stufe 2 von Stufe 1 durch die höhere Situativität: Studierende lernen in authentischen Kontexten.

Weshalb heißen diese Seminare „LdL-Seminare zweiter Stufe“? Die „LdL-Grundatmosphäre“ gilt immer noch: Die Gesamtgruppe wird als Gehirn betrachtet, das lernt; jetzt allerdings mit dem Unterschied, dass dieses Gehirn Verbindungen nach außen hat (über die Vernetzung mit den Menschen außerhalb des Seminars). Hier spielen Web-2.0-Werkzeuge eine wesentliche Rolle. Hierüber können Planungsaktivitäten und Diskurse mit den Projektpartnern durchgeführt werden. Die offline-Seminarsitzungen sind dafür da, dass die einzelnen Teams sich über ihre Planung austauschen und das weitere Vorgehen diskutieren. Evtl. ist auch mal ein inhaltlicher Input notwendig, den ein Studierender (oder auch mal der Dozent) vorbereiten kann. Die Diskussionen werden weiterhin von Studierenden geleitet. Es sind also LdL-Sitzungen, die dem Fortschreiten der Projekte dienen.

Beispiel zum Thema „Wikis“. Das Seminar „Computereinsatz in der Schule“, das im nächsten Semester wieder stattfinden wird, hat verschiedene Computer- und Internetanwendungen zum Inhalt, die zum Lernen und Lehren eingesetzt werden können. Innerhalb dieses Seminars sind „Wikis“ ein Thema. Wie würde nun die Umsetzung dieses Themas auf den einzelnen Stufen aussehen?

  • Stufe 0: Eine Studentin bzw. ein Student bereitet das Thema vor (anhand eines Texts und anhand einiger Webseiten) und stellt das Ganze in einer Seminarsitzung vor: Geschichte der Wikis (inkl. Geschichte des Webs), Eigenschaften von Wikis, Benutzung von Wikis, Vor- und Nachteile von Wikis, Wikis in der Lehre, …
  • Stufe 1: Zwei Studierende bereiten eine Seminarsitzung zum Thema „Wikis“ vor. Zu Beginn geben sie eine kurze Einführung in Wikis. Anschließend erteilen sie den Teilnehmern eine Aufgabe, die sie unter Nutzung von Wikis lösen müssen. Zum Schluss werden die Erfahrungen gemeinsam diskutiert. Die „Studentenlehrer“ moderieren die Diskussion. Die Studierenden bekommen hier zwar nicht so viel inhaltlichen Input wie auf Stufe 0, dafür sammeln sie selbst Erfahrungen im Umgang mit Wikis. Die Studentenlehrer können weitere Infos (beispielsweise zur Geschichte von Wikis) als Links bereitsstellen, falls sich noch jemand dafür interessiert. Nachteil auf dieser Stufe ist (jetzt im Hinblick auf das Lehramtsstudium), dass Wikis immer noch losgelöst von konkreten Schulerfahrungen behandelt werden. Man überlegt sich hier, welche Möglichkeiten und Grenzen es „theoretisch“ beim Einsatz von Wikis in der Schule gibt. Dieses Problem behebt – wer hätte es gedacht – Stufe 2.
  • Stufe 2: Die Studierenden führen in Zweier- bzw. Dreierteams verschiedene Projekte mit Menschen außerhalb des Seminars – vornehmlich Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler – durch. Eines dieser Teams hat den Einsatz von Wikis zum Thema. Sie coachen eine Lehrerin / einen Lehrer dabei, wie sie/er Wikis im Unterricht einsetzt bzw. halten gemeinsam mit ihr/ihm den Unterricht. Zu diesem Zweck müssen sich die Studierenden natürlich mit Wikis auskennen, d.h. sie müssen sich in Wikis einarbeiten und gemeinsam mit der Lehrperson ein Unterrichtskonzept entwickeln und durchführen. Hierdurch entsteht eine „Win-Win-Win“-Situation: Die Studierenden beschäftigen sich mit Seminarinhalt und dabei sogar auf eine richtig sinnvolle Weise. Die Lehrerin bzw. der Lehrer lernt Wikis und deren unterrichtlichen Einsatz kennen und spart sich dabei die Einarbeitungszeit (Lehrer haben i.d.R. wenig Zeit zur Einarbeitung in neue Tools, und oft fehlt auch die Vorerfahrung). Und: Die Schülerinnen und Schüler lernen, wie man mit Wikis umgeht. Das Ganze wird dann auch noch zur „Win-Win-Win-Win“-Situation, wenn es sich bei dem Wiki um ein Community-Projekt (wie beispielsweise ein Stadtwiki) handelt und dabei auch die Community noch profitiert. Wer will da noch Seminare auf Stufe 0 halten?

Selbstverständlich haben auch Seminare auf Stufe 2 Nachteile, die sich aber als Pseudo-Nachteile herausstellen:

  • Seminare auf Stufe 2 sind mit Sicherheit für den Dozenten und für die Studierenden arbeitsaufwändiger als Seminare auf Stufe 0. Dafür lernen aber natürlich auch alle etwas, und es macht mehr Spaß, es ist aufregender und man sieht einen Sinn in dem, was man tut.
  • Seminare auf Stufe 2 sind „gefährlicher“ und risikoreicher: Es kann passieren, dass ein Projekt in die Hose geht. Aber auch das ist viel besser als man denkt: Die Erfahrungen können gemeinsam reflektiert werden. Die Studierenden, der Projektpartner und der Dozent haben etwas dabei gelernt – und dafür sind ja Seminare bekanntlich da.

Mein Informatikdidaktik-Seminar im letzten Semester ist vermutlich irgendwo zwischen Stufe 1 und 2 anzusiedeln. Im nächsten Semester versuche ich mich erstmals an einem Seminar komplett auf Stufe 2. Zudem werde ich versuchen, Vorlesungen im LdL-Stil zu halten – mal sehen, wie das klappen wird. Ich werde natürlich über meine Erfahrungen hier berichten.

Wie immer interessieren mich auch eure Meinungen zu diesem Beitrag – bitte kommentiert!

Jetzt geht’s aber erst mal aufs EduCamp – gemeinsam mit (fast) dem ganzen Seminar vom letzten Semester. Maschendraht-Community goes EduCamp! 🙂

Kommentare
  1. Christian sagt:

    Klingt alles superspannend! Das hängt die Messlatte für mein erstes Seminar, das ich im nächsten Semester geben werde sehr hoch 😉

    Eine Frage zum besseren Verständnis habe ich noch:

    Finden / fanden die Seminare (das aktuelle konnte ich ja dank unterschiedlicher Tools verfolgen) im BA/MA-System statt?

    Wenn ich mir die darin festgelegten Restriktionen anschaue macht sich bei mir Bammel vor der Bürokratie breit und ich befürchte gerade bei so interessanten Seminarformen Widerstand der Studierenden. Einwände / Befürchtungen die ich mir vorstellen könnte sind: „Wie sollen wir dabei das geforderte für die Modulprüfung lernen?“ (Mir ist bewusst, dass es gerade so lernbar ist) „Für so viel Aufwand bleibt uns bei X SWS keine Zeit!“

  2. cspannagel sagt:

    Hi Christian,

    was für ein Seminar hältst du?

    Meine Seminare finden nicht im BA/MA-System statt, sondern im Rahmen des Staatsexamens (Teilleistung). Ein solches Seminar ist einer von drei Teilen eines Moduls, in dem ein Leistungsportfolio angelegt wird. In solchen Seminaren können beispielsweise Produkte aller Art in den Portfolio aufgenommen werden.

    Das BA/MA-System erschwert das vermutlich. Aber: Stufe 1 müsste auch hier ohne Weiteres durchführbar sein. Ich bin mir auch bewusst, dass Stufe 2 nicht immer und überall passt (inhaltlich und formal). Stufe 1 kann aber ohne Weiteres Stufe 0 ersetzen – auch im BA/MA-System.

  3. Lisa Rosa sagt:

    Hallo Christian. Interessant, Dein Stufenmodell. Ein paar Fragen:
    1. Der Begriff „Weltverbesserung“, wozu brauche ich den da?
    2. Wenn der „Gegenstand“ des Lernens das Wiki sein soll, dann mache ich das Medium zum Gegenstand. Das Medium ist aber das Medium. Gut, das kann auch mal Gegenstand sein. Wenn der Gegenstand jedoch z.B. „Holocaust“ heißt, wozu brauche ich (als Lehrer) dann Deine Studenten? Sind sie dann sozusagen Technologie-Fachleute? – Ich plane keine Lernprozesse rund um das Medium als Gegenstand. Ich plane Lernprozesse an einem Gegenstand als Gegenstand. Eine solche Projektplanung kann und soll Web 2.0-Medien nutzen, aber der Gegenstand bleibt z.B. „Holocaust“. Mir ist noch nicht klar, wie in Deiner Stufe II ich mich als Lehrer „nicht ins Wiki und seine Verwendung bei diesem Gegenstand einarbeiten muss.“ Das können mir doch Deine Studenten gar nicht ersatzweise abnehmen. Sie können vielleicht beraten (nicht für den Gegenstand, aber für die technologische Nutzung des Mediums), aber wo im Projektprozess ein Wiki Sinn macht, muss ich doch als Projektplaner selbst wissen.

  4. jeanpol sagt:

    Hervorragende Beschreibung der drei Stufen. Vielleicht könnte man noch stärker betonen, dass die Stufen 1 und vor allem 2 problemlos von Dozenten angegangen werden können, der Eigenschaften von „erfolgreichen Problemlösern“ aufweisen (siehe Menschenbild und Neuron), also sich explorativ verhalten, risikobereit sind, immer neue Bewährungsfelder aufsuchen und „auf die Nase fallen“ als Erfolg umdefinieren können, weil jeder Versuch an sich schon als Erfolg zu bewerten ist.

  5. jeanpol sagt:

    Es muss heißen: „(…)von Dozenten angegangen werden können, DIE Eigenschaften von erfolgreichen Problemlösern aufweisen (…)“

  6. cspannagel sagt:

    @Lisa Du brauchst den Begriff „Weltverbesserung“ zunächst nicht. Wenn dir aber klar ist, dass du mit deinem Projekt ein kleines Stück die Welt verbesserst, dann kannst du daraus unglaublich viel Motivation ziehen.

    Zu deinem Beispiel mit Holocaust: Der Lehrer braucht sicher nicht die Studenten zur Erarbeitung der geschichtlichen Zusammenhänge. Aber wie wäre denn z.B. folgendes Projekt: Schüler reden mit älteren Menschen, die das dritte Reich erlebt haben, über den Holocaust (ist sicher nix Neues). Die Studenten organisieren dabei dieses Setting. Das könnte natürlich auch der Lehrer alleine machen – aber alle können davon profitieren, wenn Studenten helfen: Die Studenten erhalten einen Einblick in die Schule, dem Lehrer wird organisatorische Arbeit abgenommen, und das Gespräch zwischen den Generationen (Schüler, Studenten, Senioren) wird gefördert – ein kleines Stückchen Weltverbesserung. Studenten aus meinem Kontext würden dann auch noch versuchen, die Schüler dabei zu unterstützen, die Gespräche zu dokumentieren / medial aufzubereiten / … (Podcast, Video, …) Und last but not least: Die Studenten müssen sich in das Themengebiet Holocaust intensiv einarbeiten, damit sie bei dem Projekt fachkundig sind (wer sich nicht vorbereitet, fällt auf die Nase).

    Zum Sparen der Einarbeitungszeit: Ok, ich meinte mehr „die komplette autodidaktische Einarbeitungszeit“. Im Kontext des Projekts muss der Lehrer natürlich das Wiki kennenlernen – hierbei wird er aber von den Studierenden unterstützt, sie sagen ihm, was er machen soll usw. Aufwand ist ein solches Projekt für den Lehrer natürlich auch – aber eben „anderer“ Aufwand. Die Zusammenarbeit mit den Studenten, das Ausprobieren von Neuem usw. dürfte aber (hoffentlich) auch dem Lehrer Spaß machen, sodass sich auch für ihn der Aufwand lohnt (im Sinne von Motivation/Spaß/Flow/…).

    @jeanpol Danke für den Hinweis, stimmt. Man muss als Dozent bereit sein, die mehr oder weniger sichere Stufe 0 zu verlassen und Risiken einzugehen.

  7. Christian sagt:

    @Christian:
    Das steht noch nicht fest, da es aber ein Proseminar (Fachdidaktik Französisch) sein wird, wird es ganz sicher schon im BA/MA System (das ich selbst kaum kenne) stattfinden.
    Klar Stufe 1 wird sicher möglich (und auch nötig) sein. Meine Befürchtungen bezogen sich eher auf Stufe 2.
    Ist das Lehramt bei Euch noch nicht in BA/MA integriert oder kommt diese Herausforderung auch auf Dich zu?

  8. Lisa Rosa sagt:

    „Wenn dir aber klar ist, dass du mit deinem Projekt ein kleines Stück die Welt verbesserst, dann kannst du daraus unglaublich viel Motivation ziehen.“
    Hm. Das ist ein Leitmotiv für alles, was ich arbeite. Ich würde es allerdings nicht „Weltverbesserung“ nennen, sondern Beteiligung an Gattungsentwicklung. Wieso soll es in diesem Kontext besonders enthalten sein? Ich verstehe es nicht.

  9. Lisa Rosa sagt:

    Dein Beispiel Zeitzeugeninterviews: Gute Idee!

  10. Lisa Rosa sagt:

    Oder meinst Du mit „Weltverbesserungsprojekten“ das, was andernorts service learning heißt? http://www.servicelearning.de/ Das ist natürlich immer was, wo sich Sinn fürs Lernen draus bilden läßt, einfach, weil es echte Probleme und keine didaktischen Pseudos sind, die da zu lösen sind. Kennst Du Theoprax? Das funktioniert auch hervorragend: http://www.theo-prax.de/ Alle diese „Methoden“ beruhen auf demselben Prinzip: Lernen durch Probleme der „echten“ Welt lösen.

  11. ekirlu sagt:

    Erst vor ein paar Stunden hatte ich eine Diskussion über Sinn und Unsinn von Dingen, die an der PH von uns Studenten verlangt werden. Und gerade die klassischen Stufe 0 Seminare sind
    1. leider Gang und Gebe
    2. stinkend langweilig
    3. völlig an den Studenten vorbei
    4. demotivierend und
    5. Unsinn.

    Daher sind wir Studis (wie u. a. auch die Schüler von Jean-Pol) gerne bereit den Mehraufwand zu leisten. Wir investieren von uns aus mehr Zeit – weil wir Sinn sehen in dem was wir tun – wir erreichen etwas! Wenn wir das Gefühl haben die Welt zuverbessern in dem wir den Unterricht verbessern, weil wir Lehrer z. B. an Web 2.0 heranführen, dann bekommt unser tun einen Mehrwert. Dieser ist dann mehr wert als 2 Stunden weniger Zeitaufwand je Woche.

    @ Lisa Rosa: Mit „Beteiligung an Gattungsentwicklung“ (also dem reinen Begriff) begeisterst du keine Studis. Der Begriff Weltverbesserung zieht viel stärker.
    In dieser und auch in der letzten Diskussion ist mir aufgefallen, dass die meisten Missverständnisse entstehen, weil jeder andere Begriffe verwendet aber oftmals dasselbe meint…
    Und leider kann man nicht bei allen Menschen voraussetzen, dass sie ihrem Handeln die Prämisse zu Grunde legen, die Welt jeden Tag ein Stückchen besser machen wollen 😉

  12. Lisa Rosa sagt:

    @ ekirlu: Nein, meinen Begriff Gattungsentwicklung benutze ich für mich selbst, für mein eigenes Verständnis meiner Lernmotive. So spreche ich natürlich nicht mit Schülern/Referendaren/Lehrern. Ich stimme Dir außerdem vollkommen zu, dass man nicht ohne Sinn lernen kann. Und Aufgaben, die die Umwelt stellt – anstelle eines Lehrgangsprogramms – liefern eine Menge Sinnbildungsmöglichkeiten! Na Klar!

  13. cspannagel sagt:

    @Christian Bei uns ist Lehramt noch nicht auf BA/MA umgestellt und wird es in absehbarer Zeit auch nicht. Fachdidaktisch Französisch – das passt ja perfekt zu LdL! 🙂

    @Lisa Ich würde ekirlu zustimmen – „Lasst uns gemeinsam die Welt verbessern“ ist einfach motivierender.

    @Lisa Zu den Zeitzeugenprojekten: Ich finde generationenübergreifende Projekte sehr reizvoll. Das ZAWiW der Uni Ulm macht viele solcher Dinge – unter anderem die „Ulmer 3-Generationen Universität“ – hierfür wird ein studentisches Team im Seminar ebenfalls einen Workshop vorbereiten.
    http://www.uni-ulm.de/uni/fak/zawiw/
    http://www.uni-ulm.de/einrichtungen/zawiw/u3gu.html

    @ekirlu Vielen Dank für deine „studentische Sicht“. Ich freue mich sehr über deinen Beitrag bzgl. des Aspekts des Mehraufwands: Es erscheint einem vielleicht doch besser, mehr zu leisten und dafür etwas Sinnvolles zu tun, als unsinnig seine Zeit in Stufe-0-Seminaren zu vergeuden.

  14. cspannagel sagt:

    @Lisa: Ok, für einen selbst kann man natürlich auch den Begriff Gattungsentwicklung verwenden. Im Umgang mit Studenten muss man m.E. aber etwas „pushendes“ verwenden.

  15. Lisa Rosa sagt:

    etwas „pushendes“. Hm. Habt ihr auch mal überlegt, dass nicht jeder Teenie „Weltverbesserung“ pushend findet – manche vielleicht sogar eher puschig? (Ich kenne genügend Schüler, die würden bei dem Begriff davonlaufen vor Uncoolness (grad die männlichen 8.Klässler). Ich würde neutral bleiben und schon gar nichts puschen wollen. Sinn und Motiv kann man nicht puschen. (Ich möchte auch nirgendwo hingepuscht werden. Das hat was manipulierendes. Ich mache mir am liebsten meinen eigenen Sinn.) Gebt einfach großen Raum und viel Angebot für die eigene höchst unterschiedliche (!) Sinnbildung. Für manche darfs auch die Weltverbesserung sein. (Übrigens ist dies eines der Dinge, die ich mit unnötig „normativ“ meine – die Diskussion von neulich betreffend. Vielleicht möchten Schüler auch „nur“ einfach ihre eigene Situation verbessern und etwas spannendes tun dürfen? Ist das nicht auch ok? Oder sind sie dann egoistisch? 😉

  16. cspannagel sagt:

    @Lisa Ich verwende „pushendes“ synonym zu „motivierendes“.

    Du schreibst „Ich würde neutral bleiben wollen.“ Ich denke, unsere Aufgabe als Dozenten ist es, entsprechende Motive anzubieten. Wenn einzelne Schüler/Studenten nicht darauf eingehen möchten oder andere, eigene Motive haben, umso besser. Aber anbieten müssen wir was.

    Und wenn Schüler ihre eigene Situation verbessern wollen, dann ist das doch auch in einer gewissen Weise Weltverbesserung. Weltverbesserung ist nicht zwangsläufig selbstlos.

  17. Lisa Rosa sagt:

    Ok. Wenn Weltverbesserung auch ein Begriff für die eigene Situation verbessern ist, dann klingt er mich nicht mehr so puschig. 😉
    Was Motive des Lernens angeht: Ich habe bei Leont’ev (kulturhistorische Psychologie) überzeugend gefunden, dass man nicht ‚motivieren‘ kann. Motive werden selbst gebildet. Man kann auch keine Motive für andere anbieten. Man kann einen Kontext – heute würden wir „Lernumgebung“ sagen – herstellen, der vielfältige Motivbildung der Individuen ermöglicht. Motive und Sinn sind immer ganz persönlich individuell! Ich glaube, Du würdest schreiend davonlaufen, wenn ich Dir meine Motive „anbieten“ würde 😉

  18. cspannagel sagt:

    @Lisa Vielen Dank auch für die Links zu Service Learning und Theoprax. Diese Ansätze kannte ich noch nicht – und es geht dort um genau das, was ich auch mit Stufe 2 bezwecken will.

  19. cspannagel sagt:

    @Lisa Zur Lernumgebung: Genau so meine ich das: Ich biete eine Lernumgebung, in der Studierende ihre eigenen Motive bilden können (ganz konstruktivistisch). Und zu der Lernumgebung gehört, dass ich sage „Lasst uns die Welt verbessern.“ Das ist eine Information in der Lernumgebung, die Studenten (konstruktivistisch gesehen) als Ausgangspunkt für ihre eigene Motivbildung nehmen können (wenn sie möchten). Das meine ich mit „Motiven anbieten“.

  20. apanat sagt:

    Die eigene Situation verbessern und dabei keine andere verschlechtern ist sogar eine der wenigen Weltverbesserungsmöglichkeiten überhaupt. Wenn man nämlich Weltverbedderung für andere plant, berücksichtigt man häufig deren konkrete Situation nicht genau genug.
    Wichtig ist vor allem die win-win-Situation.

  21. Lisa Rosa sagt:

    Gut! Der Coach darf auch sagen, was er selbst gerne möchte. 😉 Ich habe verstanden, dass wir natürlich gar nicht so weit voneinander entfernt sind.
    Aber sag mal: Was machst Du mit denen, die nicht auf Deine Aufforderung „Lasst uns die Welt verbessern!“ reagieren, mit denen, die sich daraus kein Motiv und persönlichen Sinn „ziehen“ können und trotzdem in Deinem Seminar sitzen? Oder gibt es die bei Dir nicht? – In der Schule gibt es sie natürlich. Und da dürfen sich die Schüler auch nicht den Lehrer auswählen wie vielleicht den Dozenten an der Uni.

  22. cspannagel sagt:

    @apanat Danke für den Hinweis – vollkommen richtig. Das ist übrigens auch einer der ursprünglichen Hauptaspekte von Aktionsforschung.

    @Lisa Gute Frage. Darauf hab ich jetzt noch keine Antwort. Ich muss mal warten, bis der Fall eintritt. 🙂

  23. cspannagel sagt:

    @Lisa Oder anders gesagt: Vermutlich gibt es darauf keine allgemein gültige Antwort. Vermutlich muss man das individuell und kreativ entscheiden.

  24. Lisa Rosa sagt:

    Individuelle und kreative Entscheidung: Da hast Du sicher Recht! Ich würde dafür Raum lassen. Meine Projektangebote heißen daher nicht: „Hey, lasst uns die Welt verbessern“, sondern „Hey, lasst uns ein Projekt (zum Gegenstand XY) machen, wo ihr alle euren Sinn drin findet.“ Ich glaube, dass @ apanat das win-win-Spiel auch genauso versteht.

  25. cspannagel sagt:

    @Lisa Wir sind wirklich nicht so weit weg voneinander. Wenn alle Teilnehmer ihren Sinn gefunden und ein tolles Projekt durchgeführt haben (das für sie Sinn macht), dann haben wir doch die Welt verbessert (eben genau durch diese Sinngebung). ;-))

  26. Lisa Rosa sagt:

    @ crisp Sach ich doch: Gute Arbeit ist immer Beteiligung an der Gattungsentwicklung 😉 😉 😉

  27. ekirlu sagt:

    @ Lisa Rosa
    Niemand ist zu uns gekommen und hat gesagt: „So, jetzt gehen wir raus und machen die Welt besser!“ Es war viel mehr so, dass wir uns „entscheiden“ konnten. CSpannagel hat uns die Möglichkeit geboten uns einzubringen und das auf „hohem“ Niveau. Das hat uns angespornt: Stichwort „Anspruch“

    Wir haben diese Chance genutzt, vorerst sehr zögerlich. Die Erfahrungen, dass Dozenten zu sehr in ihren Strukturen stecken hat uns geprägt: Also erstmal langsam machen. Aber dann geschah etwas, was wir nicht erwartet hatten: Unser Engagement wurde geschätzt – wir wurden ernst genommen und (so profan es klingt) gelobt: Stichwort „Anerkennung“

    Wir haben etwas „geschaffen“, das Hand und Fuß und Sinn hatte.

    Nicht das wir uns nicht auch mal verrannt haben. Aber unsere (Irr-)Wege haben wir gemeinsam reflektiert, gemeinsam darüber nachgedacht, wie es weitergehen könnte.
    Das erste Mal seit ich irgendwie im Schulsystem eingebunden bin, ging es nicht darum nur altes wiederzukäuen, sondern dieses Wissen umzusetzen und vor allem weiterzuentwickeln.

    Ich freue mich auf das neue Semiar, weil ich weiß, dass wir unsere Projekte „maßschneidern“ können: Passend für den Lehrer, passend für die Klasse, passend für uns (mich). Ich habe so viel Raum für meine Vorstellungen, kann im geschützten Rahmen ausprobieren, was ich mir vorstelle. Da ist nichts von missionieren, nichts von bekehren. Da ist viel mehr Platz für meine Ideen, für meine Persönlichkeit…

    Das es unter uns Studis solche gibt die mehr anspringen uns solche die es weniger tun ist klar. Aber keiner ist dabei, der sagt: „So’n Mist! Da hab ich keinen Bock drauf.“

    Eher hörst du: „So’n Mist! Warum kann man Informatik nicht als Hauptfach studieren?“

  28. Lisa Rosa sagt:

    @ekirlu Ein toller Bericht! Selten hört man solche begeisterten Lernberichte und Feedbacks. Besser kann man ja die gelungene Sinnbildung gar nicht beschreiben. Christian kann sich echt was drauf einbilden! Chapeau!! Und das wird ihn erst Recht ankurbeln in seinen Seminaren nur noch solche Stufe 2 zu machen.

  29. cspannagel sagt:

    @ekirlu Vielen Dank nochmals für deine Sicht! Wirklich super!!

    @Lisa Gottseidank bin ich nicht so weit, dass ich mir was drauf einbilde, und hoffentlich werde ich auch nie so weit sein. ;-)))

  30. jeanpol sagt:

    Vielleicht sollte man hervorheben, dass Begriffte wie „Weltverbesserung“, „Bedürfnisbefriedigung“, „Arterhaltung“ usw. den Schülern und Studenten nicht tierisch ernst, sondern als lustige Metaphern und Handlungsempfehlungen vorgestellt werden. Ohne sehr viel Selbstdistanz und Spaß am Leben funktionieren Spannagels didaktische Konzepte und wohl meine auch nicht. „Wir wollen die Welt verbessern“ ist keine Präskription, sondern ein amüsanter Vorschlag. Das soll auch Lust auf Risiken induzieren. No risk, no fun!

  31. Stormcloud sagt:

    Wirklich tolle Idee!!! Vielen Dank für die Vorstellung des Stufenmodells. Sicher lässt sich da vieles auch für den Unterricht mit Schülern ummünzen.

    Passt vielleicht nicht ganz dazu aber etwas Werbung in eigener Sache ist hoffentlich gestattet 😉
    Ich durfte neulich an einem sehr interessanten Lehrgang teilnehmen, wo ich eine neue Form der Gruppenarbeit kennengelernt habe. Ich habe hier ein paar Notizen dazu gemacht.

  32. jeanpol sagt:

    Danke für den interessanten Bericht. Da das Unterrichtswesen sich im kompletten Umbruch befindet emergieren zahlreiche neue Formen der Lehr/Lernorganisation und solche Berichte sind viel wert!

  33. Eins vorweg: ich sehe die Stufe 2 als absolut erstrebenswert. Aber:

    es gibt immense Unterschiede zwischen Seminaren und Schule.

    Je weiter man sich von den klassischen Strukturen entfernt, desto mehr individuelle Betreuung brauchen die Schüler. Die Frontalgeinvten schwimmen regelrecht, wenn sie selbst zum Denken und Handeln aufgefordert werden. Das erfordert wiederum ein hohes Maß an Empathie und knabbert an der Ressource Zeit.

    Wie ist also die Stufe 2 in die Schule übertragbar? Ist eine solche Form von Unterricht überhaupt realistisch? Wie könnten auch die leistungsschwächeren SchülerInnen von Stufe 2 profitieren? Und was machen die bisher guten „Frontalos“?

    Habt ihr da Ideen?

    Ich bin sehr gespannt, wie Stufe 2 bei Studierenden ankommt, die den Flow noch nicht erlebt haben und bin deshalb gespannt auf deine Berichte.

  34. Danke für diesen wirklich interessanten und knackigen Beitrag. Ich möchte noch zum Gegensatz „LdL-Seminar“ und „Referatsseminar“ anmerken:

    Es ist völlig richtig, dass Studierende aus reinen Referatsseminaren quasi nichts mitnehmen. Allerdings implizierst du, dass der Grund dafür in einer didaktische suboptimalen Konzeption liegt („Wechsel von Sozialformen, Methoden und Medien“). Sind erwachsene Personen nicht auch in der Lage, aus dem 90-minütigen frontalen Brett etwas mitzunehmen? (Du hast deinen Beitrag ja auch nicht mit Visualisierungen aufbereitet.)

    Eine andere Seminarkonzeption ist dem Lernerfolg in jeder Hinsicht sehr förderlich und vor allem für angehende Lehrpersonen unabdingbar. Ich glaube aber, dass die Wirkungslosigkeit und Stupidität von (reinen) Referatsseminaren vor allem daran liegt, dass

    1. viele Studierenden sehr schlechte Referate halten (indem sie z.B. ihre Powerpoint-Bullet-Listen mehr oder weniger vorlesen). Studierendenreferate verbessern sich rapide, wenn man für die Darstellung von Text nur analoge Formen wie das Flipchart oder die Tafel erlaubt.

    2. Studierendenreferate vor allem dann sinnlos sind, wenn sie zu lange dauern. Als Dozent/in ist es natürlich verlockend, einen Text auszugeben und damit 90 Minuten füllen zu lassen.

    Ich möchte mit diesen Aussagen in keiner Weise eine Lanze für Referatsseminare brechen. Ich möchte aber davor warnen, die Qualität einzelner Methoden auf Grundlage unzureichend reflektierter Prämissen zu beurteilen. Wenn du in der Schule LdL betreibst und die lehrenden Schüler/innen im Vorfeld nicht massiv unterstützt, wird auch da der Lernerfolg ausbleiben – was nicht an der eingesetzten Methode per se liegt.

    Grüße,
    stephan@spamschlucker.org

  35. ekirlu sagt:

    @spamschlucker Ich muss Dir recht geben. Die Qualität der Referate ist mit entscheidend.

    „Sind erwachsene Personen nicht auch in der Lage, aus dem 90-minütigen frontalen Brett etwas mitzunehmen? (Du hast deinen Beitrag ja auch nicht mit Visualisierungen aufbereitet.)“

    Ja, klar können Erwachsene etwas mitnehmen. Aber auch in den guten durchweg frontal ausgerichteten Veranstaltungen geht (zumindest bei mir) nach spätestens 60 Minuten der Rollladen runter – dunkel wirds 😉 Der Input ist dann einfach zu groß. Wir (die Menschen) sind nicht dazu ausgelegt einfach nur zu konsumieren.
    Außerdem ist es oft so, dass bestimmte Begriffe oder Worte individuell belegt sind. Die eigene Auseinandersetzung im Wechsel mit Phasen in denen man sich austauscht sind für das eigene Verständnis enorm wichtig.
    Nur gemeinsam im Austausch können Fragen geklärt werden, fallen Fehler auf und werden behoben. Daher gerne frontalen Input, kurz und knackig und dann aber in anderen Formen weiter.
    => Der Mix machts!

    Und wenn man dann noch selber aktiv werden kann, sich selbst einbringen und vielleicht zusammen etwas „erschafft“, dann ist das Erfolgs- und Lernergebnis viel höher…

  36. cspannagel sagt:

    @jeanpol Genau: Es ist immer nicht so „richtig“ ernst gemeint. 🙂

    @stormcloud: Danke für den Bericht! Ich habe dort kommentiert.

    @Melanie: Zur Übertragbarkeit auf die Schule kann ich noch nichts sagen. Mich würde aber auch brennend interessieren, wie man das am geschicktesten anstellt. [Der Link von Lisa Rosa (http://www.servicelearning.de/) zeigt übrigens einige Beispiele auf.]

    @spamsplucker Du schreibst: „Sind erwachsene Personen nicht auch in der Lage, aus dem 90-minütigen frontalen Brett etwas mitzunehmen?“ Klar sind sie das. Bei den Referatsseminaren, die ich erlebt habe, fragt man sich allerdings: Warum sollten sie das? Die Note kriegen sie für ihren eigenen Vortrag und für die Ausarbeitung. In den restlichen Stunden sitzen sie ihre Zeit ab (weil man nur max. 2 mal fehlen darf oder so). Die anderen Themen sind meist recht uninteressant und werden dann auch noch schlecht vorgetragen. Gibt es irgendeine Notwendigkeit aufzupassen? Hier muss ein Student ein wirklich extrem guter Entertainer sein, um die Aufmerksamkeit seiner Kommilitonen 90 Minuten lang zu halten.

    @ekirlu Ich stimmte dir vollkommen zu bzgl. deiner Ausführungen zur Eigenaktivität!

  37. jeanpol sagt:

    @Spannagel
    Heute war das Treffen mit den beiden grünen Mädels sehr nett und interessant. „Neuron“ haben sie nach anfänglicher Skepsis gut aufgenommen und sie benutzen diese Metapher auch allmählich mit Genuss (bei den Grünen ist Genuss oft zunächst etwas Fragwürdiges). Ich denke, dass sie auch die Spermatozoidenmetapher mit Spaß einsetzen werden, obwohl die beiden Frauen der Meinung waren, dass dieses Bild typisch männlich ist. Sie wünschen sich eine weibliche Entsprechung zum Spermatozoidenmodell. Ich schlage vor, dass wir das millionenfache Eierlegen der Fische als mögliches Pendant andencken. Es werden überall Eier verstreut und irgendwann erwischt ein Ei ein passiv wartender Spermatozoid. Ist es so?

  38. cspannagel sagt:

    @jeanpol 🙂 Keine Ahnung – da müssen wir mal Biologen fragen. Aber der Ansatz ist schon nicht schlecht. 🙂

  39. Claudia Boerger sagt:

    Ich bin von der Konzeption der Stufe 2 Seminare aus zweierlei Gruenden sehr angetan: Einerseits haben die Studenten und Seminarleiter die Moeglichkeit, ihre Ueberlegungen an (unvorhergesehenen) Widrigkeiten des Schulalltags zu ueberpruefen (mangelnde technische Ausstattung, Heterogenitaet & Differenzierung, Disziplinschwierigkeiten, Zeitmangel bei Unterrichtsplanung etc.)
    Auf der anderen Seite (und da musst du mich korrigieren, wenn ich falsch liege Christian) koennte ich mir vorstellen, dass wenn Methode (e-learning) und Fachininhalt (Informatik) so nahe beieinander liegen, computergestuetzte Lernformen zum unrefelktierten Selbstzweck werden koennten. Der Austausch und Input mit den an der Schule taetigen Kollegen kann hier sehr hilfreich und „erdend“ sein.
    Dass via Stufe 2 wiederum Lehrer auf dem fachdidaktische Laufenden gehalten werden und im Umgang mit elektronischen Tools geschult werden, klingt wirklich nach einer perfekten win-win Situation.
    Fuer die an den Schulen taetigen Kollegen ist es m.E. wirklich ein hervorragender Ansporn bei Stufe 2 Seminaren mitzumachen, dass sie mit konkret einsetzbaren Unterrichtsreihen „belohnt“ werden bzw. durch Mitarbeit daran Arbeitserleichterung erfahren koennen. Das ist der richtige Anreiz, glaube ich, (chronisch unter Zeitmangel leidende) Lehrer fuer deine absolut interessanten Projekte zu gewinnen, Christian.

  40. […] LdL-Seminare Veröffentlicht in April 14, 2009 von Michael Kratky Eine Super-Beschreibung von Christian Spannagel: https://cspannagel.wordpress.com/2009/04/12/erster-versuch-eines-stufenmodells-fur-seminare/ […]

  41. cspannagel sagt:

    @Claudia Vielen Dank für deinen anspornenden Beitrag! Zu deiner direkten Frage an mich: Ja, ich stimme dir zu – Stufe-2-Seminare sind erdend und selbstzweckvermeidend. 🙂

  42. scheppler sagt:

    Wie das so ist, wenn man direkt auf einen einen Neueingang im rss-Reader reagiert, ein komplexes Konstrukt von sicher ausgefeilten Überlegungen sieht:
    1) Man wird immens zum Nachdenken angeregt. Dafür Dank.
    2) Man traut sich nicht sofort, den eigenen Senf dazuzugeben. Das mag an mir liegen 😉
    3) Wenn man nach einigem Herumüberlegen zurückkommt, wurden viele Punkte bereits treffend kommentiert. Hier meine ich die ersten Beiträge von Lisa Rosa.

    Nun will ich mich gar nicht mehr so sehr auf genannte Punkte versteifen, sondern bestätigen, dass ich durchaus auch den Mehraufwand der Stufe 2 sehe. Aber ich auch sehe, dass Stufe 2 sehr motivierend ist. Die richtige Frage daraus ist genau die von Melanie Gottschalk: Geht das in der Schule? Oder ist das was für die Uni? Kann ein Schüler pro Woche 5 mal 6 Stufe-2-Unterrichtsstunden aushalten – in x verschiedenen Fächern? In der derzeitigen Schulstruktur wage ich da auch leichte Zweifel anzukündigen, ob bei Etablierung der Stufe-2-Lehre im Schulbetrieb dabei der von ekirlu beschriebene Effekt längerfristig aufrecht erhalten werden kann. Das geht in meinen Augen i Schule nur mit einer „radikalen“ Öffnung von Unterricht über die Fächergrenzen hinweg – hin zu einer sehr konsequenten Projektarbeit (zumindest über längere Phasen innerhalb eines Schuljahres). Hierfür gibt es bereits Ansätze in mehreren Versuchs- und Laborschulen.

    Mein Hauptpunkt, den ich aber in die Diskussion einbringen möchte, ist derjenige der Lehrerausbildung. Ich versuche mich selber mit einer breiten Mischung aus sehr freien bis hin zu sehr offenen Lerhr-/Lernsettings und merke, dass Schüler unterschiedlich reagieren. Dies bringt mich zu der ersten Einsicht, dass es eben nicht auf eine Monokultur einer Lehrform hinauslaufen darf. Daher würde ich auch die Stufenmetapher mit der (wenn ich es richtig verstehe) Entwicklungstendenz von „schlecht“ über „besser“ zu „gut“ nicht ganz mitgehen wollen. So wie im obigen Absatz angedeutet, gelange ich immer mehr zu der Erkenntnis, dass ein „guter“ Lehrer mehrere Unterrichtsstile beherrscht, diese situativ variieren und auch ohne wertende Tendenz einsetzen kann.

    Der zweite Gedanke an die Lehrerausbildung anknüpfend ist derjenige, ob jemand, der erfolgreich auf Stufe 2 unterrichten/lehren will, die ersten Stufen kennen muss/soll. Oder können wir die Lehrerbildung nach dem vorgestellten „Ideal“ dahingehend ausrichten, dass wir Stufe 2-Lehrer ohne Umweg über die anderen Stufen anstreben können? Ich bin auch bei diesem Gedanken skeptisch. nun muss ich nicht immer „schlechtes“ erleben, um das „Gute“ wertschätzen zu können. Aber im Hinblick auf Unterricht ergibt sich doch eine hohe Qualität meistens erst daraus, dass verschiedene Varianten gegeneinander abgewogen und begründet eine Entscheidung für eine Methode (oder ähnliches) getroffen wird. Ich denke somit, dass es für einen angehenden Lehrer durchaus hilfreich sein kann, selber im Studium (denn zu Schulzeiten reflektiert man oft noch nicht ausreichend über den eigenen, späteren Beruf) Stufe 0 & 1 kennen gelernt zu haben – oder besser: erlebt zu haben. Und mit einem Seitenwink: Haben wir nicht alle Uni-Vorlesungen (im wahrsten Sinne des Wortes) im Kopf, die (wahrscheinlich auch durch ihre ständige Wiederholung und langsame Perfektionierung) einem noch sehr lange im Kopf bleiben (auch inhaltlich!)? Ich habe derer mindestens 2.

    Nun, um es zu bündeln: Ich glaube, dass die Stufenmetapher hier Gefahr läuft, falsche Eindrücke und Erwartungen zu erwecken/suggerieren. Die Persönlichkeit des Lehrers und deren Fähigkeit ist in meinen Augen kein linearer Prozess mit qualitativ ansteigender Tendenz, sondern ein wachsendes, sich erweiterndes und ergänzendes Repertoire an Unterrichtsstilen und -methoden, die in ihrer Gleichberechtigung nicht zuletzt aus der Idee rekurriert, den Schülern ein breites Spektrum an Lernformen und -möglichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Eigenarten zu bieten.

  43. Ich kann die Gedanken von René „aus der Praxis“ auch nur unterstützen. Ich will einige seiner Argumente aufgreifen und ausweiten:

    1. „Kann ein Schüler pro Woche 5 mal 6 Stufe-2-Unterrichtsstunden aushalten – in x verschiedenen Fächern?“

    Hier bin ich aus sehr skeptisch. Es mag zwar erstrebenswert sein, aber in unserem heutigen Schulsystem ist das meiner Meinung nach nicht wirklich möglich. Wir müssten komplett andere Strukturen etablieren und das ist leider sehr schwierig. In unserer aktuellen Situation denke ich, dass man die „Stufe 2“ Stunden in Projekten, die zu verschiedenen Zeitpunkten durchgeführt werden, umsetzen kann. Dann bekommen diese Projekte auch den Charakter des „Besonderen“ und erzeugen besonders viel Motivation bei den Schülerinnen und Schülern.

    2. „Dies bringt mich zu der ersten Einsicht, dass es eben nicht auf eine Monokultur einer Lehrform hinauslaufen darf.“

    Ja, der Meinung bin ich auch. Deswegen stehe ich der LdL-Idee manchmal auch (zu!?) skeptisch gegenüber. Ich denke es ist wichtig den Schülerinnen und Schülern immer mehr die Verantwortung über ihr eigenes Lernen in die Hand zu geben (das haben viele Schüler nämlich verlernt).
    Auch ich habe schon viele offene Unterrichtssettings eingesetzt und tolle Erfolge damit erzielt. Genauso kann ich mich aber an wirklich tolle „frontale“ Unterrichtsstunden (als Gegensatz dazu) erinnern.

    3. „Der zweite Gedanke an die Lehrerausbildung anknüpfend ist derjenige, ob jemand, der erfolgreich auf Stufe 2 unterrichten/lehren will, die ersten Stufen kennen muss/soll.“

    Ich weiß nicht, ob ich die Stufen 0 und 1 durchlaufen muss um Stufe 2 mehr zu schätzen. Ich bin aber der Meinung, dass auch Stufe 0-Veranstaltungen zum Ziel führen können. Wenn ich mich an mein eigenes Lehramtstudium in den Fächern Mathematik und Informatik an der RWTH Aachen erinnere, dann hatten wir ausschließlich Stufe 0-Veranstaltungen. Nun könnte ich das Totschlagargument bringen: Und aus mir ist trotzdem ein guter Lehrer geworden (hoffe ich zumindest). Nein, das will ich aber natürlich nicht anführen. Vielmehr frage ich mich, was mir aus dem Studium hängengeblieben ist: Und das sind vornehmlich keine inhaltlichen Dinge, sondern – wer hätte das gedacht – „methodische Kompetenzen“. Das Mathematikstudium hat mich dazu gebracht, ausdauernd zu sein und den Ehrgeiz zu entwicklen Probleme zu lösen, auch wenn das einem nicht unbedingt Spaß macht. Wenn ich an mein Stufe 0-Seminar im Hauptstudium zum Thema „Algorithmische Graphentheorie“ denke: Ich sollte ein mathematisches Thema bearbeiten, welches ich beim ersten Durchlesen nicht mal ansatzweise verstanden habe. Also war meine Aufgabe klar: Ich hatte nun ein Semester lang Zeit, mir Informationen zum Thema zu beschaffen und mich dort einzuarbeiten. Es war verdammt viel Arbeit, aber es hat geklappt. Und das Gefühl zu haben, am Ende dieses für mich schwere Thema verstanden zu haben und sogar in einem freien Vortrag vor mehreren Professoren präsentieren zu können, war für mich eine einmalige Erfahrung und unheimlich prägend. Was in den anderen Vorträgen inhaltlich drankam, weiß ich jetzt schon nicht mehr. Es ist aber auch nicht schlimm, denn in meinem jetztigen Beruf benötige ich dieses Wissen nicht.
    Nun, jetzt kann man sagen: Glück gehabt, dass es bei mir so geklappt hat. Mag sein, ich weiß es nicht.
    Von daher würde ich die Stufe 0-Seminare auch nicht alle verteufeln. Ich könnte Euch aber auch genügend Seminare/Veranstaltungen an der Uni aufzählen, die wegen Stufe 0 mir gar nichts gebracht haben und an die ich mich auch nicht mehr erinnern kann.

    4. „Die Persönlichkeit des Lehrers und deren Fähigkeit ist in meinen Augen kein linearer Prozess mit qualitativ ansteigender Tendenz, sondern ein wachsendes, sich erweiterndes und ergänzendes Repertoire an Unterrichtsstilen und -methode“

    Ja!!!

    Mein Fazit:
    Bei Christians Beitrag muss man bedenken, dass er die Stufen auf SEMINARE im LEHRAMTSSTUDIUM bezieht.
    * Für fachdidaktische Veranstaltungen stimme ich ihm auch voll zu.
    * Bei fachwissenschaftlichen Seminaren kann ich mir noch nicht ganz vorstellen, wie bspw. ein Seminar in Funktionalanalysis projektartig organisiert werden kann (aber ich denke das ist auch nicht gemeint).
    * Die Stufen auf die Schule zu übertragen halte ich teilweise für problematisch, da dort (noch) ganz andere Strukturen vorherrschen, in denen meiner Meinung nach am besten ein ausgewogener Methodenmix funktioniert.

  44. ekirlu sagt:

    Auch in den aktuellen Hochschulstrukturen ist es nicht möglich, dass in jedem Seminar Stufe 2 Seminare durchgeführt werden. Bei einem Zeitaufwand von 6-8 Wochenstunden je Stufe 2 Seminar mal 6-7 Seminare je Semester wird die Zeit knapp. Und in bestimmten Situationen bin auch ich um Vortragsseminare dankbar. Aber einfach, weil es leicht verdiente Scheine sind. Ich sitze hinten im Raum, höre zu, lese, male, schlafe und bekomme einen Schein… schon eine tolle Sache sieht man den Aufwand.
    Aber ich ärgere mich regelmäßig, wenn Themen behandelt werden, die mich interessieren.
    So geschehen im Seminar „Jugend heute“: Eine Studentin hat eine Studie zur Gewalt von Jugendlichen vorgestellt. Sie hat tatsächlich ohne jegliche visuelle Unterstützung die Vermutungen, Zahlen und Ergebnisse VORGELESEN. Da ist nichts, aber auch gar nichts hängen geblieben. (Außer der Vorsatz so ein Referat niemals selber halten zu wollen).

    Dann möchte ich auch den Mathematikunterricht von Erich Hammer nochmal aufgreifen um erneut eine Lanze für LdL (Stufe 1 in der Schule) zu brechen. Seine Schüler lernen in der Schule! Das hört sich vorerst mal normal an. Dafür geht man schließlich in die Schule. Aber was ich meine ist: Sie lernen in der Schule so, wie wir lernen wenn wir uns privat zum lernen treffen. Die Schüler sind aktiv und tauschen sich aus. Decken Fehlvorstellungen auf, machen Fehler im Unterricht und schneiden in Klausuren fantastisch ab. Das ist einfach toll. Warum sollte ich dann immer wieder Stufe-0-Phasen vom Lehrer aus durchführen, wenn der Erfolg doch für sich spricht?

    Zu Stufe 2 in der Schule kann ich nur eine Erfahrung besteuern in der der Versuch „semierfolgreich“ war. Ein Feldmesspraktikum in der Waldorfschule soll dazu dienen die mathematischen Kompetenzen umzusetzen. Dazu vermessen die Schüler eine Woche lang ein Stück Land um daraus eine Karte zu erstellen. In dem Praktikum, das ich begleitet habe, hat der Lehrer m. E. nach versäumt, diese Verbindung zwischen dem Matheunterricht und dem Feldmessen herzustellen. Darüber hinaus hat er den Schülern nicht viel zugetraut, die Eigenverantwortung der Schüler war sehr gering. Diese Erfahrung zeigt mir in der Reflektion wie wichtig es ist als Lehrer loszulassen. Ein Erfolg für die Schüler war insofern da, als dass sie hinterher eine Karte erstellt hatten. Das Erfolgserleben des Einzelnen wäre aber sicherlich höher gewesen, hätten sich die Schüler stärker einbringen können.

    Verbindet man aber Erich Hammers Stil mit einem Feldmesspraktikum (oder ähnlichem), sehe ich eine Möglichkeit Stufe 1 und 2 in der Schule umzusetzen. LdL im Unterricht und das erworbenen Wissen in Projekten (gegebenenfalls Projektwochen) umsetzen:
    Eigenverantwortung der Schüler, Unterricht der hinleitet zu Projekten, Durchführung von Schülern erdacht und durchgeführt, der Lehrer als Stütze.

    Was meint ihr?

  45. cspannagel sagt:

    Hallo zusammen,

    vielen Dank für diese tollen ausführlichen und aufschlussreichen Kommentare.

    Ich möchte euch weitgehend zustimmen, was die Stufe 2 betrifft: Wenn es sich inhaltlich anbietet und sich geeignete Projekte abzeichnen, würde ich Stufe 2 präferieren. Aber es gibt sicherlich jede Menge Inhalte, bei denen Stufe 2 nicht umgesetzt werden kann (bzw. bei der man nicht sofort sieht, wie man das machen könnte). In diesem Fall würde ich aber in jedem Fall (!) Stufe 1 umsetzen wollen.

    Bei Stufe 1 bzw. LdL handelt es sich nämlich nicht – wie oft angenommen wird – um eine Monokultur einer Unterrichtsmethode. Innerhalb von LdL lassen sich alle Methoden umsetzen – nur eben unter Schülerregie (mit Unterstützung). Genauso könnte man auch behaupten, Unterricht auf Stufe 0 sei eine Monokultur (obwohl der Lehrer verschiedene Methoden einsetzt).

    Stufe 2 ist sicher sehr arbeitsaufwändig und kann auch nicht parallel in allen Fächern zu jeder Zeit durchgeführt werden – zumindest nicht (wie ihr auch richtig bemerkt) in der aktuellen Schulstruktur. Hier wäre konsequent fächerübergreifender, projektartig organisierter Unterricht notwendig (und auch hier kann man sich fragen, ob man das überhaupt will – Fachunterricht hat natürlich auch Vorteile, und „immer Projekte“ wäre sicher auch eine Monokultur, die es zu vermeiden gilt). Insofern hat es @ekirlu sehr schön auf den Punkt gebracht: Die Basis ist Stufe 1, und es wird punktuell gezielt auf Stufe 2 hingearbeitet (wenn ich dich richtig verstanden habe)

    @Nils Zu deinem Seminar „Algorithmische Graphentheorie“: Ich verstehe voll und ganz, dass es ein schönes Gefühl ist, sich ein schweres Thema selbst erarbeitet zu haben. Deswegen macht man das in LdL ja auch so. Wäre es aber evtl. nicht noch befriedigender gewesen, wenn du dann schließlich zu diesem Thema für andere Studierende eine Stufe-1-Sitzung durchgeführt hättest, in der die Studierenden sich in eigenaktiven Phasen unter deiner Regie das Thema selbst aneignen, als einen Vortrag zu halten, bei dem vielleicht die Hälfte nach kurzer Zeit abhängt und abschaltet? (was man in der Regel als Vortragender nicht unbedingt mitbekommt – hinterher fühlt man sich ganz toll, dass man den Vortrag so gut gehalten hat, aber keiner hat aufgepasst)

    @Nils Zur Funktionenanalysis: Hier hätte ich ad hoc auch keinen Vorschlag. Daher würde ich zunächst Stufe 1 wählen, Erfahrungen sammeln und vielleicht in der zweiten, dritten Iteration auf Stufe 2 wechseln (wenn ich genügend Ideen für Projekte hätte).

    @scheppler Zum Lehramtsstudium: Stufe 0 haben wir alle genügend erlebt – das braucht man nicht nochmal zu wiederholen (natürlich erleben Studenten jede Menge Stufe 0 an der Uni, deswegen brauchen wir uns darum auch keine Sorgen zu machen). Meiner Ansicht nach sollten aber alle Lehramtsstudenten Stufe 1 und Stufe 2 im Studium zumindest punktuell erlebt haben.

  46. ekirlu sagt:

    „Insofern hat es @ekirlu sehr schön auf den Punkt gebracht: Die Basis ist Stufe 1, und es wird punktuell gezielt auf Stufe 2 hingearbeitet (wenn ich dich richtig verstanden habe)“

    Jap, hast Du 😉

  47. […] seinem Beitrag zu einem Stufenmodell für den Übergang zu “Lernen durch Lehren” spricht Christian Spannagel von zwei Stufen, die man ausgehend von herkömmlichem Frontalunterricht […]

  48. […] April 24, 2009 von cspannagel Neulich habe ich über das Stufenmodell für Hochschulseminare berichtet. Traditionelle Referatsseminare (Stufe 0) stehen darin LdL-Seminaren erster und zweiter […]

  49. […] April 25, 2009 von cspannagel Neben der Neukonzeption meiner Seminare habe ich mich in dieser Woche an etwas “Größeres” gewagt: Ich habe versucht, LdL und […]

  50. mathewelt sagt:

    Aus meiner eigenen Studienzeit erinnere ich mich, dass es das Vortrtagsseminar sprich in jeder LV steht ein anderer Student (oder mehrere) vorne und halten ein 90 minütiges Referat in „Reinform“ nicht gibt. Es gibt immer wieder erfrischende Referate, in denen sich die Studierenden aus Eigeninitiative Aufgaben/Methoden für die anderen Seminarteilnehmer ausdenken. Es gibt sogar Dozenten, die das in diese Richtung mehr oder weniger konsequent verlangen (vermutlich ohne sich über LDL Gedanken zu machen oder das so zu nennen).
    Ich bin der Ansicht es gibt nicht die einzelnen Stufen sondern man muss sich das ganze eher als eine Skala vorstellen auf der man vielleicht auch kein ganzes Seminar, sondern die einzelnen Lehrveranstaltungen einordnen kann.
    Die Einordnung von Null für schlecht bis zwei für ganz toll, halte ich für schwierig, immerhin haben Vorträge ja auch ihren Stellenwert in Bildung. Wenn man sich in irgendeiner Form weiterbilden/informieren will, geht man ja durchaus freiwillig zu einem Vortrag, bewegt man sich dann auf dem untersten Niveau?
    Vielleicht müsste man eine Skala machen an der auf einer Seite das Wort „input“ und auf der anderen Seite das Wort „output“ steht und irgendwo dort ist dann aus ganz bestimmten Gründen eine Lehrveranstaltung/ein Unterricht angesiedelt.

  51. cspannagel sagt:

    @mathewelt Natürlich hast du recht: Es gibt ganz vielfältige Formen von Seminarsitzungen. Die Reinform Stufe 0 gibt es aber tatsächlich (ich selbst habs mehrfach erlebt bzw. – das muss ich zu meiner Schande gestehen – auch selbst schon durchgeführt).

    Die Stufen sollen auch nur „Prototypen“ beschreiben, um die Unterschiede der jeweiligen Konzepte deutlich hervortreten zu lassen. Selbstverständlich kann sich ein Seminar dann auch irgendwo dazwischen bewegen. Hilfreich können solche scharfen Konzepte aber sein, wenn man eine Veranstaltung plant. Mir ging es gerade so. Ich habe mir überlegt: Ah, da mach ich mal ein Stufe-1-Seminar; und schon ist einiges an Vorgehensweise für mich klar.

    Selbstverständlich sind auch Vorträge nicht schlecht und haben hier und da ihre Berechtigung. Allerdings: Wenn ein Seminar wirklich auf Stufe 0 konzipiert ist und alle Studenten Vorträge halten, dann geht das meiner Erfahrung nach selten gut (gegenteilige Erfahrungen bitte äußern). Es ist in der Regel nicht so, dass alle Studenten im Seminar begnadete Redner sind. Daher halte ich es für besser (insbesondere auch in der Lehramtsausbildung), dass Studierende mehr Aktivitätsphasen für die Teilnehmer einbauen und sich dabei auch gleichzeitig Gedanken machen müssen, welche kognitiven Prozesse bei den Teilnehmern ablaufen müssen, damit sie die Inhalte ebenfalls verstehen.

    Die Idee mit der Skala ist gut; ich würde nur evtl. das Ganze zweidimensional anordnen, mit einer Dimension „instruktional vs. teilnehmeraktivierend“, auf der zweiten Dimension „situativ vs. nicht-situativ“ (oder so ähnlich). Dann kann man seine Lehrveranstaltung in der Ebene positionieren. Damit könnte man die drei Stufen als Beschreibung von drei Polen (Extrempositionen) in diesem Feld verstehen. Das ist vielleicht tatsächlich besser. Beim nächsten Artikel pass ichs dahingehend an. Danke für den Tipp!

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..